Text: Nora Dickmann Foto: imago images/ Jacques Toffi
Früher waren sie an jedem Pferdebauch zu sehen, dann fand man sie immer seltener: die Schnurgurte. Egal ob bunt oder schlicht, jeder Reiter kennt sie. Lange waren sie vom Markt verschwunden, nun kommen sie allmählich wieder. Wir werfen einen Blick auf das Equipment unserer Kindheit
Wenn man als Reitschüler in den 90er Jahren die Sattelkammer betrat, schlug einem nicht nur der Geruch von Pferd, Leder und Pflegeprodukten entgegen, auch die komischen Gurte mit den Schnüren sah man schon von Weiten an nahezu jedem Sattel leuchteten. Das war damals. Heute gibt es so viel mehr Materialien, Formen und Arten eines Sattelgurtes, die auch für Reitschulpferde verwendet werden. Der Schnurgurt war früher aus Mohairschnüren, den Haaren von Angoraziegen. Dieses Material eignet sich besonders, wenn die Gurtlage trocken sein muss wegen empfindlicher Haut. Aber wieso ist der Schnurgurt eigentlich aus der Mode gekommen und warum findet er seit Kurzem wieder mehr Anklang? Und welche Vorteile bietet er im Vergleich zu anderen Sattelgurten?
Freier Atem?
Pferde atmen mit Hilfe der Brust- und Bauchwandmuskulatur. Ist der Gurt zu eng, beeinträchtigt das primär die Bauchatmung. Diese gilt zwar als effektivste Form des Luftholens, das Einatmen beginnt aber schon deutlich früher: im Brustkorb. Sitzt der Gurt zu eng, wirkt sich das auch hier negativ aus. Rund 180 Gelenke werden bei der Einatmung beansprucht, und wenn dann hier eins blockiert ist, wird die gesamte Mechanik beeinträchtigt. Der Atem kann nicht mehr uneingeschränkt fließen. Auch kann ein nicht richtig sitzender Gurt zu Blockaden des Übergangs von der Hals- zur Brustwirbelsäule mit sich bringen. Auf Dauer kann das Folgeschäden nach sich ziehen.
Ein unpassender Sattelgurt kann dazu führen, dass sich Pferde unwohl fühlen und sich festhalten. Ein Schreiten oder das korrekte Durchreiten einer Ecke wird unmöglich. Denn sobald das Pferd mit der Brust- und Bauchmuskulatur den Widerrist anhebt, kommt automatisch vermehrt Druck auf den Gurt. Schmerzt dem Tier dann diese Stelle, lässt es den Brustkorb sinken oder drückt im schlimmsten Falle den Rücken weg. Im fertig gegurteten Zustand sollten die Schnallen auf einer Höhe, also auf beiden Seiten im gleichen Loch, sein. Wird ein Langgurt genutzt, sollte dieser nicht höher reichen als bis etwa zur Mitte der Strippe. So stören die Schnallen weder Pferd noch Reiter.
Bei Kurzgurten liegen die Schnallen im Idealfall eine Handbreit vom Sattel entfernt auf. Die Schnallen müssen so hoch sitzen, dass das Pferd nicht in der Bewegungsfreiheit der Ellbogen eingeschränkt wird.
Abgeraten wird von Gurten mit einseitigem Gummizug. Diese üben immer einseitig Druck auf das Brustbein aus. Für alle Sattelgurte gilt: Gurt vorspannen, indem man ihn dicht unter dem Bauch mit leichtem Druck, sodass der Sattel nicht rutscht, übers Brustbein führt. So werden Hautfalten vermieden. Am besten ist auch stufenweises und wechselseitiges Gurten auf beiden Seiten.
Flexible Schnüre
Auch wenn der Gurt schon früher entwickelt wurde, ist er vor allem aus den 90er Jahren nicht mehr wegzudenken. Die einzelnen Schnüre des Schnurgurtes ermöglichen eine Anpassung an die Bewegung des Pferdes während des Atmens. Das kann vor allem Pferden bei Gurtzwang helfen, da die meisten Tiere dann merken, dass ihnen nicht die Luft abgeschnürt wird. Auch die Druckverteilung wird durch den Gurt begünstigt. Dies liegt an der Querwebung in der Mitte des Gurtes. Quer zu den Schnüren verlaufen einige Reihen weiterer Baumwollschnüre, durch die die eigentlichen Gurtschnüre hindurchgleiten. Durch dieses System kann sich der Gurt dem Körper exakt anpassen, ganz egal, wie symmetrisch das Pferd ist. Diese Querwebung darf nicht fest vernäht sein, damit sich die einzelnen Schnüre noch bewegen können.
Den kompletten Artikel finden Sie in der neuen Mein Pferd- Ausgabe.