Wie kann man die Liebsten über die kalten Tage sinnvoll Beschäftigen und dafür sorgen, dass sie fit und zufrieden bleiben? Die Antwort ist genauso simpel wie genial: man findet sie in einer Abänderung alltäglicher Gewohnheiten.
Text: Pia Wiecha; Fotos: IMAGO/ Frank Sorge
Heu im Winter stellt nicht nur die wichtigste Hauptnahrungsquelle dar, sondern fungiert, mit einigen Tricks, auch als eine wirksame Beschäftigungstherapie gegen langweilige Wintertage. Das kreative Verfüttern des Heus birgt für jeden Pferdecharakter Vorteile, denn eins eint sie alle: der Hunger.
Denn: Fressen ist für ein Pferd mehr, als das bloße Decken ihres Nährstoffbedarfs. In der Natur verbringen sie etwa 16 Stunden ihres Tages mit der Nahrungsaufnahme, sind dabei stetig vorwärts-abwärts in Bewegung. 1,5 Kilogramm Heu pro 100 Kilogramm Körpergewicht sollte ein Pferd pro Tag zu sich nehmen. Auch unsere domestizierten Hauspferde sind körperlich und psychisch auf diese Fressgewohnheiten eingestellt. Das Sättigungs- und Hungergefühl wird nicht, wie beim Menschen, vom Magenfülldruck und vom Blutzuckergehalt gesteuert, sondern orientiert sich rein mechanisch an einer bestimmten Anzahl an Kauschlägen. Pauschal sagt man, dass ein Pferd nach 35.000 Kauschlägen satt ist. Für ein Kilogramm Heu braucht es 3.500 Schläge. Das würde heißen, dass ein Pferd mindestens zehn Kilogramm Heu pro Tag zu sich nehmen müsste.
Viel zu viel für das normal geförderte Freizeitpferd. Die in vielen Ställen gängige Art, das Heu in Haufen zwei Mal am Tag in die Box zu geben, kommt den natürlichen Bedürfnissen des Pferdes nicht annähernd nahe und kann zu Frust, gesundheitlichen Problemen und mentaler Unzufriedenheit führen. Fresspausen, die länger als vier Stunden anhalten, sind bewiesenermaßen ungesund und schaden dem Pferd sogar.
Die Lösung sind altbewehrte Slowfeeder-Methoden, wie Heunetze, Raufen oder Ähnliches. Sie erlauben eine effiziente und gleichzeitig verlangsamte Futtergabe ohne große Verluste durch das Zertreten, Verschmutzen oder das Verteilen des Heus.
Ob für die Box oder die Wiese: machen Sie sich bei der Wahl genaue Gedanken über das Thema und informieren Sie sich genau über Vor- und Nachteile. Wichtig bei der Entscheidung ist es, die Bedürfnisse und Eigenarten des eigenen Pferdes zu kennen. Nicht jedes hat die Geduld dazu, stundenlang ohne großartigen Erfolg auf einem engmaschigen Netz zu kauen, wenn man es als einzige Futterquelle anbietet. Erfahrung und regelmäßiges Beobachten des Fressverhalten des Pferdes zeigt schnell, ob es mit dem Angebot klar kommt, oder am Ende vielleicht sogar überfordert ist.
Bei einem Pferd, welches Staub nicht gut verträgt und zu Atemwegserkrankungen neigt, sollte man sich vorab informieren, welche Systeme dem entgegen kommen und eine Staubbelastung minimieren. Mit einem simplen Netz ist in einem solchen Falle niemandem geholfen.
Sparen Sie nicht an der Qualität des Netzes, denn weniger robuste Maschen bieten zum einen ein hohes Verletzungsrisiko, und zum anderen werden die gefräßigen Pferdezähne alles geben, um die lästigen Maschen aus dem Weg zu schaffen. Je nachdem, wie groß die Zerstörungswut ihres lieben Tieres ist, sollten sie zu stabileren Varianten wie bissfesten Gummistreben greifen. Netze, die trotz ihrer vielen Vorteile immer eine Gefahrenquelle bilden werden, sollten nicht über Nacht in die Box oder auf die Wiese gehängt werden.
Die natürliche Körperhaltung des Pferdes bei der Nahrungsaufnahme sollte so gut es geht imitiert werden. Sprich, die Oberlinie muss gestreckt sein und der Kopf nicht schief nach oben oder zur Seite gedreht. Zu hoch hängende Netze können zu Verspannungen im Genickbereich führen und begünstigen die nicht erwünschte Entstehung eines Unterhalses. Zudem droht die Gefahr eines Senkrückens, da sich aufgrund der veränderten Körperhaltung die Dornfortsätze annähern. Ein schief gehaltener Kopf hat meisten einen ungleichmäßigen Zahnabrieb zur Folge. Zu tief hängende Netze sollte man vermeiden, es besteht die Gefahr, dass sich ein Pferd mit dem Huf in den Maschen verheddert. Gerade bei Eisenträgern besteht ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Man sollte keine Maschen verwenden, deren Durchmesser größer als sechs mal sechs Zentimeter ist. Ideal für Einsteiger sind fünf mal fünf Zentimeter.
Nicht zu vergessen: Die Qualität des Heus spielt eine ganz entscheidende Rolle. Die in deutschen Ställen angebotenen Gräser sind vermehrt überzuckert, da sie nicht grundsätzlich auf Pferdefütterung ausgelegt sind. Zu viel Zucker behindert beim Pferd, wie auch beim Menschen, das Sättigungsgefühl, macht dick und unzufrieden. Gerade im Winter, wenn Bewegungsmangel herrscht, wird unbewusst durch den Zucker im Heu viel Energie ins Pferd gefüttert. Negative Auswirkungen hat dies unter anderem auf den Stoffwechsel. Durch die Überbelastung der Bauchspeicheldrüse wird überschüssiges Insulin produziert, welches auf langem Wege bewiesenermaßen zu Hufrehe-Erkrankungen führt. Es lohnt sich also, auf qualitativ hochwertiges Heu zu setzen. Die eventuell entstehenden Mehrkosten verrechnen sich mit dem Ausbleiben des Tierarztes.
Auf einer Wiese mit kleinen Gruppen bietet es sich an, mehrere Fressgelegenheiten unterschiedlicher Art mit einigem Abstand zueinander anzubieten.
Indem Sie Futterstellen etwas abseits von Tränke, Knabberästen, Salzlecksteinen oder anderem anbringen, fordern Sie Ihre Pferde auf, zwischen den Angeboten hin und her zu pendeln. Achten Sie dabei jedoch darauf, dass die verbindenden Trailpfade ausreichend gefestigt beziehungsweise trockengelegt sind.
Außerdem sollten besonders die Untergründe an den Fressstellen befestigt sein, um matschigen Boden und somit bei Frost gefährliche Unebenheiten zu vermeiden. Glatte Gummimatten eignen sich nicht unbedingt, da sich auf ihnen angetragener Schlamm und Feuchtigkeit schnell zu Eis oder Unebenheiten entwickeln kann. Es gibt aus dem Bereich allerdings auch Möglichkeiten, die die Gefahren minimieren. Alternativ kann man stellenweise Hackschnitzel aufschütten. Sand an Futterplätzen sollte man aufgrund einer erhöhten Kolikgefahr vermeiden.

Gefasste Pläne sollten gut durchgeplant sein, im vorhergehenden Sommer hat man schon frühzeitig die Möglichkeit, sich mit seinen individuellen Vorstellungen für die Winterwiese zu verwirklichen, denn der nächste Winter kommt bestimmt. Dabei braucht man kein Unternehmen zu engagieren, da die meisten Arbeiten mit ein paar Hilfskräften durchaus selbstständig zu verrichten sind. Die Pferde werden es ihnen danken. Gemeinsame Projekte am Stall sind in jedermanns Interesse, steigern die Attraktivität des Stalles, sorgen für eine verbesserte Stallgemeinschaft und regen die Kommunikation an. So ergeben sich nicht nur für die lieben Tiere Vorteile, sondern auch für die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen allen Involvierten.

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