Deutschlandweit verschwinden immer mehr Sättel. Das kann nur eins bedeuten: Der Sattelklau geht um. Die Chance, sie wiederzubekommen, ist gering. Darum sollten Sie Vorsicht walten lassen und sich richtig absichern. Wir verraten Ihnen, wie das geht.
Sie kamen in der Nacht durch das Fenster einer Pferdebox, weil das Tor zur Stallgasse verriegelt war. Was sie hinterlassen haben? Chaos in der Sattelkammer und Fassungslosigkeit bei den Betroffenen. Die Tür der Sattelkammer steht offen, das Schloss liegt aufgebrochen auf dem Boden. Dort, wo eigentlich die Sättel hängen sollten, herrscht gähnende Leere. Die Schränke sind eben- falls aufgebrochen, vereinzelt liegen Sattelschoner, Schabracken oder Trensen auf dem Fußboden – von den Sätteln weit und breit keine Spur. Damit hat niemand gerechnet, denn so ein Einbruch passiert doch nur bei anderen. Oder? Dass dem nicht so ist, mussten in diesem Jahr bereits immer mehr Stallbetreiber erkennen. Ob in Bayern oder im hohen Norden Schleswig-Holsteins – die Satteldiebe sind deutschlandweit unterwegs.
Ein Fall für die Polizei
Nachdem sich der erste Schock gelegt hat, sollten Sie sofort die Polizei verständigen, rät Karina Schulter vom Polizeipräsidium des Landes Brandenburg mit Dienstsitz in Eberswalde beim Landeskriminalamt. „Wir empfehlen, Anzeige zu erstatten“, sagt sie. „Aufnahmen von dem entwendeten Sattel und Sattelzubehör, und vor allem die Übermittlung von individuellen Nummern be- ziehungsweise Kennzeichnungen sind für die Ermittlungen und auch bei der Feststellung und Sicherstellung gestohlener Sättel sehr hilfreich und erforderlich.“ Außerdem darf dabei nicht vergessen werden, dass eine Sattelkammer nach einem Diebstahl automatisch zum Tatort wird und deshalb möglichst nichts angefasst oder verändert werden sollte. Aber auch das ist keine Garantie, und letztendlich entscheidet meist der Zufall darüber, ob ein gestohlener Sattel gefunden wird: Bei Verkehrskontrollen können Fahrzeuge mit gestohlenen Sätteln gefiltert werden, das ist allerdings eher die Seltenheit. Die Sättel durchlaufen dann die Datenbank der Polizei, und passt der Fund zu einem gemeldeten Diebstahl, bekommen die Geschädigten den Sattel zurück. Zur besseren Zuordnung können Sie Ihren Sat- tel mit Individualmerkmalen kennzeichnen. Deutlich markierte Sättel sind schwieriger zu verkaufen und einfacher zu identifizieren. Somit könne eine Sattelcodierung ein einfaches Mittel der Prävention sein. „Die Polizei in Brandenburg bietet keine Sattelcodierung an“, sagt Karina Schulter. „Aber andere Institutionen stellen solche Möglichkeiten zur Verfügung. Ein Beispiel wäre der Landesverband Berlin-Brandenburg, der solche Kennzeichnungen über das Reitsportcenter Hofschild vermittelt.“ Für den Sattelbesitzer wesentlich einfacher ist die Nutzung sogenannter künstlicher DNA. „Diese Markierung ist für Wertgegenstände aller Art anwendbar“, so die Sprecherin des Polizeipräsidiums Brandenburg. „Entsprechende Sets sind bei verschiedenen Anbietern zu erwerben. Im Rahmen des Konzepts zur kommunalen Kriminalitätsverhütung unterstützen mehrere Kommunen im Land Brandenburg ihre Bürger bei der Beschaffung und Anwendung. Findet die Polizei bei einer Kontrolle einen derart markierten Gegenstand, so kann dieser leichter seinem rechtmäßigen Eigentümer zugeordnet werden.“ Trotzdem ist es wichtig, direkt zu Beginn eine Anzeige bei der Polizei zu machen, weil nur in diesem Fall am Ende die Versicherung zahlen wird.
Wer zahlt wann?
Grundsätzlich ist ein Sattel über die Hausratversicherung mitversichert. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass er regelmäßig mit nach Hause genommen wird. Er darf vorübergehend im Stall untergebracht werden, solange sich dieser Zeitraum auf maximal drei Monate begrenzt. Auf Nummer sicher gehen Sie allerdings nicht mit einer Standard-Hausratversicherung, sondern über spezielle Klauseln für einen Versicherungsschutz für Sättel.
Mehrere Versicherungen bieten solche Zusätze an. Dadurch wird der Sattel dann aber in der Regel nur bei einem Einbruchdieb- stahl versichert. Heißt konkret: Er muss sich entweder in einem abgeschlossenen Sattelschrank oder einer abgesperrten Sattelkammer befinden. In der Theorie klingt das ganz einfach, allerdings kann es trotzdem zu Streitfragen kommen. Ist beispielsweise die Stallgasse abgeschlossen, die Schränke und Kammern aber nicht, reicht das nicht aus. Eine Stallgasse hat meist offene Fenster, die es den Einbrechern leicht machen können, in das Gebäude zu gelangen. Auch sollten die Schlösser so konzipiert sein, dass sich im Zweifelsfall Einbruchsspuren auf ihnen finden lassen. Andernfalls müsste der Einbruch durch Zeugen belegt werden.
Auch ist Vorsicht geboten, wenn der Sattel den Stall verlässt. Befindet er sich dann in einem Auto, dass auf offener Straße steht, ist er in den gängigen Hausratversicherungen nicht mitversichert. Trotz zusätzlicher Sattelversicherung würde bei einem dortigen Verlust die Versicherung nicht aufkommen. Neue Sättel werden bei jeder Versicherung zum Neuwert ersetzt, bei gebrauchten Sätteln gibt es Unterschiede: Einige erstatten den Neuwert, andere den Wiederbeschaffungswert.
Richtig versichern
Um den Sattel bei der Versicherung anzumelden, kann entweder die Rechnung oder ein Foto des Sattels eingeschickt werden. Mehrheitlich wird der Wert des Sattels für die Beitragsberechnung herangezogen. Sollen mehrere Sättel in die Versicherung eingeschlossen werden, müssten Sie jeden einzeln auflisten und bei Verkauf oder Neuanschaffung dies der Versicherung umgehend mitteilen. Manche Versicherungen verlangen die Angabe, in welchem Stall der Sattel untergebracht ist. Auch hier müssten Sie sich an Ihre Versicherung wenden, sollten Sie den Stall wechseln.
Was geschieht allerdings, wenn keine Satteldiebstahlversicherung vorhanden ist? Kann dann der Stallbetreiber in die Verantwortung genommen werden? Nein, denn der Stallbetreiber stellt nur den Raum zur Verfügung. Er muss eine sichere Unterbringung nicht garantieren. Die Möglichkeit besteht dennoch in einer Inhaltsversicherung, in welcher der Stallbetreiber fremdes Eigentum mitversichern kann. Ein sehr viel höherer Versicherungsbetrag würde dabei allerdings auf ihn zukommen.
Vorsorge statt Nachsorge …
… lautet die Lösung. Damit es nämlich erst gar nicht zum Einbruch kommt, kann im Voraus einiges getan werden: Bei der Planung einer Sattelkammer sollte überlegt werden, ob Fenster unbedingt notwendig sind. Hat die Sattelkammer kein Fenster, haben die Einbrecher eine Chance weniger einzusteigen. Hat sie ein Fenster, sollten Sie auf die Qualität achten. Auch die Tür muss unter die Lupe genommen werden: „Türen und Fenster sind gegen Einbruch zu schützen“, so Karina Schulter. „Der Raum sollte mit einer geprüften, einbruchhemmenden Tür nach mindestens DIN EN 1627 Klasse RC 2 gesichert sein. Alternativ kann die Tür, wenn es die stoffliche Beschaffenheit zulässt, ertüchtigt werden. Die Nachrüstung sollte mit geprüften Zusatzsicherungen nach DIN 18104, Teil 1, erfolgen, beispielsweise mit Zusatzkastenschlössern und Bändersicherungen.“ Dasselbe treffe auch für eventuell vorhandene Fenster zu, bei denen zusätzlich für einen Einblickschutz gesorgt werden müsse. Außerdem kann auch eine elektronische Sicherung installiert werden, zum Bei- spiel eine Einbruchmeldeanlage. Diese sendet bei einem Einbruch ein stilles Signal an eine Alarmempfangsstelle, die wiederum den Stallbetreiber und gegebenenfalls die Polizei informiert. Diese Variante bietet sich besonders bei sogenannten Offenställen an. „Da Pferde- und Reiterhöfe meist außerhalb von Städten und Gemeinden liegen, bieten sie potenziellen Tätern gute Deckungsmöglichkeiten und wenig Entdeckungsrisiko“, sagt Karina Schulter. „Generell steigen die Satteldiebstähle im Vergleich zu den Vorjahren an, jedoch bewegen sie sich im Gesamtvergleich der Diebstahlszahlen auf weiterhin niedrigem Niveau.“ Lassen Sie also am besten Ihren Sattel codieren oder wenden Sie künstliche DNA an. Denn eine zusätzliche individuelle Kennzeichnung, gleich welcher Art, kann Täter abschrecken – zumal selbst bei dem Versuch mit einer Strafe gerechnet werden muss. Und diese kann von einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und zehn Jahren reichen.
Text: Jessica Classen und Sabine Brückner, Bild: Fotolia, Alexey Novikov