Text & Foto: Barbara Dorfmeister und Simone Braun
Zwei Ranchgirls verbringen Zeit beim Pferdeexperten Warwick Schiller, NRHA Reserve World Champion und renommierter Horsemanship-Trainer.
Sich zu bilden heißt, lernen zu wollen, wie alles geschieht“, wussten schon die alten griechischen Philosophen. Für uns ein ständiges Credo, sind wir als Horsemanship-Trainer doch regelmäßig weltweit auf den Spuren spannender Pferdemenschen unterwegs, um permanent weiteres Wissen für unsere Online-Lernplattform für Bodenarbeit (www.ranchgirls.at) zu sammeln. Unsere Reise führt uns diesmal in das sonnige Kalifornien, wo wir Warwick Schiller (www.warwickschiller.com) beim Training über die Schulter schauen durften.
Die Tore zu Warwick Schillers Ranch sind weit geöffnet. Mit ausgebreiteten Armen und breitem Grinsen kommt er auf uns zu und begrüßt uns mit festem Händedruck. Er ist herzlich und unkompliziert, Minuten später sind wir auch mit seiner Frau Robyn und seinem Sohn Tyler ins Gespräch verwickelt. Wir kommen in den Genuss einer detaillierten Führung, und Warwick stellt uns seine Pferde vor. Im Anschluss führen wir ein Video-Interview, das wir regelmäßig auf unseren Pferdereisen #ranchgirlsontheroad mit beeindruckenden Pferdemenschen drehen. Wir erfahren, dass Warwick eigentlich aus Australien stammt, der Liebe wegen zu seiner Frau Robyn und den Pferden in die USA gezogen ist. Sein großes Talent ist die Fähigkeit, sein Wissen leicht verständlich und gespickt mit amüsanten, aber anschaulichen Beispielen zu vermitteln.
Wir verfolgen Warwicks Trainingsmethoden seit vielen Jahren. Für uns besonders spannend ist die gravierende Veränderung seiner Trainingsphilosophie: Mittlerweile kombiniert er das Training mit dem neuen Ansatz, eine tiefe, emotionale Verbundenheit mit dem Pferd zu knüpfen. Wie er das anstellt? „Die große Kunst ist es, immer präsent zu sein, dem Pferd zuzuhören und seine Botschaften richtig zu lesen, anstatt vermenschlichte Geschichten in seine Reaktionen hineinzuinterpretieren.“ Botschaften, die sich in zahlreichen, winzig-kleinen Reaktionen zeigen: unter anderem die Veränderung der Position der Ohren, die Blickrichtung, das Blinzeln, die Bewegungen rund um das Pferdemaul und Nüstern, die Konsistenz der Muskeln, die Bewegung des Schweifs. Beeindruckend, wie er nach jeder gestellten Aufgabe diese Reaktionen in Sekundenschnelle gesamtheitlich interpretiert und dementsprechend darauf reagiert. Für diese Botschaften müssen wir Pferdemenschen lernen, den Pferden Zeit zu geben und diese auch wahrzunehmen. Zeit spielt für Warwick beim Training tatsächlich überhaupt keine Rolle.
Im Laufe vieler Jahre hat Warwick eine Liste mit zwölf Ausbildungsgrundsätzen, den „Principles of Training“, zusammengetragen. Jedes „Problem“ mit einem Pferd kann auf Basis dieser Prinzipien gelöst werden. Einen besonderen Schwerpunkt nimmt die Atmung im Pferdetraining ein: Bei „besseren“ Reaktionen belohnt Warwick, zusätzlich zur Pause, mit einer tiefen Bauchatmung. Die Reaktion ist bemerkenswert, die Entspannungssignale zeigen sich bei den Pferden innerhalb kürzester Zeit. Jetzt heißt es nicht stören und dem Pferd Zeit lassen, um den Prozess nicht zu unterbrechen. Tatsächlich „übernimmt“ dann der Parasympathikus – der Ruhe- oder auch Erholungsnerv – beim Pferd das Ruder: Angst, Nervosität oder Anspannung werden zunehmend abgebaut. Erst im entspannten Zustand ist das Pferd lernbereit und kann sich besser auf uns konzentrieren. Meditation unterstützt dabei, sich der eigenen Gedanken bewusster zu werden. Klar und fokussiert im Hier und Jetzt zu agieren. Nicht daran zu denken, was früher bei einer Übung schon passiert war, oder ob etwas Negatives passieren könnte. Wir müssen lernen, unsere Gedanken dahingehend zu ordnen und immer nur daran zu denken, was das Pferd gerade tun soll. Pferde verfügen über sehr feine Antennen und lesen unsere Gefühle, unsere innere Einstellung, Energie, Aufmerksamkeit und Präsenz. All das drücken wir, durch unser Unterbewusstsein körpersprachlich, sehr eindeutig für Pferde aus.
Unser Fazit: Es waren anstrengende, heiße, aber wieder sehr lehrreiche Tage für uns. Wir sind sehr dankbar, Warwick persönlich kennengelernt und erlebt zu haben.
Ihre Barbara Dorfmeister und Simone Braun
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