Leichttraben ist gar nicht so leicht. Wie komplex die Bewegung ist, zeigt sich daran, dass auch geübten Reitern Fehler unterlaufen. Gelingt sie aber korrekt und ausbalanciert, bewegen sich Pferde gerne vorwärts. Wie das gelingt, erklärt Bewegungswissenschaftler Dr. Josef Kastner

Rauf und runter, rauf und runter. Das ist doch nicht so schwer, dachte sich wohl auch die Armee, als sie im 18. Jahrhundert reitunerfahrene Soldaten im Leichttraben schulte, damit diese in kürzester Zeit hoch zu Ross in den Krieg ziehen konnten. Gleichzeitig lernten auf diese Weise auch die Adligen in England, um sich auf den Fuchsjagden in einem höheren Tempo und ohne zu ermüden im Sattel halten konnten. Danach fand diese Übung den Weg in verschiedene Reitlehren.

Geringe Anstrengung

„Es erleichtert dem Reiter die Trabarbeit, da er lediglich zu jedem zweiten Trabtritt für einen kurzen Moment im Sattel Platz nimmt und nicht jede Schwungphase, wie während des Aussitzens, aktiv begleiten muss. Nur die Gesäßmuskulatur, die vordere Oberschenkelmuskeln und die hintere Oberschenkelmuskulatur werden hier stärker im Sinne des Leichten Sitzes beansprucht. Aus diesem Grund bietet es sich auf längeren Trabstrecken, z.B. während eines Ausrittes, an“, erklärt der österreichische Bewegungswissenschaftler Dr. Josef Kastner.

Auch das Pferd profitiert von der Auf- und Ab-Bewegung des Reiters. „Vorausgesetzt, er ist im Gleichgewicht und somit in der Lage, während des Einsitzens kontrolliert in die Rückentätigkeit des Pferdes einzugehen, wird das Pferd weniger in seinem Bewegungsablauf gestört und findet leichter zu dem so oft gewünschten Schwung. Das Leichttraben bietet sich daher besonders in der Aufwärmphase oder in Entspannungsphasen während der Trainingseinheit an“, so der Experte weiter. In den Richtlinien für Reiten und Fahren (Band 1) wird es zudem in folgenden Situationen empfohlen: in der Erholungsphase am Ende einer Arbeitseinheit, beim Reiten junger oder wenig trainierter Pferde, bei Pferden mit Rücken- oder Losgelassenheitsproblemen, wenn das Pferd seinen Reiter noch nicht richtig sitzen lässt oder der Reiter den eigenen Rücken entlasten will bzw. muss. Auch auf unebenen Böden und in der Arbeit mit Stangen kommt es zum Einsatz.

Ausbalancierte Bewegung

Die Vorteile des Leichttrabens können jedoch nur genutzt werden, wenn es korrekt ausgeführt wird. Und so geht’s: Zunächst erhebt sich der Reiter bei einem Trabtritt mit dem Gesäß aus dem Sattel und sitzt beim darauffolgenden Trabtritt wieder aus, erhebt sich wieder usw. Das heißt, der Reiter steht beim Vorschwingen eines diagonalen Beinpaares auf und setzt sich beim Vorschwingen des folgenden Beinpaares wieder kontrolliert in den Sattel. Dabei steht er nur so weit auf, wie es nötig ist, und bleibt mit dem Gesäß nah am Sattel. Wichtig ist, stets die gleiche Position im Sattel einzunehmen. Und: Das In-den-Sattel-Setzen darf nicht mit dem Hinsetzen auf einen Stuhl verwechselt werden. „Beim Einsitzen muss die Sitzbasis (Becken und Oberschenkel) genau der dreidimensionalen Bewegung des Pferderückens folgen, die sich auf den Sattel überträgt“, merkt Kastner an. Die Phasen des Aufstehens und Hinsetzens sollten ferner gleich lang sein, fließend und geschmeidig erfolgen.

Dabei balanciert sich der Reiter stets durch ein leichtes Vorneigen des Oberkörpers aus der Hüfte heraus über den Steigbügeln aus. Um im Gleichgewicht zu bleiben, müssen Reiter mit einem kurzen Oberkörper diesen jedoch etwas weiter nach vorne bringen als Reiter mit einem langen Oberkörper.

Wie komplex die Bewegung des Leichttrabens für den Reiter ist, zeigt sich allein daran, wie viele Fehler im Sattel passieren können:

Senkrechter Oberkörper: Durch die senkrechte Position des Oberkörpers wird das Pferd langsamer und muss vermehrt vorwärtsgetrieben werden.

  • Festhalten: Halten sich Reiter beim Einsitzen am Zügel fest, damit sie nicht nach hinten umfallen, bremsen sie ihr Pferd aus. Dies ähnelt einer ganzen Parade.
  • Beckenrotation: Verschiebt der Reiter sein Becken beim Einsitzen nach vorne, führt er eine Bewegung aus, die gegen die Rückenbewegung des Pferdes gerichtet ist.
  • Gestreckte Beine: Ist das Reiterbein zu sehr gestreckt, liegt es zu weit vorne oder zu weit hinten, ist automatisch die Balance im Sattel gestört.
  • Unruhige Unterschenkel: Zu schwache Reitmuskeln oder eingefahrene Bewegungsmuster führen häufig dazu, dass der Reiter seine Unterschenkel beim Aufstehen nach vorn streckt und im Moment des Hinsetzens ans Pferd „klopft“.
  • Hochgezogene Absätze: Dieser Fehler geht oft mit zu langen Steigbügeln einher. Damit sich der Reiter weiterhin auf die Steigbügel mit seinem Fußballen stützen kann, muss er zwangsläufig die Fersen hochziehen.
  • Beidseitiges Treiben: Ein beidseitiger Schenkelimpuls im Trab ist für das Pferd kaum verständlich und gegen seine natürliche Bewegung gerichtet.
  • Zu hohes Aufstehen: Anfänger heben ihr Gesäß oft zu weit aus dem Sattel. Dann dauert es aber zu lange, bis sie wieder sitzen. Dadurch wird der gemeinsame Rhythmus gestört.
  • Unsanftes Einsitzen: Wer in den Sattel „plumpst“, anstatt geschmeidig einzusitzen, stört sein Pferd empfindlich im Rücken und kann Verspannungen verursachen.
  • Falscher Rhythmus: Das Leichttraben behindert den Vierbeiner auch dann in seiner Bewegung, wenn er nicht gut genug in dem vom Pferd vorgegebenen Rhythmus ausgeführt wird.

Text: Inga Dora Schwarzer      Foto: www.Slawik.com

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