Text: Inga Dora Schwarzer Foto: www.Slawik.com
Egal ob ein harmonischer Übergang, der Sprung über ein Hindernis oder ein plötzlicher Satz zur Seite, eine sichere Balance im Sattel ist in allen Situationen Gold wert. Unterschiedliche Sitzvarianten helfen dem Reiter dabei, den Pferdebewegungen geschmeidig zu folgen und zugleich fein einwirken zu können
Der Grundstein für eine feine reiterliche Einwirkung liegt in einem ausbalancierten Sitz. Dabei ist es egal, ob Sie viel im Gelände unterwegs sind oder Dressur oder Springen bevorzugen. Immer wird vom Reiter ein gutes Gleichgewichtsgefühl im Sattel benötigt. „Dank eines gesicherten Grundsitzes ist er jederzeit in der Lage, seine Körperhaltung auf dem Pferd zu variieren. Er kann den Dressursitz einnehmen, sein Pferd jedoch auch im Entlastungssitz oder Leichten Sitz reiten. Je flexibler er ist, umso leichter fällt es ihm, sich verschiedenen Situationen anzupassen“, sagt Tanja Schulze, Pferdewirtschaftsmeisterin Reiten, Zucht und Haltung sowie Bewegungstrainerin nach Eckart Meyners aus Leipzig.
Ausbalancierte Sitzgrundlage
Eine sichere Sitzgrundlage ist aber nur dann gegeben, wenn der Reiter folgende Kriterien erfüllt: Er sollte zunächst gleichmäßig belastend und mit entspannter Muskulatur auf beiden Gesäßknochen im tiefsten Punkt des Sattels Platz nehmen. „Sein Gewicht verteilt sich dabei auf eine Art Dreieck – auf die beiden Sitzbeinhöcker und das Schambein mit seinen Schambeinästen. Je nachdem, wie der Reiter sein Becken kippt, wirkt er unterschiedlich belastend ein: Kippt er es nach vorn, werden die Sitzbeinhöcker mehr belastet, kippt er es nach hinten, liegt die Belastung auf den Schambeinästen. Im Idealfall positioniert er sein Becken stets parallel zu dem des Pferdes, um sich flexibel an die Bewegungen des Vierbeiners anzupassen“, erklärt die Expertin.
Die Mittelpositur als Schnittstelle zwischen Mensch und Pferd ist jedoch ein häufiger Grund von Einschränkungen, Dysbalancen, Unbeweglichkeiten und Haltungsfehlern im Sitz. Ein Beispiel: „Die Bewegungen des Beckens übertragen sich auf den ganzen Körper. So kann es sein, dass ein schief gehaltener Kopf des Reiters seine Ursache in einer fehlerhaften Beckenhaltung hat“, weiß Schulze.
Für einen guten Grundsitz sollten darüber hinaus die Beine locker nach unten sinken. Dafür werden die Oberschenkel aus dem Hüftgelenk heraus so weit leicht nach hinten genommen, wie es mit einem ausbalancierten Sitz vereinbar ist. Die Oberschenkelinnenseiten liegen – sofern es die anatomischen Gegebenheiten des Reiters erlauben – flach und entspannt am Sattelblatt an. Die Oberschenkelmuskulatur sollte unverkrampft an- und abgespannt werden können, damit sich die Flexibilität des Beckens nicht reduziert. „Ein Reitanfänger, der sich vielleicht noch unsicher auf dem Pferd fühlt, wird sich mit seinen Oberschenkeln und Knien aber zwangsläufig am Sattel festklammern“, so die Trainerin. Sie rät in diesem Fall dazu, die Oberschenkel innen und außen mit der Hand abzustreichen, abzuklopfen und leicht zupfend zu massieren, um einerseits die Verkrampfung zu lösen und andererseits das Bewusstsein des Reiters durch sensorische Reize auf diese Körperregion zu lenken.
Weitere Sitzpositionen zum vergleichen finden Sie in der Mein Pferd 04/2021.