Text: Inga Dora Schwarzer                Foto: G.Wichert

Wie lobe ich mein Pferd richtig? Um diese Frage geht es in Teil 3 unserer HarmoniLogie®-Serie. Denn korrektes Loben ist wichtig: Es baut eine enge Bindung zwischen Mensch und Tier auf, setzt Glückshormone frei und wirkt in bedrohlichen Situationen beruhigend. Wie Sie ein Lob richtig einsetzen, zeigt Ausbilderin Anne Krüger-Degener.

Er sprang die Galoppwechsel sauber durch. Sie freute sich, denn es war das Resultat des Trainings der letzten Wochen. Um ihrer Begeisterung Ausdruck zu verleihen, nahm sie die Zügel in die rechte Hand und klopfte, nein, klatschte und haute geräuschvoll mit der linken auf seinen Hals. Patsch, patsch, patsch! Das Klatschen der Gerte auf dem Hinterteil des Pferdes zuvor hörte sich genauso an. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich bei diesem „Lob“ auch nicht: Spannung, kein Lidschlag, ein strammes Ohr und der Schweif wollte auch nicht aufhören herumzuwedeln.“ So beschreibt Anne Krüger-Degener beispielhaft ein „Lob“ in ihrem Buch „Wenn Pferde Komplimente machen“ (Kosmos Verlag), das vollkommen wirkungslos blieb, weil es keinerlei Bedeutung für den Vierbeiner hatte. Lob im Sinne einer positiven Verstärkung und als echte Würdigung der Leistung des Pferdes könne nicht mit einem mechanischen Klatschen auf den Hals abgetan werden, meint die erfahrene Ausbilderin.

Reaktion des Pferdes

„Viele Reiter loben zwar, aber das Loben als solches wird nicht hinterfragt. Bei manchen Menschen wirkt es auch wie eine Show, als würde man sich mit besonders lautem Klatschen eine gute Presse einholen“, sagt die Tiertrainerin aus Melle bei Hannover. So wird das Lob zur Einbahnstraße, weil der Reiter nicht auf die Reaktion seines Pferdes achtet. Ob seine Wertschätzung wirklich angekommen ist, kann er nur mutmaßen, wissen tut er es nicht. Es geht aber auch anders: Wer sein Pferd aufmerksam beobachtet, erhält auch eine Antwort auf sein Lob. „Dann ist es ein Leichtes, die tiefere Atemfrequenz, das wackelnde Ohr, den regelmäßigen Lidschlag und die Maulaktivität zu erfassen“, zählt die Ausbilderin auf. Das Pferd bewegt die Oberlippe wie ein Rüssel, lässt den Hals fallen, hebt die Schweifrübe an, schnaubt ab und ist dem Menschen sehr zugewandt. Welche Anzeichen von Wohlbefinden Ihr Pferd genau zeigt, ist abhängig von der Art des Lobs (siehe den Kasten auf Seite 49), der Dauer und der Intensität.

Die Dauer ergibt sich aus der Zeit, die es braucht, bis das Pferd auf Ihr Lob reagiert bzw. bis es die erwünschten Signale sendet. „Die Intensität sollte von der Reaktion abhängen, die Sie erzielen möchten. Wenn die Situation es ergibt oder vielleicht auch erfordert, dass im Pferd mehr Entspannung freigesetzt werden soll, dann sollte für das Lob auch ein Zeitfenster zur Verfügung stehen, das diese Intensität ermöglicht“, erklärt die Expertin.

Aus einem Lob kann der Reiter auch ein schönes Lobritual entwickeln. Das heißt, das Pferd kann sich darauf verlassen, dass es in bestimmten Situationen diese oder jene Form von sozialer Fellpflege von ihm bekommt. „So etabliere ich beim Fertigmachen der Pferde, beim Führen, bei der Handarbeit und beim Aufsteigen viele kleine Lobrituale, die für die Pferde ein verbindliches Wohl darstellen“, erläutert Anne Krüger-Degener.

Der Zeitpunkt des Lobens muss vom Reiter gut gewählt werden, damit er nicht aus Versehen ein Fehlverhalten erzeugt. „Loben Sie genau dann, wenn etwas Gutes markiert werden soll, und nicht, wenn ein Fehler ausbleibt“, gibt die Tiertrainerin zu bedenken. Ein Hinweis auf den falschen Zeitpunkt wäre z.B. der Satz: Das hast du gut gemacht! „Die Vergangenheitsform kann es nicht schaffen, die Gegenwart zu treffen, und das Tier versteht das Lob als positiven Verstärker nicht in rückblickender Wirkung. Sagen wir „Gut so!“ oder „Jawohl!“ in der Gegenwart, dann schaffen wir es, innerhalb der Lektion zu loben, also lektionsbegleitend und nicht lektionsbeendend“, so die Ausbilderin. Loben Sie erst am Ende einer Lektion, wird das Pferd sie beenden, obwohl Sie ihm doch sagen wollen, dass es etwas gerade gut macht. So wird das Lob zum Pausensignal. Erkennen Sie seine Leistung aber mit leisen Lobworten während der Übung an und führen die Übung danach noch etwas weiter, wird es zum positiven Verstärker.

Das Timing ist entscheidend

Ein fehlerhaftes Timing kann ebenso zu Missverständnissen führen. Ein Beispiel: Das Pferd will an der Decke, die auf der Bande hängt, nicht vorbeigehen. Es bleibt stehen und guckt. Diejenigen, die nun den Hals tätscheln und sagen: „Es ist schon gut“, erklären ihrem Pferd genau in diesem Moment, dass es gut sei, stehen zu bleiben und zu gucken. Aber gut wäre es doch, wenn das Pferd daran vorbeigegangen wäre?! „Der Mensch möchte das Tier beruhigen und merkt nicht, dass er auf sein Pferd lobend einwirkt. Für das Pferd ist die Reaktion seines Menschen nicht eindeutig zu identifizieren. Möglicherweise glaubt es, dass sein Mensch diese Glotzerei wirklich prima findet“, gibt die Expertin zu bedenken. Stattdessen sollte man das Pferd in diesem Moment lieber stören und alles daran setzen, dass es an den Hilfen bleibt und weitergeht. „Wenn es dies brav tut, loben Sie am besten mit beiden Händen an den Zügeln und rein akustisch, für den Fall, dass der vierbeinige Partner doch noch einmal aus der Spur springen möchte. Danach können Sie gern noch einige Male an der Decke vorbeireiten, bis das Thema geklärt ist. Ist trotz des Reizes die (An-)Spannung weg, dann kann der Reiter auch während des Vorbeireitens seine Wertschätzung zum Ausdruck bringen“, empfiehlt Anne Krüger-Degener. So kann ein Lob ein aufgeregtes Pferd und damit das Bedrohungssystem des Tieres (in diesem Fall die Angst vor der Decke) beruhigen. „In dem Moment, in dem die geistige oder körperliche Belastung des Individuums größer wird, wird auch das Bedrohungssystem mehr gefordert. Spätestens in diesem Moment muss das Bindungssystem ebenso groß sein, um den Organismus in einem Gleichgewicht zu halten“, so die Expertin. Und das Bindungssystem lässt sich vor allem durch richtig gutes Loben aufbauen. „Es löst so viele Stoffwechselvorgänge im tierischen wie menschlichen Organismus aus und bedient sich dabei unglaublich vieler neurobiologischer Vorgänge“, weiß die Ausbilderin. Das Bindungssystem des Pferdes hat seine biologische Grundlage vor allem im limbischen System des Gehirns und wird durch Hormone reguliert. Hierzu gehören das Oxytocin (das auch als Bindungs- oder Entspannungshormon bezeichnet wird) und die Endorphine, umgangssprachlich als „Glückshormone“ bekannt. Beide werden von den Tieren selbst produziert. Wird nun das Bindungssystem des Pferdes zum Beispiel durch Bürsten, Fellpflege oder Kraulen aktiviert, kommt es zur Ausschüttung dieser Hormone. „Es löst eine hormonelle Veränderung aus, die zur Entspannung führt“, erläutert Anne Krüger-Degener.

…den kompletten Artikel mit vielen Tipps zum richtigen Loben finden Sie in der Dezember-Ausgabe.

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