Und das mitten in Deutschland! Diesmal führte uns der Wunsch einer Leserin ans Mittelmeer – zumindest fast. Denn Wunschpferd-Kandidatin Samira Dreßen wollte einmal auf Camargue-Pferden reiten, und durfte dies in Königswinter bei Angela Egert und Uli Höfert auf dem Camarguegestüt Liberté
Text: Jessica Classen; Fotos: Andreas Rentz/Getty Images

Während wir die Straße entlang fahren, die uns das Navi weist, sehen wir ein Straßenschild, auf dem „Holzweg“ steht – und genau dieses Gefühl haben wir gerade: Wir sind auf dem Holzweg. Wir haben nur noch einige hundert Meter vor uns, und hier sind jede Menge Wiesen, aber nirgendwo sehen wir weiße Pferde. Dabei wollten wir doch zum Camarguegestüt Liberté nach Königswinter, und diese Pferde sind nun einmal weiß – und nicht braun, schwarz oder gescheckt wie die, die hier überall stehen. Aber das Navi lotst uns munter weiter. Kurz darauf sagt uns die Stimme „Sie haben Ihr Ziel erreicht“ – auf dem Gelände einer Malerfirma. Straße stimmt, Hausnummer auch. Es muss also hier irgendwo sein. Als wir über das Gelände gehen, sehen wir kurz darauf, dass der Weg bergab in einen Feldweg mündet, und schon blitzt links von uns etwas Weißes auf: Ein Camargue-Hengst, nach den Bewegungen zu vermuten. Wir sind also doch richtig!

Vive la liberté

So könnte auch das Motto des Gestüts der Familie Egert lauten, denn kurze Zeit später kommen Angela und Uli mit zwei Camargue-Pferden an der Hand den Feldweg herauf auf uns zu. „Wir mussten die Pferde erst einmal von der Wiese aus der Herde holen“, erklärt uns Angela nach der Begrüßung. „Sie stehen bei uns ganzjährig auf der Weide in einer Herde zusammen.“ Anschließend stellt sie uns die beiden Pferde vor: Pasteur und Paluds – P1 und P2. Aber keine Sorge, sie verdienen sich ihr täglich Brot nicht, indem sie an einem Parkplatz stehen und die Autofahrer einweisen. „Die Initialen gehören zu dem Brandzeichen“, so Angela. „In der Camargue ist es üblich, dass der Anfangsbuchstabe und dann die Nummerierung aufsteigend nach der Anzahl der Pferde, die in einem Jahr geboren werden, auf dem Brand zu sehen sind. Die beiden sind jetzt zwölf Jahre alt, und 2003 war der Buchstabe P dran. Das gilt für alle Camargue-Pferde auf der ganzen Welt. Paluds ist zuerst geboren worden und trägt demnach im Brand P1, und danach kam Pasteur mit dem Initial P2.“ Die Namensvergabe beginnt beim Buchstaben A und geht in alphabetischer Reihenfolge bis V. Dadurch sind altersgemäße Zuordnungen der Pferde anhand des Namens leicht möglich. Aber warum haben uns die beiden zwei Pferde mitgebracht? Eins hätte doch gereicht. „Wir haben uns gedacht, dass Samira erst einmal auswählen darf: Möchte sie lieber Pasteur oder Paluds reiten?“, erklärt Uli. „Den anderen spannen wir dann vor die Kutsche. Angela wird Unic reiten, unseren Zuchthengst. Wir haben uns überlegt, dass wir so eine schöne Runde durch unser Gelände hier im Siebengebirge machen werden, mit allem, was für uns dazu gehört: Kutsche fahren, ausreiten, reiten im Arbeitssattel. Ein schönes Rundumpaket.“ Während Samira sich daran begibt, beide Pferde zu putzen, hat sie die Qual der Wahl. „Ich weiß gar nicht, welches ich nehmen soll“, sagt sie lachend. „Sie sind beide toll. Irgendwie kann ich mich gar nicht entscheiden. Sie wirken auf mich wie Zwillinge: Beide sind ruhig und brav und geben mir das Gefühl, als würden wir uns schon ewig kennen und nicht erst ein paar Minuten.“ Nach dem Putzen fällt ihre Wahl dann aber doch auf Paluds. „Er ist ein Stückchen größer als Pasteur, und da ich selbst groß bin, nehme ich lieber den größeren der beiden“, erklärt Samira.

Gardians und Cowsens

In der Camargue entwickelte sich ein Reitstil, bei dem es im Wesentlichen darauf ankam, mit den wendigen und schnellen Camargue-Pferden die dort in den Sümpfen lebenden, kleinen, wilden und gefährlichen Stiere einzufangen. Aus der Herde heraus wurden die einzelnen Stiere selektiert. Hier war der angeborene Cowsens, ein hohes Maß an Gelassenheit, Leistungsbereitschaft, Schnelligkeit und Ausdauer dieser Pferde von Vorteil. Mit diesen Abenteuern haben sich auch die Arbeitssättel entwickelt, die bei Angela und Uli auch heute noch zum Einsatz kommen. „Samira bekommt den Demi-Gardian, einen halben Arbeitssattel mit einem Holzbaum“, erklärt Angela. Und Samira scheint auch froh darum zu sein, als sie das schwere Ungetüm hochhebt: „Der soll nur sechs Kilogramm haben und die ganzen mehr. Mir reicht dieser aber vollkommen, zumal ich ihn auch noch auf das Pferd heben muss.“ Der Einfachheit halber kann sie sich den Sattel beim Tragen über die Schulter legen. „Der Schweifriemen wird an der Sattelkammer befestigt, so dass ich eine Schlaufe habe, die ich mir wie eine Tasche über die Schulter legen kann“, erklärt Samira. Um ganz im Arbeitsstil zu reiten, bekommt sie nicht nur Sattel und Trense der Arbeitsweise, sondern auch den Hut von Uli. Während Angela, die mittlerweile auch Unic von der Weide geholt hat, und Samira ihre Pferde satteln, spannt Uli Pasteur vor die Kutsche. Kurz darauf bewegt sich der kleine Trupp den Feldweg abwärts und in Richtung Gelände. Unten an der Weggabelung angekommen, macht Pasteur der Gruppe allerdings einen Strich durch die Rechnung. Er bleibt stehen und bewegt sich keinen Millimeter weiter. „Ich weiß nicht, was mit ihm los ist“, sagt Uli. „Das hat er ja noch nie gemacht.“ Er steigt von der Kutsche und will den Wallach ein Stück führen, aber auch darauf hat Pasteur keine Lust. Seine Hufe verlassen den Boden in keinster Weise. Auch als Unic neben ihn tritt und Angela versucht, den Wallach zu führen, bewegt er sich nicht. Einzig Paluds und Samira scheinen von der Aufregung nichts mitzubekommen: Sie stehen am Wegrand und beobachten eine Kuhherde, die in der Nacht zuvor ein neues Mitglied bekommen hat. Dabei lassen sie sich den Wind durch die Haare wehen. „Das hat doch keinen Sinn, ich bringe ihn jetzt zurück und mache die Kutsche ab“, reißt Ulis Stimme die beiden aus ihrer Trance. „Ich komme mit Pasteur und Sattel hinterher. Reitet ihr beide schon mal vor, und ich treffe euch unterwegs.“ Nach diesem kurzen Zwischenfall, welcher der guten Laune aber keinen Abbruch getan hat, geht es in die Wälder und Felder Königwinters. Als sie einen Feldweg entlang reiten, treibt gerade ein Bauer seine Kühe von der einen auf die andere Weide. „Wollen wir ihm beim Treiben helfen?“, fragt Angela. Und Samira ruft laut: „Klar, gerne!“ Als sie gerade auf die Kuhherde zugaloppieren wollen, stoßen Uli und Pasteur zu ihnen, und zu dritt geht es los. „Es macht wahnsinnigen Spaß, zwischen den beiden zu reiten“, sagt Samira. „Und Paluds ist einfach nur toll und absolut lieb.“ In der Herde unterwegs Auf dem Rückweg machen die drei noch einen Schlenker durch den Wald. Zuerst geht es im Schritt einen Berg hoch und in einen schmalen Pfad hinein. „Dort können wir ruhig traben“, sagt Uli. „Nachher geht es noch mal ein bisschen bergauf, und da können wir dann auch galoppieren.“ Das Siebengebirge bietet sich für ausgedehnte Touren hoch zu Ross gut an: Ob Weinberge oder neben dem Rhein entlang, die Landschaft ist so vielseitig, dass es bei jeder Route Neues zu entdecken gibt. „Ich konnte mich vollkommen auf die Landschaft konzentrieren“, so Samira. „Paluds war so ruhig, dass ich dadurch noch mehr alles drumherum genießen konnte.“ Als das Trio aus dem Wald kommt, schlägt Angela vor, die anderen Pferde der Herde zu besuchen. „Wir könnten auf die Weide reiten und mit ihnen gemeinsam noch ein wenig laufen“, sagt sie. „Dann lasse ich aber Unic besser draußen, denn in der Herde haben wir noch einen Junghengst, und zwei Hengste zusammen würde nur Ärger geben.“ Also tauschen sie und Uli die Pferde, und schon kann es losgehen. D’Artagnon, der Junghengst, kommt als erster neugierig auf die beiden zu, und die anderen schließen sich ihm an. Als Samira und Angela ihre Pferde antreiben und angaloppieren, folgen sie ihnen. D’Artagnon hält sich an Paluds, der vorne geht, überholt ihn aber nicht. „Das macht richtig viel Spaß!“, ruft Samira im vollen Galopp. „Wie lieb die Camargue-Pferde innerhalb der Herde sind, hat mich total begeistert. Der Zusammenhalt untereinander ist einfach großartig. Sie haben nicht einmal versucht, uns beim Galoppieren zu überholen. Das könnte ich jeden Tag machen“, sagt Samira am Ende des Tages begeistert.

Fazit der Kandidatin: „Es war für mich mal etwas vollkommen anderes, auf einem Camargue-Pferd und in einem Arbeitssattel zu sitzen. Dieser ist zwar sehr bequem, wie ein Sitzkissen, leichttraben kann man allerdings nicht. Für längere Ausritte ist er optimal. Besonders gut gefallen hat mir das Reiten über die Wiese, als die Herde mit uns gelaufen ist. Das war einfach ein tolles Gefühl, als alle zusammen waren. Vielen herzlichen Dank an Angela und Uli für diesen tollen Tag!“

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