Hier anzukommen heißt: tatsächlich ankommen. Österreichs ursprüngliche Natur, die Berge, Pferde und Wellness helfen, im Hier und Jetzt zu sein – und das mit allen Sinnen

Der Ofen der Sauna knackt, während die Temperatur immer höher steigt. Ich sitze auf meinem Handtuch und schaue hinaus durch das riesige Panoramafenster auf das Wasser, welches sich hinter der Scheibe befindet, mein Blick schweift über die Bäume und Sträucher dahinter, über die kahlen Bambusstäbe bis hin zu den Bergen, deren Gipfel mit etwas Schnee bedeckt sind. Ich sitze inmitten dieser malerischen Landschaft, erlebe ihre Stille und das Gefühl, dass die Welt da draußen irgendwie verschwunden scheint.

Nie zuvor war ich in den Bergen, denn ich bin eigentlich eher der „Meer-Typ“, der Energie durch Sonne und Aktivitäten tankt. Was bei der Hinfahrt für mich noch etwas beängstigend wirkte, hat jetzt eine ganz andere Anmutung: Die mächtigen Steinmassen am Horizont vermitteln Sicherheit – wie schützende Hände, die sich um einen legen, umzingeln die Berge sanft das Tal, in dem ich mich befinde. Dieses Gefühl, dass ein Ort bleibt, der er immer war, dieses Trutzige, Ewige, das er ausstrahlt, schenkt einem tiefen Frieden.

Wellness in Tirol: Kraftplatz Natur

Leogang ist eine Gemeinde im Bundesland Salzburg im Bezirk Zell am See in Österreich. Die beschauliche Gemeinde zählt etwa 3.400 Einwohner und verspricht viel Ruhe und Erholung. Genau das, was ich aktuell brauche. Etwas ausgezehrt fühle ich mich, als ich ein paar Tage zuvor am Anreisetag nach zehn Stunden Fahrtzeit endlich ankomme und meinen Koffer und alles, was ich sonst noch ins Auto packen konnte, aus dem Kofferraum hole. Ein Urlaub mit Wellness und Pferden liegt vor mir – gibt es noch etwas Besseres für gestresste, pferdeverrückte Menschen? Nach Liste abgearbeitet habe ich also alles, was ich hier brauche. So ein Wellnessaufenthalt sollte sicher gut vorbereitet sein, damit nichts schiefgehen kann. Aufgereiht stehen nun meine Reitstiefel, der Helm, diverse Jacken und zwei Jutebeutel mit Büchern und Zeitschriften, die zumindest optisch den Eindruck vermitteln, dass man sich durch das Lesen wunderbar erholen könnte, neben meinem Koffer. Schließlich möchte ich nichts dem Zufall überlassen, denn Erholung kann mir nicht schaden und Reiten sowieso nie. Dass der einfache Weg, beides in Gänze genießen zu können, in mir selbst schlummert und in der Achtsamkeit des Augenblicks liegen wird, wird mir erst später bewusst.

Ich schaue mich genauer um: Das kom- plette Hotel scheint voll und ganz aus Holz erschaffen zu sein. Urige Balken schmücken die ausgeklügelte Architektur des Naturhotels, und es riecht schon hier nach Wald und Tannen. Jeder Schritt, den ich durch mein temporäres Zuhause mache, entspannt mich ein Stück mehr. Alles ist ruhig, und meine Umgebung wirkt für mich völlig natürlich, ursprünglich und doch modern. Die Menschen um mich herum sind unaufgeregt und entspannt. Beim Erkunden meiner neuen Umgebung wird klar, dass hier die Verbundenheit mit der Natur zelebriert wird und die Kraft der Natur für alle ein großes Gut bedeutet. Auch für mich hat die Natur schon immer etwas Heilendes gehabt, und sie gehörte als ein fester Bestandteil in mein Leben: Als Kind habe ich mit meinen Freunden fast täglich in ihr gespielt, Buden gebaut und kleine Flüsse entdeckt, bin durch jeden entlegenen Winkel „meines“ Waldes mit den Pferden geritten und habe mich selbst bei Nachtritten bestens ausgekannt und stets den Weg nach Hause gefunden. Wenn es mir schlecht ging, spazierte ich durch den Wald oder plauderte im Hindurchschreiten in meiner Jugend mit meinen Freundinnen über die neuesten „Jungsgeschichten“, während um uns herum die Vögel zwitscherten und der Geruch von dem Nadelboden unter unseren Füßen in die Nasen stieg. Auch das Naturhotel Forsthofgut und der Wald sind seit Jahrhunderten eng verbunden, so erklärt mir ein Mitarbeiter: „Für uns ist er der Ort, der uns immer Kraft gibt.“ Den Eindruck, dass wir uns in diesem Punkt einig sind, gewinne auch ich schon nach kurzer Zeit. Bei meinem Spaziergang bin ich umgeben von weitläufigen Wiesen, den sanften Grasbergen zur einen und den schroffen Steinbergen zur anderen Seite. Als ich mich in die andere Richtung drehe, sehe ich, eingebettet in diese natürliche Umgebung im Wald, den Reitstall.

Reitglück in den Bergen

Reiten wird hier als eine einzigartige Verbindung zwischen Mensch und Natur gesehen. Doch was fasziniert uns so an Pferden, und warum geht es nicht nur uns eingefleischten Pferdebesitzern so, dass uns jeder Tag mit ihnen guttut und wir uns in ihrer Nähe so geborgen und glücklich fühlen? Die Energie und gleichzeitige Ruhe, die Pferde ausstrahlen und die uns in ihren Bann zieht, ist et- was ganz Besonderes. Was machen die Pferde hier mit den Gästen, die mit dem Ziel nach Leogang kommen, um Ruhe zu finden, abschalten zu können, die Probleme zu vergessen, die zu Hause auf sie warten, und die versuchen, ihren Fokus mal nur auf sich zu lenken? Sie helfen ihnen enorm dabei; sie spiegeln das menschliche Verhalten und zeigen uns unser Innerstes. Sie zwingen uns dazu, zu uns zu finden und mit Körpersprache und innerer Überzeugung zu agieren und geben uns ständig eine Rückmeldung unseres Verhaltens.

Lange bevor Gäste das erste Mal ihren Urlaub in dem Wellnesshotel verbrachten, waren Pferde hier heimisch: Das Naturhotel Forsthofgut war einst ein Forstbetrieb, auf dem Tiere zur Unterstützung bei der Arbeit genutzt wurden. Jetzt werden sie hier für eine ganz andere, deutlich komplexere Arbeit genutzt: der Heilung unseres Innersten.

Der Natur nah, dem Alltag so fern

Ein junger Haflinger schnaubt entspannt auf dem Paddock und beobachtet mich, wie ich über den Hof schlendere und mich umschaue. Die Paddockboxen sind hell und groß, und das Geräusch der Raufutter fressenden Pferde inmitten der sonstigen Ruhe um mich herum lässt mich tief durchatmen. Der dunkelgrüne Wald im Rücken, die Pferde vor meiner Nase: So schön haben Tiere und Menschen es hier!

Neben den Boxen, die von den hoteleigenen Pferden bezogen sind, stehen weitere Boxen für Gastpferde zur Verfugung. Gäste können den Platz und die Halle (beide 20 x 40 Meter) nutzen oder im atemberaubenden Gelände die Seele baumeln lassen. Wer kein eigenes Pferd mitbringt, kann eines der Schulpferde reiten. Einige Haflinger, aber auch ein Fjordpferd und deutsche Reitponys bilden hier die Mehrheit, jedoch gibt es auch für die ganz kleinen Reiter ein paar Shettys. Tägliche Reitstunden sowie das Ablegen von Reitabzeichen wird ebenso angeboten wie Longen-, Cavalettistunden und Kutschfahrten.

Haflinger: Echte Verlasspferde

Motiviert startet der Ausritt in die Leoganger Steinberge. Die Eisen der robusten, kräftigen Ponys klappern auf den Asphaltstrecken, bis endlich der weichere Waldboden erreicht ist. Ohne Mühe steigen die Haflinger und ein Fjordpferd die kraxeligen, teilweise schmalen Wege empor, während die Aussicht immer atemberaubender wird. Immer kleiner wirkt der Stall, an dem wir gerade losgeritten sind. Die Pferde sind wach, aber sehr brav und meistern die Aufgaben spielend leicht. „Ich suche alle unsere Pferde selbst aus. Wichtig ist, dass sie von allen Gästen reitbar, aber dabei nicht stumpf sind, sodass sie auch Dressur geritten werden können und auch gute Reiter Spaß daran haben, sie zu reiten“, so Elke Hechenberger, Leiterin des Reitstalls. Sie glaubt fest daran, dass Pferde uns Menschen dabei helfen, zu uns zu finden, und dabei eine mentale Stütze sind: Ich wünsche mir, dass ich meine Liebe zu Pferden an unsere Gäste weitergeben kann und helfen darf, schöne Erinnerungen zu schaffen.“

Nach dem Ausritt werden die Pferde versorgt, und auch ein Solarium steht zur Verfügung, worunter die österreichischen Ponys entspannt trocknen können. Der neu erbaute Stall, der durch Details wie die regionstypischen „Lärchenschindeln“ architektonisch beeindruckt, bietet außerdem eine Reiterlounge, die sich sehen lassen kann. Kamin, Bar, bequeme Sofas und Sessel – hier wird das Reiten als ein Weg gesehen, wie man sich mental stärken kann, im weitesten Sinne als eine Art Wellnessanwendung für die Seele. Aus meinem Sessel heraus werfe ich einen Blick auf die Vierbeiner, die entspannt auf dem Paddock stehen und fressen, und bin begeistert, dass es anscheinend nicht nur den Menschen, sondern auch den Tieren an nichts fehlt.

Der eigene Rhythmus

Selten fiel mir das Abtauchen und Loslassen so leicht wie hier. Auch Wellness ist hier untrennbar mit der Natur verbunden: Neben der perfekten Lage in der Natur wurden auch nur ausgesuchte natürliche Materialien und Inhaltsstoffe für den Spa-Bereich verwendet. So wandere ich durch diesen Rückzugsort, der 5.700 Quadratmeter umfasst, und nach jedem Saunagang und einer weiteren Bahn in einem der Pools ist mein Kopf ein bisschen freier. Der Blick auf die Steinberge fasziniert mich, während ich das Nichtstun genieße und meinem ganz eigenen Rhythmus folge.

Während ich meine Arme auf dem Rand des Pools ablege und meinen Kopf darauf abstütze, nur das Plätschern von Wasser im Hintergrund, nehme ich meinen Atem bewusst wahr und spüre, wie er fließt. Ich nehme nun auch meinen ganzen Körper wahr und merke, wie ruhig ich bin. Ich denke daran, dass ich kürzlich etwas über Achtsamkeit gelesen habe. Da hieß es, dass Achtsamkeit eine Form der Meditation sei und ursprünglich aus dem Buddhismus stamme. Achtsam sein heiße, Momente bewusst zu erleben und auf seine inneren Regungen zu horchen – ohne diese zu bewerten. So schütze man seine Psyche und entschleunige sein Leben. Hörte sich für mich gut an, und bei Gelegenheit wollte ich mich weitergehend damit beschäftigen. Bis zum heutigen Tag hatte ich dafür aber aus meiner Sicht einfach keine Zeit: Ich hetze oft von einer Situation zur nächsten und schenke dem Hier und Jetzt zu wenig Aufmerksamkeit. Damit ist jetzt Schluss, nehme ich mir vor und höre ganz in mein Innerstes.

Auch in Bezug auf unser Pferd findet dies sicherlich seine Berechtigung, denn was oftmals etwas esoterisch klingt, ist die Realität: Unsere Pferde spiegeln unsere Stimmungen und tragen instinktiv unsere Probleme mit uns. Nachdem mein Wallach kürzlich mit Magenproblemen zu kämpfen gehabt hatte, wusste ich, dass ich auch mich mehr hinterfragen muss. Stress loszuwerden und mehr im Augenblick zu leben scheint mir eine gute Möglichkeit zu sein, damit wir beide wieder unbeschwerter zusammen sein können und ich ihn nicht unnötig belaste.

Leicht und unbeschwert

Abends wandere ich noch ein bisschen draußen umher, um viele tolle Momente der letzten Tage reicher, und bleibe an den neu ausgebauten Weideflächen stehen, die tagsüber von den Pferden genutzt werden. Neben mir im zweiten Stock des Stalls befinden sich unter anderem eine Naturwerkstatt und ein Maleratelier sowie eine Tonwerkstatt mit Brennofen. Gerade werden Pferdeskulpturen kreativ bemalt, und alle sind ganz in sich und die Arbeit versunken – in das, was sie da tun, in das Handwerk, welchem sie gerade nachgehen, in jeden einzelnen Schritt, den sie mit ihren Händen ausführen. Keiner scheint gestresst zu sein oder seinen nicht erledigten Dingen nachzuhängen. Alle sind im Hier und Jetzt.

Auch ich habe noch keine meiner mitgebrachten „Entspannungshelfer“ gebraucht, um mich auf eine Reise in mein Innerstes zu begeben. Ich brauchte nur mich selbst, die achtsam die Momente wahrnimmt, genau wie die Pferde, die nun entspannt vor mir stehen und das Nichtstun genießen.

Text: Lara Wassermann       Foto: Forsthofgut

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