POSITIVE EFFEKTE:  Von mehr Losgelassenheit über ein effizientes Bauchmuskeltraining bis hin zu einer schöneren Oberlinie des Pferdes – so nutzen Sie den Galopp als Gangart richtig

Kraft und Energie des Pferdes – beides spüren wir im Galopp unter uns. Egal, ob wir im Gelände die dritte Gangart einlegen und uns der frische Wind ins Gesicht weht oder ob wir im Training Tempounterschiede reiten. Im versammelten Galopp wird dann noch deutlicher, wozu ein gut ausgebildetes Pferd in der Lage ist, wenn es kräftig, gesetzt unter den Schwerpunkt springt. Galopp kann sich (besser) anfühlen als zu fliegen. Auf der anderen Seite kann diese Gangart auch zur Herausforderung werden. Manch ein Vierbeiner dreht im Galopp so richtig auf, während andere sich durchgehend bitten lassen, doch mehr als eine lange Seite vorwärts zu galoppieren. Kann der Reiter den Galopp nicht sitzen, kommt weiterer Stress auf, denn dann leidet die Einwirkung, und das Pferd spürt die Anspannung und möglicherweise auch die Angst oder Unsicherheit des Menschen im Sattel.

Hohe Anforderungen an den Körper

Wissen Sie, wie sich Ihr Pferd im Galopp genau bewegt? Falls nicht, haben Sie etwas mit den alten Reitmeistern vor 1872 gemeinsam, denn bis zu diesem Jahr war die genaue Fußfolge im Galopp noch ungeklärt. Mit unseren Augen können wir pro Sekunde nur etwa zehn bis 15 Bilder wahrnehmen. Eine ­Kamera war es schließlich, die Licht ins Dunkel ­brachte: Der amerikanische Fotograf ­Eadweard Muybridge und der französische Physiologe Étienne Jules Marey beschäftigten sich damals mit der fotografischen Darstellung von Bewegungsabläufen diverser Tiere. Sie konnten die heute bekannte Fußfolge des Galopps erstmals einfangen, indem sie 24 Kameras knapp hintereinander auslösten. Diese hatten eine für die damalige Zeit besonders kurze Belichtungszeit von einer 1/6.000-Sekunde.

Heute wissen wir über die Bewegungsabläufe des Pferdes genau Bescheid, und Studien untersuchen die Auswirkungen des Galopptrainings in Bezug auf die Gesundheit und die Fitness des Pferdes. So stellt der Galopp hohe Anforderungen an Atmungssystem, Herz-Kreislauf-System sowie an den Bewegungsapparat des Pferdes. Das Training in der dritten Gangart kann sowohl sehr effizient, allerdings gegebenenfalls auch verschleißend sein. „Deshalb ist es wichtig zu wissen, welchen Stellenwert die Galopparbeit im Training des Pferdes hat und was im ­Galopp wie stark belastet wird“, schreiben Katharina Möller und ­Claudia Weingand in ihrem Buch „Galopparbeit“. Der Energieverbrauch ist dabei im Vergleich zum Schritt oder Trab besonders hoch. Er ist allerdings stark vom Pulswert sowie vom Körpergewicht des Pferdes abhängig. Trainingszustand und Geschwindigkeit beeinflussen wiederum den Pulswert. Ein Pferd, das in gestrecktem Galopp im freien Gelände gehen darf, hat ­einen höheren Puls als das Pony in der Kinderreitstunde, das nur eine Runde ganze Bahn galoppieren muss.

Viel hilft viel, diesen Grundsatz haben manche Menschen regelrecht verinnerlicht und übertragen ihn auch auf das Training mit dem Pferd. Sie würden denken, dass es gut sei, ein dickes Pferd lange zu galoppieren, damit es möglichst viel Energie verbraucht. Doch das ist kein sinnvolles Abspeckprogramm.

Galoppieren als Abspeckprogramm

„Ohne ein sinnvoll vorbereitendes Training ist das Pferd möglicherweise nicht nur schneller schlank, sondern auch schneller krank“, warnen unsere Expertinnen. „Denn Galopparbeit ist immer auch belastend für Sehnen und Co. und kann deswegen insbesondere für übergewichtige und vergleichsweise untrainierte Pferde nicht ohne Weiteres empfohlen werden!“ Betrachten wir die Sehnen und Fesselträger einmal genauer im Galopp. Dazu müssen wir wissen, dass Sehnen die Muskeln mit Knochen verbinden und die Kontraktionskraft der Muskulatur auf den Knochen übertragen. So sorgen sie für Bewegung der Gelenke. „Sehnen speichern Energie und ermöglichen dem Pferd dadurch, sich mit geringerem Energieaufwand fortzubewegen“, erklären Katharina Möller und Claudia Weingand. Beim Auffußen werde die Sehne gedehnt (elastische Energie) und in Bewegungsenergie umgewandelt, vergleichbar mit einer Sprungfeder. Dabei halten die zugehörigen Muskeln nur die Grundspannung. Das Pferd kann ­dadurch energieeffizient und ausdauernd laufen. In einer Studie von Biewener et al. im Jahr 1998 konnte festgestellt werden, dass die Sehnen der Hintergliedmaßen zwei Drittel und die der Vordergliedmaßen ein Drittel zur Energiespeicherung beitragen. „Sehnen- und Muskelspannungen sind am höchsten während der Übergänge zwischen den

Gangarten und im Galopp“, heben unsere Expertinnen hervor. Dass die Grundspannung der Gewebe im Galopp und in den Übergängen  höher sei, bedeute, dass dieser das Pferd mehr anstrenge, schneller für Ermüdung sorge und das Sehnengewebe deswegen dabei eben auch mehr belaste. Aus diesem Grund seien in der Rehaphase nach Sehnenschäden oder beim Auftrainieren nach Trainingspausen weder Übergänge zwischen den Gangarten noch Galoppieren sinnvoll.

Foto: slawik.com, Text: Aline Müller

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