Wann ist es sinnvoll, das Leichttraben als Sitzform im Training zu wählen? Diese Frage beantworten die Dressurexperten Regina Seidler und Friedhelm Petry. Plus: Warum dabei das Traben auf dem „richtigen“ Fuß kritisch hinterfragt werden sollte.
Leichttraben tut der Reiter in der Lösungsphase, aussitzen in der Arbeitsphase. Punkt. Über diese Entscheidung wird oft nicht weiter nachgedacht. Warum auch? Sie ist ja nicht falsch und wird genau so tagtäglich in vielen Reitställen umgesetzt. Doch es lohnt sich, einen Blick über den Tellerrand zu werfen und sich ein wenig mehr Gedanken über den Sinn und Zweck dieser Sitzform zu machen.
Vorteile des Leichttrabens
Das Leichttraben kann, laut den Richtlinien für Reiten und Fahren (Band 1), nicht nur in der Lösungsphase angewandt werden, sondern auch in einer Entspannungsphase während des Reitens, in der Erholungsphase am Ende einer Arbeitseinheit, beim Reiten im Gelände, beim Reiten junger oder wenig trainierter Pferde, bei Pferden mit Rücken- oder Losgelassenheitsproblemen, wenn das Pferd seinen Reiter noch nicht richtig sitzen lässt oder wenn der Reiter den eigenen Rücken entlasten will bzw. muss.
Diese Aufzählung lässt sich noch ergänzen. Regina Seidler, Pferdewirtschaftsmeisterin und Bewegungstrainerin nach Eckart Meyners aus Pulheim bei Köln, rät dann zum Leichttraben, wenn der Reiter im Aussitzen zu unruhig ist und sich das negativ auf die Zügelführung auswirken würde, wenn das eine oder andere Hinterbein im Vorschwingen entlastet werden soll (es gibt für sie kein richtiges oder falsches Leichttraben), wenn das Pferd sich scheinbar mehr loslässt als im Aussitzen, auf allen unebenen Böden sowie in der Arbeit mit Stangen und Hindernissen.
Dabei erhebt sich der Reiter bei einem Trabtritt mit dem Gesäß aus dem Sattel und neigt seinen Oberkörper leicht nach vorne. Beim darauffolgenden Trabtritt sitzt er aus, dann erhebt er sich wieder usw. Das ermüdet ihn weniger und ist – insbesondere für Anfänger – leichter umzusetzen als das Aussitzen. Die Expertin führt weitere Vorteile an: „Es ist die geeignete Sitzform, wenn der Reiter noch nicht gelernt hat, auszusitzen. Er schafft es hierbei eher, eine ruhige Zügelführung zu erreichen. Er kann zudem schneller und flexibler im Bereich der Mittelpositur reagieren und wird durch das Leichttraben im Körper elastischer. Bei unerwarteten Gleichgewichtsproblemen wird das Pferd vom Reiter nicht so sehr im Rücken gestört, da sich der Reiter im Leichttraben besser ausbalancieren kann (vorausgesetzt die Steigbügel sind nicht zu lang geschnallt).“
Auch für die Vierbeiner ergeben sich Vorzüge. „Die Pferde lösen sich dabei in der Regel schneller und zufriedener. Beim Erlernen einer Lektion kann das Leichttraben darüber hinaus auch in versammelnden Lektionen (u.a. Volten und Seitengängen) helfen, die Losgelassenheit zu erhalten“, merkt Seidler an.
Belastung für den Rücken
Dennoch kann es Situationen geben, in denen es kontraproduktiv wirkt. „Reiter, die nicht gut genug in dem vom Pferd vorgegebenen Rhythmus leichttraben, können das Pferd in seiner Bewegung durch das Leichttraben stören. Pferde, die von Natur aus wenig Rückenbewegung besitzen, finden es oft angenehmer, einen aussitzenden Reiter in der Lösungsphase zu haben, als jemanden, der sich hochhieven muss, da der Rücken der Pferde diese Bewegung nicht unterstützt“, gibt sie zu bedenken.
Der Begriff „Leichttraben“ verleitet außerdem dazu, mit dem Aufstehen und Einsitzen etwas Leichtes zu verbinden. Dem ist aber nicht so. Eine Studie von Wissenschaftlern der niederländischen Universitäten Wageningen und Utrecht kam bereits 2009 zu dem Schluss, dass Leichttraben nicht weniger belastend für den Pferderücken anzusehen ist als das Aussitzen. „Eine echte Entlastung gibt es nur mit verkürzten Bügeln im korrekten leichten Sitz“, weiß Seidler. Auf welchem Fuß leichtgetrabt wird, ist ebenfalls entscheidend für den Effekt, den der Reiter auf die Pferdebewegung erzielen möchte. Das belegt eine weitere Studie aus dem Jahr 2010, diesmal von einem Forscherteam aus Schweden, der Niederlande und der Schweiz, die sich mit den möglichen Auswirkungen auf die Asymmetrie der Fortbewegung beim Leichttraben auseinandergesetzt hat. Die Experten stellten fest, dass die einwirkenden Kräfte während des Einsitzens des Reiters auf die fußende Diagonale erhöht waren. Die Bewegung des Reiters bewirkt darüber hinaus eine ungleichmäßige zweiphasige Belastung, die sich sowohl auf die Bewegungsabläufe des Rückens, des Beckens und der Gliedmaßen als auch auf die senkrechte Bodenreaktionskraft auswirkt. So wird beispielsweise durch das Einsitzen die maximale Vorführung der Hintergliedmaße verringert, während die Rückführung der Vordergliedmaße zugleich erhöht ist.
Leichttraben: „Richtiger“ und „falscher“ Fuß
Daher raten die Richtlinien dazu, bei jedem Handwechsel in der Bahn gleichzeitig einen „Fußwechsel“ vorzunehmen sowie im Gelände ebenfalls darauf zu achten, das Pferd nicht einseitig zu belasten. Im Viereck soll außerdem auf dem „richtigen Fuß“ leichtgetrabt werden. Das heißt: Der Reiter steht auf, wenn sich die äußere Schulter des Pferdes nach vorne bewegt, und er kommt in den Sattel zurück, wenn sich die Schulter des Pferdes wieder zurückbewegt. Er sitzt also ein, wenn das innere Hinterbein und das äußere Vorderbein auffußen. „In Wendungen kann so besonders das jeweilige innere Hinterbein mit dem treibenden Schenkel unterstützt werden. Der Reiter ist nur im Moment des Aussitzens in der Lage, die Schenkel treibend einzusetzen“, heißt es weiter.
Regina Seidler und Friedhelm Petry, Pferdewirtschaftsmeister und mobile Ausbilder mit dem Schwerpunkt der Dressur, teilen diese Meinung nicht gänzlich. Für sie gibt es kein Traben auf dem „falschen“ oder „richtigen“ Fuß. Sie bevorzugen und lehren ein zweckmäßiges Leichttraben, das je nach Situation Anwendung findet. „Der Reiter gymnastiziert sein Pferd erst dann, wenn es sich auf beiden Händen und auf beiden Füßen gleichmäßig leichttraben lässt. Mit einem zweckmäßigen Leichttraben kann er zudem bewusst einem Hinterbein (in Kombination mit der nachgiebigen diagonalen Hand) die Arbeit erleichtern“, sagen sie. Ihre Empfehlung lautet daher, stets auf dem Fuß leichtzutraben, der es am meisten benötigt. Mit diesem flexiblen Verständnis hätten sie in ihrer langjährigen Ausbildertätigkeit sehr gute Erfahrungen gemacht. Wie der zweckmäßige Einsatz des Leichttrabens aussehen kann, zeigt Petry an folgendem Beispiel: „Tritt ein Pferd z.B. auf der gebogenen Linie mit dem äußeren Hinterbein an der Spur des äußeren Vorderbeins vorbei, dann sollte der Reiter einfach mal auf dem „falschen“ Fuß leichttraben. Wenn er dann noch rhythmisch an den inneren Zügel herantreibt, ist das äußere Hinterbein im Handumdrehen in der Spur des äußeren Vorderbeins“, so der Experte. Beim Leichttraben steht seiner Meinung nach die diagonale Hilfengebung „innerer Schenkel – äußerer Zügel“ oft zu sehr im Fokus. Für ihn gehört die zweite Diagonale „äußerer Schenkel – innerer Zügel“ gleichwertig zur Ausbildung dazu. Petry erklärt: „Wenn ich auf dem vermeintlichen „richtigen“ Fuß auf der linken Hand trabe, möchte ich mein Pferd mit dem inneren, linken Schenkel vermehrt an den äußeren, rechten Zügel treiben und spüre etwas mehr Gewicht in der rechten Hand. Wenn ich jetzt auf dieser Hand umsitze, treibt der äußere rechte Schenkel vermehrt an den inneren, linken Zügel, und ich spüre ein wenig mehr Gewicht in der linken Hand.“ Das ist vergleichbar mit einer Art diagonalem Pass-Spiel. Um das Gefühl für diese Hilfen zu verfeinern, empfiehlt er folgende Übung: „Nehmen Sie die Zügel so auf, dass Sie in beiden Händen das gleiche Gewicht spüren, und dann sitzen Sie öfters mal auf ein und derselben Hand reitend um. Dabei müsste sich das Gewicht in Ihren Händen jeweils verändern“, sagt Petry.
Text: Inga Dora Schwarzer Fotos: www.Slwaik.com