Schlachtfohlenrettung Braune Augen, weiches Babyfell und lange Beine – die zuckersüßen Haflinger- und ­Norikerfohlen ­verbringen einen idyllischen Sommer mit vielen gleichaltrigen Artgenossen und ihren Müttern auf der Alm. Viele von ihnen werden jedoch ihren ersten ­Geburtstag nicht erleben. Die Organisation Animal Spirit setzt sich für die Rettung dieser Fohlen ein.

Nach einem Sommer ist das ­Leben für Tausende von ­süßen Fohlen der Rassen Haflinger und Noriker vorbei. In den Sommermonaten sind sie bei den Touristen die Stars auf der Alm, im Herbst müssen sie sterben. Und dieser Tod ist eiskalt berechnet: Haflinger und Noriker werden in Österreich im Übermaß gezüchtet, so dass nur die „perfektesten“ Fohlen eine Chance aufs Überleben haben. Warum trotzdem jedes Jahr Tausende von Fohlen gezüchtet werden? Ganz einfach: Profit, denn die Pferdekinder sind in mehrfacher Hinsicht eine lohnende Einnahmequelle. Im Sommer genießen die Touristen ein Paradies mit blauem Himmel, grünen Wiesen, den Bergen im Hintergrund und vielen knuffigen, herumtollenden Fohlen – ein Bild wie auf einer Postkarte. Sobald die Temperaturen allerdings sinken, nähert sich die Idylle ihrem Ende. So süß die Fohlen auch aussehen, ab dem Herbst kosten sie die Züchter mehr Geld und sind somit nicht mehr lohnenswert. Den meisten Touristen ist nicht bewusst, dass ungefähr neun von zehn Fohlen nicht mal den ersten Schnee in ihrem Leben erleben werden.

Todbringende Schönheitsideale

Nur etwa zehn Prozent der Fohlen eignet sich für die Zucht, der Rest ist somit in den Augen vieler Züchter Überschuss, obwohl sie völlig gesund sind und sich gut als Reit- oder Fahrpferd eignen würden. Schneeweiße Mähne und eine leuchtend fuchsfarbenes Fell – so soll der perfekte Haflinger aussehen. Schon wenige Stunden nach der Geburt kann ein winziger Schönheitsfehler, beispielsweise eine zu dunkle Mähne, das Todesurteil des Fohlens sein. Tanja Yvonne Ecker von der Organisation Animal Spirit erkennt aber auch seit kurzer Zeit ein Umdenken in Bezug auf die Haflingerfohlen: „Züchter setzen nicht mehr so stark auf eine Massenproduktion, so kommen jährlich weniger Fohlen auf die Welt. Außerdem werden für die Fohlen, die nicht in die Zucht gehen, immer mehr private Plätze als Sport- oder Freizeitpferd gefunden.“ Bei den ­Norikern sei dies jedoch nicht der Fall. Auch hier sei Geld wieder die treibende Kraft, so die ­Expertin: „Noriker gelten in Österreich als erhaltenswerte Nutztierrasse, somit wird jedes Fohlen ­subventioniert, und die Züchter und Bauern verdienen zusätzlich zu dem Schlachtpreis noch mal Geld.“

Mit nur wenigen Monaten kommen die meisten Fohlen zum Schlachter, jedoch nicht ohne vorher noch eine traumatisie­rende Reise hinter sich zu bringen. Von der Alm werden die Pferdekinder mit ihren Müttern direkt zu großen Versteigerungen gebracht. Die Atmosphäre dort ähnelt der eines Jahrmarktes – Bratwurstgeruch liegt in der Luft, biertrinkende Menschen unterhalten sich, und es herrscht viel Trubel. Mittendrin stehen verängstigte Fohlen, die nicht wissen, wie ihnen geschieht. Für die Händler sind die Tiere meist nur ein Gegenstand, den sie verkaufen wollen. Der Kilopreis für Fohlenfleisch liegt zwischen 1,50 und 2 Euro, mit einer großen Anzahl von Fohlen verdient manch ein Bauer so viel Geld. Pferdefleisch gilt in vielen Ländern als Delikatesse.

Doch mit den Erlebnissen auf der Versteigerung ist es für die jungen Pferde nicht getan, sie werden dort abrupt von ihren Müttern getrennt und – teilweise brutal – auf große Transporter getrieben. Völlig verängstigt und auf viel zu engem Raum zusammengepfercht, werden die Tiere stunden-, oder sogar tagelang nach Italien oder mittlerweile bis in die Ukraine transportiert, um dort ihr viel zu frühes Ende zu erleben. Die Zwischenstation heißt möglicherweise noch Maststall, um das Gewicht und somit den Gewinn zu erhöhen. Und dann geht der Kreislauf wieder von vorne los – die Stute ist längst wieder tragend, und im nächsten Jahr werden wieder viele ­Fohlen die Touristen erfreuen, bevor es für sie zum Schlachthof geht.

Die guten Seelen

Sowohl Haflinger als auch Noriker sind bei Erwachsenen und Kindern aufgrund ihres freundlichen Charakters beliebt und eignen sich für den Freizeitreit- und Fahrsport. Immer mehr Haflinger sind auch im Turniersport zu finden, bestes Beispiel ist dafür Franziska Keth mit ihrem Dressur-Haflingerhengst Amani. Für viele Tierfreunde ist der Gedanke, dass jedes Jahr unzählige, ­gesunde Fohlen getötet werden unerträglich. Aus diesem Grund gründete Dr. Franz-­Joseph Plank im Jahr 2002 den Verein Animal Spirit. Einer der Schwerpunktthemen dieses Vereins ist die Fohlenrettung, sodass schon über 700 Fohlen die Chance auf ein zweites Leben geschenkt werden konnte. ­Allein in diesem Jahr war es den Mitgliedern möglich, 47 Pferdekinder auf den Märkten in Österreich freizukaufen. „Für dieses Unterfangen ist der Verein auf Spenden angewiesen, sodass die Fohlen direkt von den Versteigerungen auf die im Vorhinein organisierten Privatplätze in Deutschland, ­Österreich und der Schweiz gebracht und mit einem Schutzvertrag in ihre neuen Familien abgegeben werden können“, Tanja Yvonne Ecker von Animal Spirit. Pro Fohlen muss die Organisation abhängig vom Gewicht des Tieres für Haflinger zwischen 520 und 570 Euro und für Noriker zwischen 600 und 1.000 Euro bezahlen.

Generell landen natürlich immer noch viel zu viele Fohlen beim Schlachter, da das Geschäft schwer zu unterbinden ist. Dagegen wirkt die Anzahl geretteter Fohlen von Animal Spirit und anderen Vereinen teilweise wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Aber: „Jedes Fohlen, das wir vor dem Schlachthof retten und dem wir so ein schönes ­Leben ermöglichen, zählt“, so Tanja Yvonne Ecker.  Daher werden die Mitglieder von Animal Spirit nicht aufgeben und weiterhin ihr möglichstes  für die Schlachtfohlenrettung tun. Zusätzlich setzt sich Animal Spirit für Zuchtbeschränkungen ein, die vorsehen, dass Stuten nur noch jedes zweite Jahr ein Fohlen zur Welt bringen. So würde die Überproduktion etwas eingedämmt und das Problem verkleinert werden. Außerdem fordert der Verein ein Mindestalter für Versteigerungen sowie ein Exportverbot für Schlachtpferde. Dies würde bedeuten, dass die Fohlen nicht mehr stunden- oder tagelang transportiert werden dürften und im Falle einer Schlachtung zu einem Hof in unmittelbarer Umgebung gebracht werden müssten.

Dies alles ist nur mit Unterstützung möglich. Wenn Sie helfen wollen, können Sie spenden oder eventuell sogar einem kleinen Pferdekind ein neues, sorgenfreies Leben schenken.

 

Text: Nicole Buchholz, Bild: slawik.com

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