„Made in Germany“ – weltweit wird dieser Ausdruck in vielen Branchen als Qualitätssiegel gesehen. Von Autos über Möbel bis hin zu Kleidung findet man dieses Siegel überall. Aber trifft dies auch auf die Reitsport-Branche zu? Mit der Unterstützung einiger Hersteller gehen wir dieser Frage nach und klären noch viele weitere Seiten des Begriffs „Made in Germany“.

 

Welche Vorteile bieten Produkte wirklich, die in Deutschland hergestellt werden? Haben sie tatsächlich einen Vorsprung in Sachen Qualität? Wie stehen deutsche Produkte in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltschutz da? Welche Unternehmen produzieren komplett in Deutschland, und aus welchen Gründen haben sie sich dafür entschieden? Fragen über Fragen, die wir mit Unterstützung einiger Hersteller zu beantworten versuchen. Denn am Ende bewegt die Frage: Wie viel ist der Hinweis „Made in Germany“ wert? Wie bedeutsam ist er tatsächlich auf Produkten wie Ausrüstungsteilen und Pflegemitteln? Schließlich will man sich auf ein Siegel mit einem solch großen Namen verlassen können.

Was bedeutet „Made in Germany“ überhaupt?

Wir würden es wohl alle sehr zu schätzen wissen, wenn alles regional produziert werden könnte und das obendrein noch zu einem Preis, der sich im Rahmen des für uns möglichen bewegt. Das ist natürlich ein überaus wünschenswerter Zustand, der mit dem Leben in der globalisierten Welt jedoch nur wenig zu tun hat. Natürlich sollte jeder von uns aber immer, wenn eine regionale Produktion möglich ist, wie etwa vor allem bei dem, was auf unseren Tellern landet, diese bevorzugen. Auch Pflegeprodukte, Kleidung, Putzmittel und viele andere Waren werden vielfach mit Produktion in Deutschland angeboten. Klar ist dabei nicht, ob tatsächlich alle Zutaten aus unserem Land (oder gegebenenfalls noch einem der Nachbarländer der EU) stammen. Denn viele Rohstoffe gibt es einfach nicht auf dem heimischen Markt, und das reicht von Baumwolle bis Jojobaöl. Wann ist also ein Produkt „Made in Germany“? Ursprünglich wurde der Ausdruck Ende des 19. Jahrhunderts als Schutz vor vermeintlich billiger und minderwertiger Importware in Groß- britannien in unserem Land eingeführt. Bis heute gilt es hierzulande und zum Teil auch im Ausland als Gütesiegel. Laut Wikipedia genießt „Made in Germany“ „gemäß einer internationalen Studie von 2017 ein hohes internationales Ansehen und liegt auf Platz eins von 52 Ländern des Made-in-Country-Index.“

Letztendlich dürfen das Gütesiegel nur Produkte tragen, die auch in Deutschland gefertigt wurden. Das bedeutet jedoch nicht, dass keine Teile bzw. Zutaten aus dem Ausland verarbeitet werden dürfen. In der Automobilbranche liegt der Anteil sogar bei bis zu 70 Prozent. Fakt ist jedoch, dass bei der Bezeichnung „Made in Germany“ die wichtigsten Bestandteile in der Herstellung eines Produktes, wie die Entwicklung, das Design, und vor allem Produktion und Qualitätssicherung, ausschließlich in Deutschland stattfinden müssen. Auch viele Hersteller im Bereich Pferdesport haben sich mittlerweile umorientiert und ihre Produktion im eigenen Land gehalten oder wieder ins Inland zurückverlagert. Qualität aus Deutschland ist für viele Reiter ein wichtiges Kaufkriterium, gerade in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltschutz, geworden.

Tradition verpflichtet

Dabei sind es häufig Traditionsbetriebe, die auf die Produktion ausschließlich im eigenen Land setzen. Damit können diese hochwertigen Produkte vielfach punkten. Eine Firma, die in dieser Hinsicht ganz vorne mit dabei ist, ist Stübben. wurde die Sattlerei, die bis heute ein Familienunternehmen geblieben ist, bereits 1894, und bis heute sind die Qualitätsstandards extrem hoch, wie uns Johannes Stübben verrät. Nicht alles kann komplett „Made in Germany“ produziert werden im Unternehmen, doch bei den Sätteln käme keinem etwas anderes in den Sinn. „Nachhaltigkeit spielt in unserem gesamten Unternehmen eine wesentliche Rolle. Unsere eigenen Produktionen befinden sich ausschließlich in Zentraleuropa. In Deutschland und der Schweiz produzieren wir die Sättel, das Zubehör wird unter gleichen Qualitätsstandards in Spanien gefertigt.“

Neben den Sätteln bzw. dem Reitzubehör stellen auch Pflegeprodukte fürs Pferd bzw. den Sattel einen Teil der Produktion dar.„Bei der Auswahl der Zulieferer für unsere Pflegeprodukte achten wir auf Nachhaltigkeit. Unsere Produkte beinhalten beispielsweise kein Palmöl. Die Qualität und Reinheit der eingesetzten Rohstoffe bei der Herstellung unserer Produkte sind für unsere Firma essenziell, nicht nur die unserer Pflegeprodukte. Unsere Zulieferer erfüllen alle erforderlichen Standards und können vielerlei Zertifikate ausweisen. Da wir selbst kein Chemieunternehmen sind, sondern lediglich die Anforderung an unser Produkt kennen, ist die Kommunikation ein wertvoller Faktor.“ Zwar kommen nicht alle Rohstoffe aus dem Inland, doch auch hier wird Wert darauf gelegt, dass diese – wann immer möglich – bevorzugt genutzt werden.

Den Überblick behalten

Auch Insektenschutz gehört zum Pflegebereich. Die bekannte Marke Zedan, hinter der die Firma MM Cosmetic steht, geht hier mit bestem Beispiel voran und wurde dafür bereits mehrfach – unter anderem mit dem Nachhaltigkeitspreis der spoga horse – ausgezeichnet. Schon vor über dreißig Jahren hatte man für den Humanmarkt eine natürliche Alternative zu DEET- haltigen Produkten auf Basis ätherischer Öle entwickelt. Dank einer Tierärztin drang dieses in den Haustierbereich vor. Heute kann die deutsche Firma als ein Marktführer bezeichnet werden. Alle Pflegeprodukte werden mittlerweile nach dem Naturkosmetik-Standard NCS hergestellt. Wichtig ist dem Hersteller die Qualität, die er durch eine Produktion in Deutschland garantieren kann. Dazu gehört beispielsweise die Freiheit der Produkte von Mikroplastik. Die Flaschen bei Zedan bestehen zu 100 Prozent aus recyceltem Kunststoff, und es gibt Nachfüllbeutel. Besonders interessant ist zudem, dass der Strom beim Hersteller zu 100 Prozent aus regenerativen Energien gewonnen wird. Auch dies ein Vorteil, den die Produktion in Deutschland mit sich bringen kann. Der Versand der Produkte findet ebenso klimaneutral statt wie der Druck der Kataloge. „Seit dem 01.01.2020 sind wir klimaneutral. Zusammen mit unserem Zertifizierungspartner myclimate wurden sämtliche bis jetzt noch unvermeidbare CO2-Emissionen ermittelt. Als Kompensationsprojekt investieren wir in verschiedene internationale myclimate-Projekte“, erfährt man beim Hersteller.

„100 Prozent nach Naturkosmetik- Standard (NCS) zertifizierte Pferdepflege“ bietet der Hersteller dank seiner in Deutschland produzierten Produkte, die allesamt frei von Silikonen, Paraffinen, Phthalaten, Mikroplastik, Mineralöl, Parabenen, gen- technisch veränderten Organismen sowie synthetischen Duft- und Farbstoffen sind. Den Überblick über die Vielzahl an ver- wendeten Bestandteilen von Pflege- bzw. Gesundheitsprodukten zu behalten fällt bei der Produktion an einem Standort im Inland deutlich leichter als bei einer Vielzahl von Produktionsstätten im Ausland. Und Innovation ist auf diese Art und Weise gerade in Sachen Umweltschutz immer möglich. MM Cosmetic/Zedan hat zusätzlich zu den Flaschen aus Recyclingmaterial „Bag-in-Box- Systeme“ entwickelt. Sie möchten weg vom „Single Use“. Hinter dem Produkt verbirgt sich ein praktisches und ressourcenschonendes Zapfsystem, welches deutlich weniger PET verbraucht als herkömmliche Flaschen. Auch beim Hersteller „Effol“ produziert man ausschließlich in Deutschland. „Wir versuchen, all die Bestandteile unserer Pro- dukte stets aus Deutschland und Europa zu beziehen. Es gibt aber natürlich spezielle Rohstoffe, die nicht überall bezogen werden können, sondern nur in spezifischen Ländern“, so Jörg Stegemann von der Schweizer Effax GmbH. Diese Rohstoffe aus Ländern jenseits der EU-Grenzen würden dann je- doch vor der Verarbeitung in Deutschland besonders genau auf Einhaltung sämtlicher Standards geprüft. „Alle Produkte, die mit der Haut in Berührung kommen, wie zum Beispiel Sprays, Shampoos oder Lotionen, sollten eine hohe Hautverträglichkeit auf- weisen. Auch hierzu gibt es in Deutschland dermatologische Qualitätssiegel, die darauf hinweisen“, betont Stegemann hinsichtlich der Wichtigkeit von „Made in Germany“ in diesem Bereich. „Wir produzieren hier an unserem Standort in Nordwalde nach dem GMP-Standard (Good Manufacturing Practice). Dabei handelt es sich um die höchsten international anerkannten Richtlinien zur Qualitätssicherung der Produktionsabläufe und -umgebung im Bereich der Pharmazie. Und diese gelten für unsere Pflegeprodukte ebenso wie für Tierarzneimittel.“

Ausrüstung aus Deutschland

Neben den bereits erwähnten Sätteln wer- den eine Vielzahl anderer Ausrüstungsteile für den Reitsport direkt in Deutschland produziert. Darauf setzt auch der Reitgertenhersteller Fleck, der seit jeher in Baden-Württemberg produziert. „Für uns ist ,Made in Germany‘ ein ganz wichtiger Qualitätsfaktor“, erklärt Rudi Maisack. „Gutes kann man immer noch besser machen, lautet seit über 150 Jahren unser Motto.“

Ganz Ähnliches erfährt man auch vom Gebiss- und Steigbügel-Hersteller Sprenger. Hier produziert man seit 1872 in Deutschland. „Für die Herm. Sprenger GmbH ist ,Made in Germany‘ gelebte Praxis. Seit 1872 werden in unseren Iserlohner Produktionshallen Gebisse, Sporen und Steigbügel in Handarbeit hergestellt“, betont man hier.

Leder „Made in Germany“ ist immer eine bessere Wahl als solches, welches so- gar aus Nicht-EU-Ländern eingeführt wird. Hier liegen teilweise deutlich schlechtere Qualitätsstandards vor. Den Aspekt des Tierschutzes darf man dabei nicht verges- sen. Bei Bekleidungsprodukten wird nach wie vor häufig der Vorgang des Nähens ins Ausland verlagert. Es gibt aber auch hier Ausnahmen auf dem deutschen Markt. Wer jedoch wirklich ein Produkt vollständig „Made in Germany“ kaufen möchte, sollte genau nachlesen, ob dem wirklich so ist oder ob beispielsweise „nur“ das Design aus Deutschland stammt. Ein Hersteller, der seit jeher an Standorten in Deutschland produziert, ist beispielsweise Uvex. In diesem Bereich lohnt es sich übrigens, einmal einen Blick über den Tellerrand der bekanntesten Hersteller hinauszuwerfen, denn oft liegt bei kleinen Firmen ein besonderer Geist Richtung nachhaltiger Produktion und damit auch „Made in Germany“ oder zumindest „Made in Europe“.

Auch bei Bürsten sind Produkte heimischer Firmen gefragt. Die Firma pro-cavallo ist hier einer der Vorreiter. „Als Bürsten- und Kardätschenkörper werden Standardhölzer aus heimischer Buche aus nachhaltig betriebener Forstwirtschaft oder hochwertiges Edelholz vom Birnbaum verarbeitet. Die Hölzer werden mit Bienenwachs manuell gewachst oder blei- ben vollkommen unbehandelt. Fast alle

Körper sind gedämpft und somit noch resistenter gegen Wasser. Der Handriemen wird aus starkem und ungefärbtem Naturleder gefertigt. Bestückt sind unsere Bürsten mit reinen Tierhaaren oder reinen Pflanzenfasern in den besten Qualitäten. Damit wird eine optimale Aufnahme des Schmutzes und eine hohe Langlebigkeit garantiert. Die Pflanzenfasern und Tierhaare sind allesamt aus nachhaltiger und biologischer Landwirtschaft“, erklärt Geschäftsführerin Tina Schäfer.

Apropos Hölzer: Überall dort, wo Holz verarbeitet wird – sprich im Bereich Boxen oder Weidezäune –, sollte man stets auf Hölzer aus heimischer Produktion achten. Hier bedeutet „Made in Germany“ einen enormen Beitrag zum Umweltschutz, denn gerade Tropenhölzer werden, wenn sie auch sehr langlebig sind, oft unter Bedingungen produziert, welche jeglichem Aspekt des nachhaltigen Waldbaues deutlich widersprechen.

„Made in Germany“ in ganz großem Stil

Während wir bislang auf Pflege und Ausrüstungsprodukte blickten, sind es auch die ganz großen Investitionen, bei denen sich „Made in Germany“ lohnt. Autos waren schon seit jeher ein gefragtes Exportgut vom deutschen Markt. Transporter „Made in Germany“ sind für Pferdehalter ebenfalls äußerst interessant aufgrund ihrer hohen Qualitätsansprüche. Beim Hersteller Humbaur werden beispielsweise ausnahmslos alle Teile der Transporter in Deutschland produziert. „Unsere Produkte sind überaus wertbeständig und langlebig“, so der Hersteller. „Und damit sind sie ideal für Menschen, welche eine nachhaltige Lebensweise in den Mittelpunkt stellen, aber mit ihren Pferden dennoch mobil bleiben wollen.“ Natürlich kann der Hersteller mit deutsche Ingenieurskunst und damit immer neuen qualitativ hochwertigen Innovationen punkten. Zu diesen gehören beispielsweise die verriegelbare Trennwand EquiLock®, das EquiDrive®-Fahrwerk sowie EquiGuard®, ein System, bei dem mit nur einem Handgriff Brust- und Heckstangen im vorderen und hinteren Anhängerteil gelöst werden können. Das war auf der Equitana 2017 einen Innovationspreis wert.

Doch Humbaur steht in dieser Hinsicht nicht alleine da. Gerade im Bereich Pferdetransport setzt man vielfach aus gutem Grund auf „Made in Germany.“ Der in Familienbesitz stehende Hersteller Bücker bietet seit 1970 Hänger an und wurde vor allem durch seinen Careliner bekannt. „Be- sonders wichtig ist uns, dass unsere Hänger 100 Prozent Made in Germany sind“, erklärt Tobias Bücker. „Seit einigen Jahren bieten wir den Careliner mit Aluminium und punkten vor allem damit, dass der Kunde alles individuell konfigurieren kann. So etwas ist bei Produkten aus dem Ausland in der Regel nicht möglich, diese werden bereits vorkonfiguriert geliefert.“

 

Text: Alexandra Koch, Bild: slawik.com

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