Stabile und kräftige Pferde sind aus der Sportpferdezucht nahezu verschwunden. Der schlanke, sportliche Typ dominiert. Doch wer auf der Suche nach einem entspannten Freizeitpartner ist und gerne ein robustes und gleichzeitig sportliches Pferd sein Eigen nennen möchte, sollte sich die sympathischen Freiberger einmal genauer anschauen
Seeländer, Entlebucher und Einsiedelner Pferde – diese Rassen werden heutzutage kaum noch jemandem ein Begriff sein, doch im 17. Jahrhundert waren es äußerst beliebte Arbeits- und Kavalleriepferde, die aus der Schweiz stammten. Für die Zucht verantwortlich zeigten sich hauptsächlich Mönche und Landwirte, die schon damals Wert auf ein ausgeglichenes und sportliches, aber robustes Pferd legen. Vor allem das Kloster Einsiedeln ist bekannt für seine Pferdezucht, im Jahr 1789 wird es von französischen Truppen überfallen, und die Pferde werden unter den Generälen aufgeteilt. Dies war ein herber Schlag in der Schweizer Pferdezucht, doch als die Mönche zurückkehrten, machten sie sich daran, die Zucht wieder aufzubauen, und kauften Landwirten ihre Einsiedelner-Pferde ab.
Veränderte Ansprüche
Doch die Ansprüche an die Tiere hatten sich im Laufe der Zeit verändert. Während die Kavallerie elegante Pferde bevorzugte und Vollblüter und Anglo-Normannen in die Zucht brachte, waren die Tiere für die Landwirtschaft zu leicht. Sie brachten vermehrt Percherons und Shire-Horses in die Zucht ein. Doch spätestens mit der Verbreitung der Eisenbahn wurde das Kavallerie-Pferd nahezu überflüssig, und die Nachfrage nach Pferden unter anderem aus Einsiedeln sank stark. Doch die Pferdezucht vor allem im Jura sollte nicht untergehen und wurde stark gefördert. Das ausgesprochene Ziel für das jurassische Pferd war „Massig mit mehr Blut“. Die Eröffnung des Zentralgestüts in Avenches führte zu einer strukturieren und geordneten Zucht, die immer mehr ohne den Einfluss ausländischer Rassen auskommen sollte. Noch wenige Male werden ausländische Pferde hinzugezogen, um die Zucht zu verfeinern, zunächst drei Kaltbluthengste zwischen 1901 und 1924, später dann der Anglo-Normanne Uran, der den Ansprüchen des Militärs nach einem leichteren Pferd Zugeständnis sein sollte. Die Blütezeit des Jura-Pferdes wird dann während des Zweiten Weltkrieges erreicht. Sowohl in der Armee als auch in der Landwirtschaft setzte der Freiberger sich durch und verdrängte die übrigen Schweizer Pferderassen.
Rettung durch Reinzucht
Auch wenn schon ab 1910 von einer Reinzucht gesprochen wird, wurde das Herdbuch (Zuchtbuch) erst 1960 in Herdebuch der Rasse Freiberger umbenannt. Zugpferde sind in dieser Zeit nicht mehr gefragt, auch die Landwirtschaft setzt mittlerweile auf motorisierte Hilfen. Doch unermüdliche Anstrengungen von Liebhabern und das erneute Einkreuzen mehrerer Halbblüter, um die Rittigkeit zu verbessern, zahlen sich aus.
Seinen Namen hat der Freiberger übrigens aufgrund seiner Herkunft, dem Hochplateau Franches-Montagnes, also „Freiberge“. In Fachkreisen wird die Rasse häufig als FM bezeichnet. Das Zuchtziel des FM sieht ein ausdrucksvolles, mittelrahmiges, umgängliches und leistungsstarkes Pferd mit schwungvollen und korrekten Gängen sowie einer hohen Trittsicherheit. Optisch soll der typische Freiberger einen ausdrucksvollen Kopf, eine gute Halsung sowie eine kräftige Bemuskelung und korrekte Gliedmaßen haben. Grobe Köpfe, ungenügende Ganaschenfreiheit, verschwommene Konturen und kurze, steile Schultern sind in der Zucht nicht zugelassen. Um den Freiberger dem Zuchtbuch entsprechend zu erhalten, wurde 1998 eine Zuchtverordnung erlassen, die die Kreuzung mit Fremdrassen verbietet. Dies soll den gewünschten Fortbestand der Rasse sichern.
Freiberger-Typen
Doch auch wenn der Freiberger heute ohne Fremdblut gezüchtet wird, gibt es Bestrebungen, die Rasse noch mehr vom Einschlag anderer Pferde zu befreien. Die Interessengemeinschaft des Original Freiberger Pferdes (IG-OFM) wurde 1997 gegründet und strebt an, maximal zwei Prozent Fremdblut in der Zucht zu haben. Dem Bestreben der IG-OFM ist zu verdanken, dass es im Zuchtbuch heute zwei Schläge von Freibergern gibt, die Basis-Freiberger (BAS) und die Faktor-Basis. Pferde, die ein BAS tragen, führen maximal zwei Prozent Fremdblut und entsprechen so dem Original Freiberger. Die Faktor-Basis-Tiere führen zwischen zwei und vier Prozent Fremdblutanteil. Durch die verschiedenen Kreuzungen sollte so ermöglicht werden, dass nach sechs Generationen ausschließlich original Freiberger im Herdebuch eingetragen sind. Da im Jahr 2012 jedoch ausschließlich fünf zuchtfähige Hengste aus dem Basis-Bereich im Herdebuch eingetragen waren, ist ein zeitnahes Erreichen des Ziels ausgeschlossen.
Diese strengen Auflagen gingen einigen Liebhabern jedoch nicht weit genug, sodass sie den eidgenössischen Verband des reinrassigen Freiberger Pferdes gründeten, nach dessen Maßstäben nur Pferde als reinrassig gelten, die nach 1950 nicht mit Fremdblut veredelt wurden. Ausgeschlossen sind davon jedoch Nachkommen der Araberhengste Skipio und Shagia, da diese bereits vor 1950 für die Freiberger-Zucht eingesetzt wurden. Typen dieses Schlags werden als Urfreiberger bezeichnet, es gibt sie sowohl als leichte als auch als mittlere Typen. Vor der Anpaarung zweier Urfreiberger wird jedoch der Verwandtschaftsgrad der Tiere durch die Zuchtleitung berechnet, was die Zucht der Tiere sehr aufwändig macht. Aufgrund dessen gilt der Urfreiberger als vom Aussterben bedrohte Rasse.
Freiberger als Freizeitpartner
Heute wird das leichte Kaltblut hauptsächlich im Freizeitbereich genutzt. Sein freundliches Wesen, sein Charakter und seine Leistungsbereitschaft zeichnen es als perfekten Alltagspartner aus. Auch seine Vielseitigkeit ist ein Punkt, der die Beliebtheit des Freibergers immer weiter steigen lässt. Ob Dressur, Springen, Fahren oder Wanderreiten, das robuste Pferd findet an jeder Disziplin Freude. Auch im Westernbereich sind immer mehr Schweizer Pferde zu finden, und die Fangemeinde wächst.
Doch nicht nur im Freizeitbereich, auch als Therapiepferde sind die gutmütigen und menschenbezogenen Schweizer eine Bank. Auch die Schweizer Armee sowie Forstämter setzen nach wie vor auf diese vierbeinigen Mitarbeiter. Als letzte Pferderasse aus der Schweiz baut der Freiberger sich seine Fangemeinde auch außerhalb des Alpenstaates gelassen und konsequent weiter auf, im festen Bestreben, wieder so beliebt und erfolgreich zu werden wie im 17. Jahrhundert.
Text: Sophia Arnold Foto: www.Slawik.com