Die Tage werden kürzer, die Temperaturen sinken, und trotzdem scheint der Herbst eine ganz besondere Anziehungskraft zu besitzen. Das Farbenspiel der Natur ist dabei nur ein Punkt, der den Herbst so einzigartig macht und dazu verleitet, mehr Zeit draußen zu verbringen
Die Luft ist kühler und feuchter als noch vor ein paar Wochen, und man hat das Gefühl, endlich richtig durchatmen zu können. Der Wald duftet viel holziger, schwerer als sonst. Man kann die feuchte Erde riechen, und beim Ritt über die Waldwege kann man wunderbare Lichtstimmungen und Farbenspiele der Natur beobachten. Die Blätter wehen im Wind, und es ist ungewohnt ruhig. Das Singen der Vögel wurde vom Geräusch der wehenden Herbstblätter abgelöst. Wer schon mal an einem sonnigen Herbsttag durch den Wald geritten ist, wird all dies gut nachempfinden können. Warum trauern so viele Menschen dem Sommer nur so hinterher, wenn der Herbst doch auch so viel Tolles zu bieten hat? Vor allem den Geländereitern sollte diese Jahreszeit recht sein, denn die klare, frische Luft, angenehme Bodenbeschaffenheit, die frische Brise und die fehlenden Fliegen und Bremsen machen diese farbenfrohe Zeit zu einer Wohltat für Körper und Seele von Pferd und Reiter.
Morgenstunden genießen
Wussten Sie, dass die geänderten Farben der Natur unsere Gefühle beeinflussen? Forscher haben herausgefunden, dass die Kombination von Rot, Orange, Gelb und Grün ein wärmendes, wohliges und gemütliches Gefühl in uns aufkommen lässt. Das ist vielleicht auch ein zusätzlicher Grund dafür, dass man den Wald als etwas harmonischer und ruhiger als in den Sommermonaten empfindet.
Wenn in diesen Monaten die Sonne aufgeht und die Landschaften von den ersten Sonnenstrahlen durchflutet werden, der Morgendunst noch auf den Feldern liegt, wirkt die Natur besonders magisch und lädt zum Verweilen ein. Um dieses Naturereignis voll und ganz genießen zu können, bietet sich ein Ritt in den frühen Morgenstunden an. Reiten Sie so früh los, dass Sie die Sonne über den Feldern aufgehen sehen. Häufig sind die Waldwege noch etwas nebelig und die Luft fühlt sich klamm an. Auch das ist ein besonderes Erlebnis. Die Waldwege sind im Herbst deutlich feuchter und fester, sodass auch durch einen längeren Galopp, keine Staubentwicklung mehr stattfindet und so auch Galoppstrecken in größeren Gruppen wieder angenehmer sind. Reiten Sie über Wiesen und begraste Strecken – gerade der Morgentau ist sehr gut für die Hufe und kann bei einem frühen Ritt gut genutzt werden. Viele Marken bieten Produkte mit speziellen Reflektoreigenschaften an. Decken, Trensen und Gamaschen schützen das Pferd in der Dämmerung vor heranfahrenden Autos. Falls Sie auf dem Weg ins Gelände Straßen überqueren müssen, empfiehlt sich solch eine Anschaffung. Auch viele Regenmäntel und Jacken haben Reflektoren eingearbeitet. So sind Sie gleichzeitig für eventuelle Schauer bestens gerüstet.
Stoppelfelder olé!
Neben der wunderbaren Faszination, die man im Wald erlebt, haben auch Stoppelfelder ihren Reiz. Viele Reiter fiebern dem Herbst besonders aus diesem Grund entgegen: endlos scheinende, gold schimmernde Stoppelfelder, über die man im vollen Galopp reiten und das Pferd mal so richtig Vollgas geben kann. Aber auch für die Dressurarbeit im Freien eignen sich glatte Stoppelfelder gut. Bevor Sie jedoch über die abgeerntete Felder reiten, sollten die gewählten Strecken im Schritt abgegangen werden, sodass eventuelle größere Steine entfernt und Löcher zugeschüttet oder gemieden werden können. Auch die Bodenbeschaffenheit sollte dabei gut überprüft werden. Sinkt das Pferd schon im Schritt tiefer ein, so ist das Feld zu weich für eine höhere Gangart. Manche Pferde stören auch eng gesäte Felder, auf denen die Stoppel-Bahnen sehr nah aneinander stehen. Im erhöhten Tempo schlagen diese dann an den Kronrand oder die Beine, wodurch Schmerzen entstehen können. Deshalb auf jeden Fall Gamaschen anlegen und eine Bahn wählen, die möglichst breit ist. Wenn das Feld sehr kurz geschnitten ist, so ist die Auswahl der Bahn nicht so wichtig. Wie wäre es also, wenn Sie Ihre Reitstunde mal aufs Feld verlegen oder das Feld wie eine riesige Halle oder einen Platz nutzen, auf dem Sie Ihr tägliches Training abhalten? Ihrem Pferd wird die Abwechslung sicherlich gefallen, und auch Sie werden in der herbstlichen Umgebung ein ganz anderes Reitgefühl haben. Bevor Sie das Stoppelfeld für sich erobern, denken Sie jedoch daran, dass die Erlaubnis des Eigentümers vorliegen muss. Die meisten Bauern haben kein Problem damit, wenn ihre Stoppelfelder von Reitern genutzt werden, da diese nach ein paar Wochen sowieso umgepflügt werden, jedoch ist eine Erlaubnis trotzdem erforderlich.
Nach den letzten heißen Monaten sind die Temperaturen für die Pferde eine Erholung. Der Fellwechsel beginnt, und die Pferde entwickeln ihr Winterfell. Solange dieses noch nicht da ist, trocknet geschwitztes Fell mithilfe einer Abschwitzdecke nach dem Training noch relativ zügig, sodass man getrost noch etwas mehr draußen machen kann. Wichtig ist natürlich, dass das Immunsystem in dieser Zeit unterstützt wird, da der Stoffwechsel des Pferdes im Herbst durch Fellwechsel und eine hohe Abwehrhaltung gegen krankmachende Erreger auf Hochtouren läuft. In der Natur fressen Pferde in dieser Zeit besonders viele Wurzeln und Rinden, um essentielle Aminosäuren zu sich zu nehmen. Da dies im Stall beziehungsweise auf einer normalen Weide nicht möglich ist, sollten im Herbst Mineralfutter und Kräutermischungen zugefüttert werden. Gerade Vitamine, Flavonoide, Glukane, Proteine, Pre- und Probiotika und andere verfügbare Mineralstoffe sind wichtig für die Stärkung der Abwehrkräfte. Alte Pferde sollten bei üppigem Regen oder starkem Wind nicht draußen sein, und wenn ja, dann nur mit einer geeigneten Regen- oder Winterdecke, da der Körper für die Wärmeregulierung viel zu viel Energie verbraucht. Hinzu kommt, dass ältere Pferde häufig nicht mehr so dichtes Deckhaar bilden wie ihre jungen Weidekollegen. Alte Pferde sollten im Herbst außerdem wenn möglich vier Mahlzeiten bekommen, da sie einen verlangsamten Stoffwechsel haben. Überwiegend Heu, ein gutes Mineralfutter und ein wenig Öl, Heucobs und wintergerechte Kräutermischungen helfen dabei, dass sie über den Winter keinen Gewichtsverlust haben.
Ausflug Hochsauerland
Schon mal den sogenannten Indian Summer erlebt? Er bezeichnet eigentlich eine trockene und warme Wetterperiode im Herbst auf dem nordamerikanischen Kontinent. Dieses Phänomen wird von einem strahlend blauen Himmel und einer besonders kräftigen Blattfärbung begleitet. Wenn nicht, dann müssen Sie das mit Ihrem Pferd unbedingt bald nachholen! Fast so schön wie in Kanada ist der Indian Summer im Hochsauerland. Dort finden Sie wunderschöne Landschaften, die, so weit das Auge reicht, in den schönsten Herbstfarben strahlen und jeden zum Träumen bringen. Die Möglichkeiten für mehrstündige Wanderritte sind in diesem Gebiet besonders gegeben. Viele Höfe bieten eine Unterbringung und Verpflegung für Pferd und Reiter und der Weg ist deutlich angenehmer als der nach Kanada – abgesehen davon würde Ihnen dann entgehen, diese wunderschöne Erfahrung mit Ihrem Pferd zusammen zu machen und in gedämpftem Licht die bunten Herbstwälder zu erkunden.
Text: Lara Wassermann Foto: www.Slawik.com