Text: Inga Dora Schwarzer     Foto: www.Slawik.com

Jeder Reiter wünscht sich ein eifrig 
mitarbeitendes Pferd im Training. Entsteht daraus aber Übereifer, kann das Reiten zu einer Herausforderung werden. Jetzt sind Geduld, Feingefühl und Cleverness gefragt, um die überschüssige Energie in kontrollierte Bahnen zu lenken

Problem 1: Anzackeln im Schritt

Sobald der Reiter die Zügel aufnimmt, geht das Pferd keinen geregelten Schritt mehr, sondern trabt ungewollt immer wieder an. Anzackeln ist ein Zeichen für innere Anspannung und Unruhe. Imke Kretzmann beschreibt es als ein Durchgehen im Schritt. „Wenn ich die Kontrolle über den Takt und den Bewegungsablauf verliere, besteht ein grundlegender Kontrollverlust.“ Was tun?

Schritt 1:

Zeigen Sie viel Fingerspitzengefühl beim Aufnehmen der Zügel. Probieren Sie vorsichtig aus, welchen Kontakt Ihr Pferd toleriert, ohne anzuzackeln. Wichtig: Bieten Sie dem Vierbeiner die Anlehnung, also die Kontaktaufnahme zur Hand, nur an, ohne es in eine bestimmte Haltung bringen zu wollen.

Schritt 2:

Zackelt es an, bleiben Sie entspannt und parieren Sie es in Ruhe über Ihre Stimme und Ihre langsam einwirkende Beckenbewegung wieder durch. Das wiederholen Sie so lange, bis das Pferd merkt, dass ihm nichts passiert. Beginnen Sie, den Takt des Schrittes mit regelmäßigem, taktmäßigem Treiben zu unterstützen und zu fördern. In dem Moment, in dem Sie zum Treiben kommen, können Sie vorsichtig beginnen, den Zügel ohne Taktverlust zu verkürzen.

Schritt 3:

Jetzt können Sie anfangen, Schenkelweichen zu reiten, um das Pferd über die diagonale Hilfengebung (im Takt treibender innerer Schenkel, begrenzender äußerer Zügel) sicher wieder zwischen den Hilfen einrahmen zu können. Nimmt der Vierbeiner den vorwärts-seitwärts treibenden Impuls an, haben Sie einen Fuß in der Tür und können langsam beginnen, wieder mehr Einfluss auf die Pferdebewegung, insbesondere die Hinterhand, zu nehmen.

Schritt 4:

Im nächsten Schritt bietet es sich an, die Zügel aus der Hand kauen zu lassen und danach gleich wieder aufzunehmen. Diese Übung können Sie so lange wiederholen, bis Stresserwartung, Angst und Abwehrreaktion verschwinden. Es kann sein, dass Sie damit eine gesamte Trainingseinheit verbringen. Nach einer gewissen Zeit sollte aber jedes Pferd damit anfangen, sich zu entspannen.

Schritt 5:

Achten Sie generell auf eine gute Arbeitsatmosphäre. Am Ende des Trainings sollte das Pferd ruhig und zufrieden sein. So weiß es beim nächsten Mal, dass es nichts vom Reiter zu befürchten hat. Es muss denken: „Mir passiert nichts, keiner überfordert mich oder tut mir weh, und interessant wird es nächstes Mal vielleicht auch noch.“

Problem 2: Lektionen abspulen

Weit ausgebildete Pferde erahnen oft, was sie tun sollen, bevor der Reiter eine klare Hilfe für eine bestimmte Lektion gegeben hat. Sie führen sie scheinbar ungefragt aus. Hier sind die Tipps der Expertin für die Schlaumeier

Habe ich eine unbewusste Hilfe gegeben?

Wenn das Pferd etwas getan hat, was der Reiter nicht beabsichtigt hat, sollte er nach Gründen für dieses Verhalten suchen. „Habe ich vielleicht unbewusst eine falsche oder missverständliche Hilfe gegeben? Für das Pferd ist es unbedeutend, ob es eine unbewusste Hilfe war oder eine gewollte. Der Impuls ist angekommen. Das, was ich sage, und das, was ich dann tue, ist ja auch im echten Leben nicht immer dasselbe“, so Imke Kretzmann augenzwinkernd.

Habe ich die Lektion zu oft wiederholt?

Können Sie diese Frage mit „Ja“ beantworten, dann ändern Sie Ihren Trainingsplan. Reiten Sie die Lektion an einer völlig anderen Stelle oder in einem anderen Kontext. „Pferde lesen in uns wie in offenen Büchern. Dinge, die wir noch gar nicht zu Ende gedacht haben, haben sie längst erfasst. Neige ich dazu, zur geschlossenen Seite hin anzugaloppieren, und habe ich darin auch mein Pferd geschult, wird es die Lektion irgendwann vielleicht vorwegnehmen“, erklärt die Ausbilderin.

Was würde mein Pferd ohne mich tun?

Stellen Sie sich vor, Sie würden genau in dem Moment, in dem Sie sich über Ihr Pferd beschweren, aus dem Sattel springen und in der Mitte der Bahn stehenbleiben. Was würde es in dieser Situation tun? Es würde die Weiterarbeit sofort beenden, alsbald stehenbleiben, sich umgucken, den Trainingsort verlassen und sich etwas Leckeres zu fressen suchen. „Steige ich ab, macht das Pferd nicht von alleine weiter. Es hört auf, ,Fehler‘ zu machen. Das, was das Pferd tut, tut es nur, weil der Reiter oben auf seinem Rücken sitzt. Und wie es reagiert, hängt maßgeblich von ihm ab. Das sollten wir uns immer wieder bewusst machen“, meint die Reitlehrerin.

Mehr Tipps vom Profi finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.

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