Text: Inga Dora Schwarzer       Foto: www.Slawik.com

Wie reagiert Ihr Pferd, wenn Sie nicht das tun, was es von Ihnen erwartet? Nutzen Sie die Umkehrpsychologie im Training und ermöglichen Sie Ihrem Pferd, innere Widerstände leichter zu überwinden

Stellen Sie sich ein kleines Kind vor, das kein Gemüse essen will. Wenn die Eltern jetzt darauf bestehen, wird es ihm fast unmöglich, etwas von der Gurke oder den Karotten zu essen. Präsentieren Sie das Gemüse jedoch dekorativ und lustig als Gurken-Raupe oder Karotten-Blumen, erscheint das Essen plötzlich interessant. Die umgekehrte Psychologie findet dann statt, wenn Eltern die Neugierde erst wecken und dann spielerisch „verbieten“, das Gemüse zu essen. Ein anderes Beispiel: Wir fühlen uns unsicher und werden angespornt, ein Risiko einzugehen. Was tun wir? Wir wählen die Sicherheitsvariante. Fühlen wir uns aber sicher und werden wir ermutigt, die sichere Möglichkeit zu wählen, entscheiden wir uns für die risikoreiche Option. Im Pferdetraining ist es ähnlich. „Pferde kennen unsere Neigungen und lesen daher unsere oft zu direkt präsentierten Absichten wie ein Buch“, weiß die Ausbilderin. Deshalb: Nutzen Sie die Umkehrpsychologie! Sie lässt Ihre Idee zu der des Pferdes werden.

Übung 1: Energie formen

„Wenn das Pferd mehr Elan hat, als ich möchte, sage ich nicht Nein zu seiner Entscheidung, sondern erhöhe beispielsweise die Gangart oder das Tempo für zwei bis drei Zirkelrunden, bis es die Idee des Pferdes wird, meine Geschwindigkeit anzunehmen“, erklärt Ursula Schuster. Statt Widerstand zu leisten und mit der Energie des Pferdes zusammenzustoßen, nehmen Sie seine Energie auf und formen Sie diese. Liegen der Schnelligkeit aber Fluchtgedanken zugrunde, empfiehlt sie die Übung „Disengagement“. Dabei wird die Hinterhand durch Übertreten verschoben. Der Mensch nimmt so dem Pferd die Kraft, sich nach vorne zu katapultieren. Darüber hinaus gelingt damit wieder eine bessere Kommunikation. „Das ist sozusagen Umkehrpsychologie für den Menschen, weil wir geneigt sind, in erster Linie mit den Zügeln zu kontrollieren, anstatt die Hinterhand auf hilfreiche und effektive Weise zu lösen.“

Übung 2: Eigeninitiative fördern

„Wenn Ihr Pferd träge ist, bedeutet Umkehrpsychologie, dass Sie es nicht zusätzlich treiben, sondern es im Gegenteil mental engagieren, bis es von sich aus wieder mehr Eigeninitiative zeigt“, so die Ausbilderin. Das gelingt u.a. mit der Übung „Von Punkt zu Punkt“. „Bieten Sie Ihrem unmotivierten Pferd wiederholt eine gerade Linie an, an deren Ende eine Pause erfolgt (z.B. in einer Ecke). Das hat den weiteren Vorteil, dass Sie die Ecken anschließend korrekter durchreiten können“, sagt die Expertin. Wichtig ist ebenso der zeitliche Aspekt: Üben Sie immer nur kurz, aber erfolgreich, leiten Sie eine Pause ein, wenn sich das Pferd am meisten anstrengt, oder gehen Sie danach eine schöne Runde ins Gelände, empfiehlt Ursula Schuster.

Mehr Informationen von der Expertin finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.

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