Text: Lara Wassermann Foto: Daniel Elke
Ohne Sattel frei auf dem Pferderücken über die Felder galoppieren und den Wind im Gesicht spüren – das ist etwas, wovon viele Reiter gerade im Sommer träumen. Leider scheitert die Erfüllung dieses Traums häufig am Mut oder am fehlenden Wissen, was das Reiten ohne Sattel für das Pferd bedeutet. Wir bringen etwas Licht ins Dunkel
Die Sonne strahlt am blauen Himmel, die Wiesen und Felder sind saftig grün, und im Wald werfen die Sonnenstrahlen ein ganz besonderes Licht auf den trockenen Waldboden. Die Vögel zwitschern, und es riecht nach Sommer, was die Endorphine nur so tanzen lässt. Gerade im Sommer ist der Wunsch nach dem Freiheitsgefühl an der frischen Luft besonders groß, und die Temperaturen tun ihr übriges, dass man ungern mit vollem Equipment in der Halle reitet. Was liegt da näher, als auf den Sattel zu verzichten und mit frischem „Fahrtwind“ über die Wiesen zu galoppieren?
Das Gefühl, auf dem nackten Pferderücken zu sitzen, ist für viele Reiter ungewohnt und vermittelt nicht gerade das Gefühl von Sicherheit. Denn die Steigbügel und das Zurechtsetzen des Sattels in eine bestimmte Position fehlen. Doch die Umstellung und das Gewöhnen an die neue Sitzposition lohnt sich, denn Sie werden sich noch nie so nah an Ihrem Pferd gefühlt haben. Die Wärme des Pferdes, die Kontraktion seiner Muskeln und seine Bewegungen zu spüren ist etwas ganz Besonderes und vermittelt ein unglaubliches Freiheitsgefühl. Doch natürlich gibt es einiges zu beachten, weshalb Dr. med. vet. Matthias Krebs und Dr. med. vet. Annette Herling erklären, was wichtig ist, wenn man sich ohne Sattel auf sein Pferd schwingt. Zunächst einmal die wichtigste Aussage der Experten: Das Reiten ohne Sattel ist bei Beachtung einiger Grundsätze nicht schädlich für das Pferd, im Gegenteil, manchmal ist dies sogar gut. Durch das Reiten ohne Sattel sitzt man weiter vorne auf dem Pferderücken, was jedoch positiv ist: „Prinzipiell können alle Teile des Rückens Last aufnehmen, da sich die Rückenmuskulatur gleichmäßig entlang der Wirbelsäule vom Widerrist bis zum Becken verteilt. Zusätzlich wird der Rücken in seiner Funktion als Brücke durch eine gut trainierte Bauchmuskulatur unterstützt. Trotzdem sollte der Reiter am tiefsten Punkt des Pferderückens hinter dem Widerrist sitzen. Dorthin wird er gerade beim Reiten ohne Sattel durch die natürliche Bewegung des Pferdes auch automatisch gesetzt“, erklärt die Fachärztin für Pferde Dr. Annette Herling.
Wer sollte ohne Sattel reiten?
Die wichtigste Voraussetzung für das Reiten ohne Sattel ist ein gut trainierter Pferderücken, der die punktuelle Belastung gut ausgleichen kann. „Es sollten keine Pathologien im Bereich des Rückens vorliegen. Wenn dies der Fall ist, kann das Pferd so oft wie möglich ohne Sattel geritten werden“, so Dr. Krebs. „Da die Kontaktfläche von Reiter und Pferd dabei kleiner ist, wirkt pro Quadratzentimeter physikalisch logischerweise ein größeres Gewicht auf die Muskulatur des Pferderückens ein. Das rückengesunde Pferd wird dies gut tolerieren, beziehungsweise es gewöhnt sich auch daran. Allerdings wird eine bereits empfindliche oder schmerzende Muskulatur mit weiteren Verkrampfungen reagieren“, erläutert die Pferdeärztin Dr. Herling weiter.
Die punktuelle Belastung der Muskulatur setzt auch voraus, dass gerade beim Reiten ohne Sattel keine zu schweren Reiter den Rücken belasten. Je mehr Gewicht auf dem Pferderücken lastet, desto schwerer fällt es der Muskulatur des Pferdes, die punktuelle Belastung auszugleichen. Wenn Sie Ihr Pferd zum ersten Mal ohne Sattel reiten, lassen Sie sich von einer Person helfen, die vielleicht zunächst neben Ihnen und dem Pferd geht und dieses beruhigt. Auch die Muskulatur muss sich erst an die neue Situation gewöhnen. „Jedes Pferd macht hier individuelle Trainingsfortschritte. Gute Reiter können das einwirkende Reitergewicht sanfter auf die Muskulatur verteilen. Ein Reiter sollte aber grundsätzlich – ohne oder mit Sattel – seinem Pferd nie in den Rücken fallen“, betont Dr. Herling. Das Reiten ohne Sattel erfordert also schon ein gewisses Maß an Können, da die Hilfe der Steigbügel und des Sitzes fehlt, wodurch Reiter das „Reinfallen“ in den Rücken etwas abmildern können. Dr. Matthias Krebs bringt es auf den Punkt: „Der Reiter sollte ein gutes Gleichgewicht und eine gute Balance über dem Pferd haben.“
Den gesamten Text finden Sie in der aktuellen Mein Pferd-Ausgabe.