Text & Foto: Sophia Arnold
Ob Hannoveraner, Westfalen oder Holsteiner, Pferde aus deutschen Zuchten sind weltweit beliebt und anerkannt. Damit das auch so bleibt, ist eine zielgerichtete Zucht unerlässlich. Daran wird unter anderem auch im Landgestüt Warendorf gearbeitet, das die Mein Pferd-Redaktion besuchen durfte
Unauffällig und nahezu zurückhaltend wirkt das Tor, durch das man das Landgestüt in Warendorf betritt. Doch sobald man den Eingang durchschritten hat, befindet man sich in einem Paradies für Pferdemenschen. Mitten im großen Innenhof, gesäumt von schattenspendenden Bäumen fällt die Statue eines Pferdes ins Auge. Paradox. Der Hengst ist der erste Gewinnsummenmillionär der westfälischen Zucht und findet sich noch heute in der Abstammung vieler Hengste wieder. Rund um das gepflegte Rondell befinden sich alte Gebäude, in denen ungefähr 80 Hengste untergebracht sind. Zusätzlich befinden sich auf dem acht Hektar großen Gelände Paddocks, der Paradeplatz und die Deutsche Reitschule.
Die Deutsche Reitschule
Denn Warendorf ist nicht nur das Zentrum der nordrhein-westfälischen Pferdezucht, sondern auch das Zentrum der Berufsreiterei. Jeder, der in Deutschland eine Ausbildung zum Berufsreiter der klassischen Reiterei macht, legt hier seine Prüfungen ab. Für die Prüfungsvorbereitung stehen den zukünftigen Pferdewirten rund 40 Pferde, darunter auch einige Hengste, als Lehrpferde zur Verfügung. Aber nicht nur Reiter werden hier ausgebildet. In der Fachschule Fahren werden Lehrgänge, Prüfungen und Abzeichen durchgeführt und neue Fahrlehrer ausgebildet. Auch das Landgestüt selbst bildet jährlich um die 20 Pferdewirte in den Fachrichtungen „Klassische Reitausbildung“, „Pferdezucht“ sowie „Haltung und Service“ aus. Die Arbeit im Landgestüt ist etwas ganz besonderes, bestätigt Auszubildende Elena Lachmann: „Wir haben hier die besten Möglichkeiten, die Hengsthaltung kennenzulernen, die viele Azubis in anderen Ställen nicht haben. Außerdem steckt im Landgestüt einfach so viel Geschichte, wie zum Beispiel das Fahren, das hier noch von der Pieke auf gelehrt wird. Das macht einfach großen Spaß“.
Historische Stallungen
Das Landgestüt wurde 1826 als erstes Preußisches Landgestüt auf den Wunsch von Züchtern in Westfalen und der damaligen Rheinprovinz gegründet. Knapp 200 Jahre alt, sind die Stallungen, in denen die wertvollen Hengste untergebracht sind also. Besonders hübsch anzusehen ist das Kreuzkappengewölbe in Stall 1. Es ermöglicht eine besondere Klimaführung, sodass es im Sommer nie über 28° C warm wird und im Winter nicht auskühlt. Ein optimales Zuhause für die Pferde. Ein Top-Star der westfälischen Zucht steht hier neben dem nächsten. Neben eleganten Dressur- und Springpferden wie dem vierjährigen Charmeur Blanc und dem sechsjährigen First Deal gibt es aber auch rund 20 Kaltblüter in Warendorf. Die meisten zählen zu den rheinisch-deutschen Kaltblütern und werden als Kulturgut gewahrt. Zur Gründungszeit des Landgestüts waren die Kaltblüter noch für Wirtschaft und Kavallerie gefragt. Heute werden sie hauptsächlich freizeitmäßig genutzt, dennoch gibt es immer wieder Pferde dieser Rasse, die zum Baumrücken in der Forstwirtschaft genutzt werden. Die Hengste aus Warendorf werden sowohl vor der Kutsche als auch unter dem Sattel eingesetzt. Ein Highlight bei der alljährlichen Hengstparade ist die Kutschen-Quadrille, bei der nur Kaltblüter eingesetzt werden.
Liebe zum Detail
Dass die Pferde hier an erster Stelle stehen, spürt man an jeder Ecke. So gibt es nicht nur eine hauseigene Schmiede, sondern auch eine kleine Sattlerei. Sie wird von Gestütswart Brückner geführt, der sich die Aufgaben des Sattlers selbst angeeignet hat. Zwar werden hier keine Sättel mehr hergestellt oder angepasst, kleinere Aufgaben wie das Flicken von Lederzeug und Pferdedecken, sowie das Ausstatten der Kollegen mit den Paraderöcken gehört heute zu seinen Aufgaben. Die Paraderöcke werden zu besonderen Anlässen, wie der Symphonie der Hengste oder natürlich den Hengstparaden getragen. Jedes Landgestüt in Deutschland hat eine individuelle Uniform, sodass man die Herkunft der Reiter schnell erkennen kann.
Mehr über unseren Besuch im Landgestüt Warendorf erfahren Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.