Text und Foto: Josephin John

Seit frühester Kindheit verbindet sie eine tiefe Liebe mit den Pferden. Als kleines Mädchen voltigierte und ritt sie, als Erwachsene schnupperte sie Rennbahnluft in Australien.

Von 2013 bis 2014 war ich für sieben Monate in Australien und habe dort Work & Travel gemacht. Während dieser Zeit habe ich für zwei Monate im Rennstall Aquatinta Racing gearbeitet. Dieser liegt im Vorort Caulfield in der Nähe von Melbourne und ist in der Rennszene recht bekannt, da in seinen Ställen einige sehr wertvolle Pferde beherbergt und trainiert werden. Zuvor hatte ich lange nach einem Job gesucht und erhielt plötzlich vom Trainer Brian eine Antwort auf meine Bewerbung bei Aquatinta Racing. Nach dem Bewerbungsgespräch wurde ich direkt eingestellt und begann am folgenden Montag. Das bedeutete um drei Uhr morgens aufstehen, da der Arbeitstag im Rennstall um vier Uhr begann. Grund dafür war der Sommer in Australien und die damit verbundene Hitze. Zum Teil steigen die Temperaturen in Melbourne im Sommer (hauptsächlich Dezember und Januar) auf über 45 Grad. Das sind natürlich keine Temperaturen für das anspruchsvolle Training der Rennpferde. Da es nachts ein wenig abkühlte, wurde durch die frühe Uhrzeit die schlimmste Hitze umgangen. Gegen 9 Uhr morgens war dann meist die erste Schicht vorbei, und ab 13 oder 14 Uhr wurde noch mal für zwei Stunden gearbeitet, allerdings ohne Pferde.

Vorerst mistete ich hauptsächlich Boxen aus. Nach und nach bemerkte mein Chef Brian allerdings, dass ich gut mit Pferden umgehen konnte, und so erweiterte sich mein Aufgabenbereich stetig, bis ich mich schließlich „Strapper“ nennen durfte. Strapper sind die Begleiter bei den Pferderennen, die dem Jockey zur Hand gehen und sich um das Rennpferd kümmern sowie das Pferd mitsamt dem Jockey vor dem Rennen über den Platz führen. Als ich das erste Mal mit zum Rennen durfte, war das alles unglaublich aufregend, besonders hinter den Kulissen. Brian bot mir sogar an, selbst als Jockey zu reiten. Ich lehnte jedoch ab, da ich zu dem Zeitpunkt schon etwas länger nicht mehr geritten war.

Mein normaler Arbeitstag bestand jedoch darin, beim Training der Pferde zu helfen. Dazu gehörte vor allem, sie für die Rennstrecke vorzubereiten und dem jeweiligen Jockey zu bringen. Andere Pferde brachte ich zum Schwimmen oder Wassertreten. Gerade das Schwimmen war etwas, das ich so vorher noch nie gesehen hatte. Durch eine nicht mal zwei Meter breiten Schwimmbahn lenkte ich die Pferde mithilfe eines Führstricks und einer Metallstange, welche auch am Halfter eingehakt wurde. Die Bahn war gerade so tief, dass das Pferd schwimmen musste. Ein weiterer Bestandteil war das Laufband: im Grunde genommen ein ganz normales Laufband, nur etwas größer und pferdegerechter. Das Pferd wurde über eine Rampe hinaufgeführt und links und rechts angebunden. Dann durchlief es auf dem Band den zugeschnittenen Ablauf seines Trainingsplans mit verschiedenen Geschwin­digkeiten und variierender Dauer.

Mein Arbeitstag war sehr abwechslungsreich, wofür ich mich in erster Linie auch bei den Pferden bedanken konnte. Das Temperament von Rennpferden lässt sich definitiv nicht mit dem von normalen Reitpferden vergleichen. Zuvor hatte ich nie Kontakt zu Vollblütern oder Erfahrungen mit ihnen machen können, daher schätze ich die Zeit bei Aquatinta Racing umso mehr. Ich konnte unheimlich viel Neues über den Umgang vor allem mit jungen und unruhigen Pferden lernen. Sogar neue Freundschaften konnte ich schließen, zum ersten Mal auch mit waschechten Australiern und nicht nur mit deutschen Backpackern in Australien, mit denen ich sonst Kontakte geknüpft hatte. Ich habe die Zeit wirklich sehr genossen und die Arbeit sehr gerne gemacht. Später habe ich einige der Pferde in Nachrichten über die Rennen im Fernsehen wiedererkannt. Und es ist schon ein tolles Gefühl, in solchen Momenten sagen zu können: „Mit diesem Pferd habe ich schon gearbeitet.“

Ihre Josephin John

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