Oldenburger, Hannoveraner, Haflinger und Co. kennt jeder. Aber auch unter den Pferden gibt es Rassen, die vom Aussterben bedroht sind. Der Rottaler, der Altwürttemberger oder das Rheinisch-Deutsche-Kaltblut beispielsweise. Von diesen lokalen Züchtungen gibt es leider nur noch wenige Tiere
Mehr als 35 Prozent der weltweit gelisteten Pferderassen sind vom Aus- sterben bedroht. Meist hängt ihr Überleben von dem Engagement der we- nigen Züchter ab, die sich mit den seltenen Pferden beschäftigen.Cécile Zahorka hat sich den bedrohten Pferderassen angenommen und das Projekt „Forgotten Horses“ ins Leben gerufen. Die Fotografin reist um die Welt, sucht nach Pferde bedrohter Rassen und fotografiert sie. „Mich hat es damals total erschrocken, als ich die rote Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen entdeckt habe und dort rund 15 Pferderassen gelistet waren. Zuerst dachte ich, dass es ein nettes kleines Fotoprojekt werden würde, da manche Rassen lange nicht mehr fotografiert worden sind. Ich wollte, und will, den Pferden eine Stimme geben und sie fotografisch in Szene setzen. Wer schaut sich schon gerne uralte Fotos von den Tieren an?“, erzählt Zahorka.
Überall auf der Welt besucht sie Pferde, die zu den bedrohten Rassen gehören, und fotografiert sie: Sie reist auf die Färöer Inseln, nach Tschechien oder in kleine Dörfer irgendwo Deutschland – und überall findet sie solche seltenen, vom Aussterben bedrohten Pferde.
Bei ihren Fotoreisen sind Cécile Zahorka auch einige Momente besonders in Erinnerung geblieben, wie etwa ihre Reise auf die Färöer-Inseln. Die Färöer Pferde dort sind mit knapp 90 Tieren ebenfalls akut gefährdet. In den 1960er-Jahren wären die widerstandsfähigen Pferde beinahe ausgestorben. Zum Glück konnte die Rasse aber durch eine gezielte Zucht erhalten werden, der Bestand ist jedoch mit knapp unter 100 Tieren nicht gerade hoch. „Vermutlich sind die Pferde damals mit Mönchen und später mit den Wikingern auf die Inseln gekommen und haben sich dann dort etabliert. Sie sind nämlich die einzigen Pferde, die mit dem Klima dort zurecht kommen“, weiß Cécile Zahorka. Bei ihrer Reise im Juli dieses Jahres wusste sie nicht, was sie erwartet. Umso schöner dann die Erfahrung, die sie mit den Inselbewohnern machen durfte: „Ich habe einfach mal vorgeschlagen, die Pferde überall dorthin zu bringen, wo auch die Touristen hingehen würden: an den Hafen, an den Strand oder in die Berge. Überall wurden die Tiere fotografiert und toll in Szene gesetzt. Das hat den Menschen vor Ort nochmal einen neuen Blick auf ihre heimischen Tiere gegeben“, erzählt die Fotografin stolz. „Und die Pferde haben das alles ganz brav mitgemacht!“ So etwas erlebt auch die weit gereiste Fotografin aus Deutschland nicht oft. „Aber wahrscheinlich haben es mir gerade deswegen die Insel-Pferde so angetan. Mit steigendem Expeditionscharakter, Anstrengung und Schweiß, steigt im Anschluss auch die Hingabe“, sagt sie schmunzelnd.
Auch für die stark gefährdeten Eriskay Ponys war ihr kein Weg zu weit: „Ich bin 4.000 Kilometer gefahren und musste mehrere Fähren nehmen, bis ich die weißen Ponys auf Eriskay fotografieren konnte“, erinnert sich Zahorka zurück. Die Pferde leben beinahe vergessen auf den schottischen Inseln ganz im Norden des Landes. Aber nicht nur die Insel-Pferde haben es der Fotografin angetan, auch Kaltblüter sind ihr ans Herz gewachsen.
Menschen sensibilisieren
Aber wie kann man Pferden, die vom Aussterben bedroht sind, helfen? Bei Tieren wie den Bienen, die ebenfalls gefährdet sind, wurden die Menschen bereits sensibilisiert. Dass viele Nutztierrassen ebenfalls vom Aussterben bedroht sind, ist vielen Menschen gar nicht bewusst. Mit ihrem Herzensprojekt möchte die Designerin „das Bewusstsein für vom Aussterben bedrohte Pferderassen schärfen und einen Teil zum Erhalt der Vielfalt leisten“.
Aber das ist leichter gesagt als getan. Viele Züchter, die sich mit dem Erhalt bedrohter Rasse beschäftigen, haben es schwer, sich Gehör zu verschaffen. „Hier fehlt einfach eine größere Organisation, der den Züchtern eine Stimme gibt“, sagt Cécile Zahorka. Nur wenn auf diese erschreckenden Zahlen aufmerksam gemacht werde und eine Diskussion entstehe, könne man die Menschen sensibilisieren. Durch Vereinsarbeit, Marketing oder Kunst-Projekte, wie das von der Fotografin, bekommen die Tiere erst eine Stimme. „Ich veranstalte auch viele Fotoreisen mit internationalen Kunden. Wir fotografieren dann zusammen seltene Pferde, und die anderen Fotografen zeigen ihre Bilder der Welt. So tragen sie einen Teil dazu bei, die bedrohten Rassen publik zu machen“, erzählt die Fotografin stolz. Wieso einige Rassen nicht präsenter sind, bleibt ein Rätsel, könne man sie doch gut auf (regionalen) Messen oder Festen zur Schau stellen und sie kulturell einbinden.
Das Schwarzwälder Kaltblut beispielsweise wurde so gerettet: „Im Schwarzwald wurde das Tier auf regionalen Festen gezeigt und hat dadurch sehr viel Aufmerksamkeit erlangt. Gerade durch die gelebte Tradition der Leonhardi-Ritte, Pferde-Segnungen, Fuhrmanns- und Rosstage. Auch werden sie für den Tourismus eingesetzt und haben dadurch wieder eine Aufgabe“, erklärt Cécile Zahorka. Auch in der ökologischen Landwirtschaft können Kalt- oder schwere Warmblüter wieder vermehrt eingesetzt werden, damit ihre Rasse wieder eine neue Aufgabe bekommt. Aber auch als Freizeitpartner eignen sich die meisten Tiere ganz hervorragend. Dafür ist es aber wichtig, den Menschen „ihre“ Pferde wieder näher zu bringen. Schließlich sollte man stolz auf die heimischen Tiere sein und deren Erhalt sichern wollen. Die Fotografin fragt: „Wieso macht man das Pferd nicht zum Kulturgut? Sie sind oft genug Ikonen oder Teil der Tradition in den Regionen. Das Camargue-Pferd beispielsweise ist das Sinnbild der Region.“
Text: Nora Dickmann Foto: Cécile Zahorka