Reitersitz: Ohne richtigen Sitz kein richtiges Reiten. Das wusste schon Reitmeister Xenophon. Denn wenn der Sitz nicht stimmt, funktioniert auch der Rest nicht. Dann läuft das Pferd, wohin es will und den Reiter schüttelt es kräftig durch, oder er kippt kopfüber in den Sand. Daher: Wer richtig reiten will, muss den richtigen Sitz beherrschen.
Voll-, Grund- oder Dressursitz wird er genannt.
Vollsitz, weil das gesamte Reitergewicht den Pferderücken belastet. Grundsitz, weil sich alle anderen Sitzformen aus ihm ergeben. Dressursitz, weil ein Großteil der Feinabstimmung zwischen Pferd und Reiter über den Sitz erfolgt. Hinter der perfekten Verschmelzung, die Pferd und Reiter wie aus einem Guss erscheinen lässt, stecken Übung, Geduld und … ein bauchtanzreifes Becken. Doch wie können starre Beckenknochen überhaupt beweglich sein? Können sie nicht. Aber das gesamte Becken lässt sich bewegen – mit Hilfe der Hüftgelenke und dem unteren Bereich der Wirbelsäule. Hier ist die Schalt- zentrale des Reiters und der Kern des korrekten Sitzes.
So sitzen Sie richtig
Also rauf in den Sattel und richtig hingesetzt, aber wie? Erst mal die Schaltzentrale, sprich das Becken, in die richtige Position bringen. Einfach in den tiefsten Punkt des Sattels rutschen. Dann das Gesäß entspannen und die Beine locker nach unten sinken lassen. Jetzt weisen die Gesäßknochen senkrecht nach unten. Das Gewicht verteilt sich gleichmäßig auf ein aus Sitzbeinhöckern und Schambein bestehendes Dreieck sowie auf die innere Oberschenkelmuskulatur.
Der Oberkörper ist gerade über dem Becken aufgerichtet. Ob alles stimmt, spürt man. Der richtige Sitz fühlt sich stabil und sicher an. Außerdem strengt er nicht an. So könnte man Stunden im Sattel verbringen. Nun zu Brustkorb und Kopf. So kontrollieren Sie Ihre richtige Position: Den Oberkörper zurücknehmen, bis die Gesäßknochen senkrecht stehen. Dann den Kopf entspannt hochnehmen. Nicht arrogant die Nase in die Luft recken oder verschämt zu Boden starren,sondern den Blick geradeaus richten und mit den Augen die Umgebung erfassen. Die Schultern senken sich unterdessen entspannt in Richtung Becken. Das setzt einen wohltuenden Prozess in Gang: Das Gewicht der Arme verteilt sich über den Rücken, der Brustkorb wölbt sich und stützt die Schulterpartie.
Wohltuender Prozess
Gleichzeitig erhöht sich der Druck auf die Gesäßknochen. Das gibt mehr Stabilität. „Der Reiter sitzt gestreckt, aber ohne Anspannung“, so Dressur-Olym-piasieger Klaus Balkenhol. Entspannt sollten auch die Oberarme sein. Sie hängen etwas vor der Senkrechten herab und liegen leicht am Körper des Reiters an. Das geht meist wie von selbst. Die ideale Winkelung der Unterarme erfordert allerdings Übung. „Dabei muss die Unterseite der Unterarme mit der Außenkante der Hände und den Zügeln in einer geraden Linie zum Pferdemaul führen“, erklärt Balkenhol. So bleibt der Reiter in den Schultern beweglich. Eigentlich ganz leicht, wenn man eine korrekte Handhaltung einhält. „Die zur hohlen Faust geschlossenen Hände immer aufrecht stellen. Eine Handbreit auseinander und eine Handbreit über dem Widerrist. Der Reiter sollte etwas in die Hände hineinschauen können und in den Handgelenken beweglich bleiben“, erklärt der Olympiasieger.
Der federnde Absatz
Von der Hüfte aufwärts ist nun alles bestens, doch zum perfekten Reitersitz gehören auch die unteren Partien. Angefangen mit den Oberschenkeln, deren Innenseiten flach und gefühlvoll am Sattel anliegen. „Man nimmt sie etwas zurück. Und zwar so weit, wie es sich mit einer gleichmäßigen Gewichtsverteilung vereinbaren lässt“, erklärt Balkenhol. Dieser Punkt ist einfach zu erkennen: Wer ihn verfehlt, kippt mit dem Oberkörper nach vorne.
Bei der exakten Positionierung der Unterschenkel hilft ein Blick auf den Sattelgurt. Die Unterschenkel liegen in der Grundposition kurz dahinter und ruhen sanft auf dem Pferdebauch. Eine weitere Orientierungshilfe: Die leicht am Sattel anliegenden Knie sind so gewinkelt, dass sich die Füße des Reiters unter seinem Schwerpunkt befinden. Also unterhalb der Hüfte. Die Füße ruhen parallel zum Pferdekörper und sind so platziert, dass der Bügel kurz vor der breitesten Stelle des Fußballens liegt. Das Fußgelenk bleibt beweglich. Der Absatz wird erst bei Bewegung des Pferdes zum tiefsten Punkt des Reiters. „Der Absatz muss auf und ab federn. Sonst kann man die Bewegungen des Pferdes nicht ausgleichen“, weiß Balkenhol.