Welche Sattelunterlage braucht mein Pferd? Auch wenn die Auswahl in Reitsportgeschäften groß ist, sollten Faktoren wie Passform, Atmungsaktivität und Material immer eine wichtige Rolle spielen.
Monaco Blue, Berry Pink oder Dark Olive – Schabracken in unterschiedlichen (Sonder-)Farben werden zum Sammlerobjekt. Und dann sollte doch auch direkt das ganze Outfit passen: Bandagen und Fliegenhaube für das Pferd, Reithose und Shirt für den Reiter. Wird das Pferd so immer mehr zum Modeobjekt, und wird dabei der Aspekt der Funktionalität bedacht? Einige Reiter wählen Sattelunterlagen einfach nur nach der Optik aus. Aus welchem Material diese bestehen, wissen dabei viele gar nicht. Wenn wir eine Reithose anprobieren, achten wir auf die Passform. Mit einem unbequemen Modell würden wir uns eher nicht in den Sattel setzen. Unser Pferd kann uns allerdings kein direktes Feedback geben, wenn wir eine Sattelunterlage aussuchen. Daher sollten wir uns ein paar Gedanken darüber machen, was wir denn da unter den Sattel packen. Betrachten Sie Schabracken also nicht nur als modisches Accessoire – sonst besteht die Gefahr, dass Sie die eigentliche Funktion mehr oder weniger vergessen.
Hitzestau vermeiden
Optik spielt definitiv eine große Rolle bei den neusten Sattelunterlagen, doch auch in Sachen Funktion tut sich etwas. Vor allem in Bezug auf Atmungsaktivität. Das Material soll den Schweiß des Pferdes aufnehmen und die Körperwärme ableiten. Schließlich schwitzen Pferde im Training je nach Intensität unterschiedlich stark. Eine Sattelunterlage darf dabei keinen Hitzestau erzeugen. Diese Gefahr besteht vor allem bei synthetischen Materialien. Ein Hitzestau kann sich negativ auf die Muskulatur des Pferdes auswirken. Durch die Hitze geht Flüssigkeit verloren. Diese ist allerdings Grundbestandteil des Muskels. Damit das Pferd abschwitzen kann, muss die Unterlage wärmedurchlässig sein. Einige Modelle haben eine Unterseite aus einem wabenartigen Gewebe, welches den Schweiß sofort vom Körper des Pferdes abtransportiert, durch den Stoff und die Schaumstofffüllung der Schabracke leitet und nach außen an die Umgebung abgibt. Gerade bei hoher Trainingsintensität sind solche Schabracken zu empfehlen. Ebenso bei Pferden, die schnell beziehungsweise viel schwitzen. Je nach Reitweise und Training des Pferdes muss die Sattelunterlage bestimmte Ansprüche erfüllen. Das Material sollte eine bestimmte Festigkeit besitzen, aber nicht zu dick oder zu dünn sein. Während eine zu dicke Schabracke den Sattel einengen kann, ist es möglich, dass eine zu dünne Unterlage schnell Falten wirft und diese drücken.
Tierische Funktionskleidung
Pferde sind genauso Sportler wie wir Menschen. Uns auf ihrem Rücken zu tragen ist eine Leistung. Wir tragen die Verantwortung, sie gesundzuerhalten. Und alles, was wir auf den Rücken des Pferdes legen (ob nun Sattel oder Sattelunterlage), spürt das Pferd und wirkt sich auf den Rücken aus. Für Reiter oder generell Sportler gibt es ein immer größer werdendes Angebot an Funktionsbekleidung. Denn auch für Menschen ist eine Hitzestau nicht gut. Bestimmte Materialien fühlen sich unangenehm auf der Haut an oder können unter Umständen sogar Allergien auslösen. Zum Beispiel aufgrund von giftigen Farbstoffen oder einer chemischen Behandlung. Wir sollten also lieber zweimal darüber nachdenken, was wir für unser Pferd kaufen. Manche Reiter schwören auf Naturmaterialien wie Lammfell oder Filz. Auch wenn diese teuerer in der Anschaffung sind, haben sie in einigen Tests positiv abgeschnitten. Durch die gute Polsterung sind sie auch im Freizeitbereich für längere Aus- oder Wanderritte beliebt. Aber auch im Turniersport sind viele Pads aus Lammfell zu sehen. Waren früher die meisten Schabracken und Satteldecken eher gerade geschnitten, sieht man heute kaum noch Modelle ohne eine anatomisch geformte Rückenlinie. Dabei sollte die Rückenlinie der Unterlage der Rückenlinie des Pferdes entsprechen. Liegt die Schabracke oder das Pad auf den Dornfortsätzen, besonders im Bereich des Widerrists, auf, kann sie die entlastende Wirkung des Sattels zunichte machen. Die Unterlage sollte ungefähr zwei Zentimeter über dem Widerrist verlaufen.
Unterschiedliche Sättel
Wenn es um das Thema Sattelunterlagen geht, unterscheiden sich natürlich die Modelle für Dressur- und Springsätteln von denen für Westernsätteln, die kein integriertes Polster haben. Hier ist eine Unterlage wichtig, welche eine ausreichende Polsterfunktion bietet. Zudem sind eine entsprechende Auskammerung sowie ein anatomisch geschnittener Rückenverlauf entscheidend. Machen Sie folgendes Experiment: Legen Sie Ihren Daumen und Zeigefinder einmal links und rechts am Widerrist an: So breit sind die Dornfortsätze. Das bedeutet, genauso breit sollte auch die Wirbelsäulenfreiheit des Pads sein. Doch welche Aufgabe hatten Sattelunterlagen eigentlich ursprünglich? Sie sollten den Sattel vor Schmutz und dem Schweiß des Pferdes schützen. Dafür wurden früher häufig Filzdecken verwendet. Heute werden Pferde mit allen möglichen Sattelunterlagen ausgestattet. Oft kommen zu Schabracken noch verschiedene Pads hinzu. Sie sollen den Druck dämpfen oder auch Einfluss auf die Passform des Sattels nehmen. Doch ist es nicht wichtiger, dass der Sattel perfekt passt? Eigentlich ist ein Sattel zur Druckdämpfung nur nötig, wenn diese nicht ausreichend vom Sattel übernommen wird. Liegt der Sattel nicht stabil beziehungsweise optimal oder ist er zu hart, werden Pferde nicht selten im Rücken empfindlich. Ein Pad kann keine Wunder vollbringen und einen vollkommen unpassenden Sattel passend zaubern.
Stoßdämpfer unter dem Sattel
Manche Pferde reagieren generell sensibler auf Druck. Ebenso verändern sich Pferde im Wachstum oder beim Wiederaufbautraining mehr oder weniger stark. Hier kann ein Pad zeitweise zur Druckdämpfung oder zum Ausgleich verwendet werden. Wer sich sicher sein will, spricht am besten mit einem guten Sattler oder einer guten Sattlerin. Als Reiter können Sie auch darauf achten, wie sich Ihr Pferd beim Training anfühlt. „Mein Wallach läuft mit Lammfellpad unter dem Sattel einfach besser. Er scheint sich wohler zu fühlen“, erzählt Vera. Die 27-jährige Dressurreiterin möchte im nächsten Jahr den Schritt von der Klasse M zur Klasse S schaffen. Dabei wird sie von ihrem Vater trainiert. Er sagt: „Ich bin in meinem Leben viele Pferde geritten und einige sind empfindlicher als andere. Ich habe selbst durchaus auch Unterschiede bei Sattelunterlagen erlebt.“ Dabei komme es seiner Meinung nach nicht nur auf den Sattel und dessen Passform, sondern auch auf das Alter des Pferdes, den Ausbildungszustand sowie die Intensität des Trainings an. Wenn Vera mit Lammfellpad reitet, verspürt auch sie ein ganz anderes Reitgefühl: „Es wirkt auf mich stoßdämpfend, und ich kann feinere Hilfen geben. Das ist natürlich mein subjektives Empfinden. Aber ich denke, wenn Reiter und Pferd sich wohlfühlen, ist man auf dem richtigen Weg.“ Pads haben sich auch im Springsport bewährt und können unter anderem den punktuellen Druck während der Landungsphase abschwächen.
Ausgleichen: Ja oder nein?
Manche Pads bieten die Möglichkeit, verschiedene Einlagen – zum Beispiel aus Filz – an unterschiedlichen Stellen einzusetzen, um so einen nicht optimal passenden Sattel auszugleichen. Die Gründe dafür können ganz unterschiedlich sein. Womöglich wird das Pferd nach einer Pause gerade wieder antrainiert, oder es hat einen Wachstumsschub gemacht und der neue Termin beim Sattler steht schon fest. Manche Pferde brauchen auch krankheitsbedingt eine spezielle Polsterung. Zudem gibt es Satteldecken, die über spezielle Schaumeinlagen zur Dämpfung des Drucks verfügen. Dabei sind die Einlagen direkt in die Unterlage eingearbeitet und können nicht verrutschen. Hier ist ein qualitativ hochwertiger Schaum entscheidend. Er darf nicht zu weich sein, denn das würde eine Instabilität der Unterlage verursachen. Allerdings kann ein Pad keine korrekte Sattelanpassung ersetzen. Auch wenn die Suche nach einem Sattler manchmal mühsam sein kann. Bei einem schlecht sitzenden Sattel einfach nur dauerhaft ein Pad zu ver
Eine Frage der Qualität
Nicht jede teure Satteldecke ist ihr Geld wert, und nicht jedes günstige Modell hat eine schlechtere Qualität. Es gibt deutliche Unterschiede in allen Preiskategorien. Wenn Sie bemerken, dass Ihr Pferd durch die Schabracke nicht abschwitzen kann oder es sich unwohl fühlt, weil das Material möglicherweise zu dick und dadurch unter dem Sattel einengend wirkt, sollten Sie die Schabracke nicht mehr nutzen. Generell sollte das Material formstabil sein. Was vielleicht altmodisch wirkt, hat durchaus eine Funktion: Baumwolle und Filz haben noch lange nicht ausgedient. Allerdings können Filzdecken das Fell möglicherweise aufrauen, und sie sind auch schwerer zu pflegen. Es lohnt sich in jedem Fall, zu vergleichen und beim Kauf einmal genauer darauf zu achten, aus welchem Material die Sattelunterlage denn eigentlich besteht und wie sie sich dem Rücken des Pferdes anpasst. Dabei sollte die Optik zwar nicht im Vordergrund stehen, aber ganz ehrlich: Sie darf auch eine Rolle spielen. Und das Gute ist: Optik und Funktion lassen sich durchaus vereinen.
Text: Aline Müller, Bild: Anja Dunker