Natürliche Muckibude:

Das Reiten im Galopp wirkt sich auf den ganzen Körper des Pferdes aus. Diese ­Effekte können auch gezielt genutzt ­werden.

▷ Die Muskulatur

Im Galopp werden verschiedene Muskelgruppen intensiver als bei der Schritt- und Trabarbeit trainiert. Pferde, die losgelassen und physiologisch galoppieren und relativ häufig in dieser Gangart trainiert werden, sind meist auch gut bemuskelt. Die Galopparbeit kann zum Beispiel den Trainingszustand des Hauptrumpfträgers (M. serratus ventralis) verbessern, wenn dieser im Trab bereits auftrainiert wurde. „Dadurch kann dieser seine Stoßdämpferfunktion immer besser erfüllen und das Pferd wird sich noch mal optisch und möglicherweise sogar messbar ‚im Widerrist anheben‘“, schreiben Katharina Möller und Claudia Weingand. Galopparbeit kann zu einer verbesserten Rückenlinie führen, da die Bauchmuskulatur trainiert wird. Die Bauchmuskeln sind nicht nur Träger der Bauchorgane, sondern auch Beuger der Wirbelsäule. So sind sie am Aufwölben des Rückens sowie am Abkippen des Beckens beteiligt. Sie können als Unterstützer des Rückens angesehen werden. „Die Bauchmuskeln sorgen für eine Beugung der Wirbelsäule und sind besonders aktiv in der Biegung sowie im Galopp“, betonen unsere Expertinnen. „Eine ungünstig ge­wordene Rückenlinie wird nur besser, wenn die Gegenspieler der Rückenmuskulatur, also die Bauchmuskeln, auftrainiert werden.“

▷ Der Rücken

Im Galopp bewegen sich Pferde mit deutlich mehr Rückenbewegung, weshalb die Galopparbeit helfen kann, die Wirbelsäule zu mobilisieren sowie Verspannungen des gesamten Rückens bis zum Kreuzbein zu lösen beziehungsweise vorzubeugen. „Spannend ist, dass Bauch- und Rückenmuskeln aber vorwiegend stabilisierende und bewegungsbegrenzende Eigenschaften haben und eben nicht größere Rumpfbewegungen ermöglichen sollen“, sagen Katharina Möller und Claudia Weingand. Die Wirbelsäule wird ­zudem durch Muskelaktivität stabilisiert. So verhindert der aktive gerade Bauchmuskel (M. rectus abdominis ), dass der Rumpf zu stark in Richtung Senkrücken in die Streckung kommt. Der lange Rückenmuskel sowie der gerade Bauchmuskel sind häufig gleichzeitig aktiv. Dennoch kommt es auch im Galopp zu einer gewissen Bewegungsbegrenzung der Wirbelsäule: „Je höher die Geschwindigkeit, desto höher die Aktivität der stabilisierenden Rumpfmuskulatur und desto geringer die Rückenbewegung“, so unsere Expertinnen.

▷ Der Kopf

Wie sieht es mit der Kopfbewegung im Galopp aus? Physiologischerweise zeigt das Pferd eine gewisse Nickbewegung. Beim Auffußen des inneren Vorderbeins werden Kopf und Hals abgesenkt, wodurch der Rumpfträgermuskel (M. serratus ventralis thoracis) mit seinen beiden Anteilen unter eine höhere Zugspannung gerät. Das fördert zum einen dessen Stoßdämpferfunktion und wirkt zum anderen der Schwerkraft entgegen. Galopparbeit kann für eine schöne Oberlinie sorgen, da der große Oberhalsmuskel (M. Splenius) aktiv ist. Beim Abfußen der Vorderhand kommen Kopf und Hals wieder nach oben. „Diese Kopf-Hals-Bewegung im Galopp muss insbesondere beim jungen Pferd unbedingt durch genügend lange Zügel sowie eine korrekte Hand- und Armhaltung des Reiters zugelassen werden, denn das noch nicht so weit ausgebildete und weniger trainierte Pferd braucht diese unbedingt für die Funktionalität des Rumpftrageapparats“, betonen Katharina Möller und Claudia Weingand. Je besser dieser trainiert und je weiter ein Pferd ausgebildet sei, desto weniger brauche es noch eine Nickbewegung im Galopp. Im versammelten Galopp eines ausgebildeten Pferdes solle keine mehr erkennbar sein.

▷ Das Knie

Galopp ist Quadrizepstraining. Der M. quadri­ceps femoris wird auch als „Hüter des Knies“ bezeichnet. Schauen wir uns das Knie des Pferdes genauer an: Es besteht aus zwei Gelenken. Wie ein Schlitten gleitet die Kniescheibe ( Patella) über die knorpelüberzogene Gelenkfläche des Oberschenkelknochens (Femur). „Das Pferd hat die Möglichkeit der Patellafixation. Dabei zieht es die Kniescheibe über den medialen Rollkamm des Oberschenkelknochens und kann so ganz ohne weitere Hosenmuskel- und Quadrizepsspannung ermüdungsfrei stehen“, erklären ­Katharina Möller und Claudia Weingand. Während dieser typischen Ruhehaltung werde das andere Hinterbein entlastet. Probleme mit der Kniestabilität oder der Patella­entriegelung können durch einen schwachen Quadrizeps begünstigt werden. Im Galopp ist der M. quadriceps femoris wechselnd mit allen vier Anteilen aktiv. Das Quadrizepstraining im Galopp trägt daher auch zur Gesundheit des Knies bei.

▷ Die Atmung

Im Galopp sind die Atemzüge des Pferdes mit der Zahl der Galoppsprünge identisch. Die Atemfrequenz steigt daher mit der Geschwindigkeit. Unsere Expertinnen erklären, wie sich die Atmung im Galopp gestaltet: „Beim Einsprung in den Galopp kommt es zur Einatmung. Der Brustraum erweitert sich, das Zwerchfell kontrahiert, die Rippen entfernen sich voneinander, die Darm­eingeweide verlagern sich nach hinten und schaffen Platz im Brustraum.“ Kopf und Hals kommen in der vorderen Einbeinstütze etwas tiefer, die Bauchmuskulatur kontrahiert. Das Pferd atmet aus. Auch die Beizäumung spielt eine Rolle, denn nur wenn sich die Nase des ­Pferdes deutlich vor der Senkrechten ­befindet, sind die oberen Atemwege frei. „Wird das Pferd in Beizäumung geritten, kommt es zu einer gewissen Strömungsverengung im Bereich des Kehlkopfes“, sagen Katharina Möller und Claudia Weingand. ­Besonders kritisch zu sehen sei das Reiten mit der Nase hinter der Senkrechten, weil es die ­Sauerstoffaufnahme wesentlich einschränke. Achten Sie ­insbesondere bei längeren Galoppstrecken darauf, dass Sie den Pferdehals nicht durch eine zu starke Einwirkung mit der Hand komprimieren.

 

Übungen: 

1. Galopp-Trab-Übergänge auf der Wechsellinie

Grundvoraussetzung für diese Übung ist, dass Galopp-Trab-Übergänge auf der ­Zirkellinie bereits gut gelingen.

▷ Trainingseffekte:

Sie wechseln bei dieser Übung sowohl fortlaufend die Hand als auch ­zwischen Trab und Galopp sowie ­zwischen Rechts- und Linksgalopp.

Dazu müssen Sie Ihr Pferd immer wieder aus dem Sitz heraus umstellen und die Schenkel umlegen.

Ziel ist das Geraderichten des Pferdes, aber auch des Reiters.

Die Übung kann helfen, Fehlern wie dem Ausfallen des Pferdes über die äußere Schulter oder dem Ein­knicken des Reiters in der inneren Hüfte ­entgegenzuwirken.

Durch die ständigen Wechsel werden Aufmerksamkeit, Timing und Koordination gefördert.

Gleichzeitig verbessern die Übergänge die Losgelassenheit.

Das Pferd wird animiert aufzupassen und mitzuarbeiten.

▷ Vorbereitung:

Zunächst reiten Sie „Durch die ganze Bahn“, wechseln mehrfach im Trab. Dabei reiten Sie die Ecken korrekt aus und achten darauf, die Wechselpunkte exakt zu treffen. Das ist wichtig, damit Sie die Galoppübergänge später mit Ruhe vorbereiten können.

Richten Sie Ihren Blick geradeaus, peilen Sie die Punkte durch die Ohren Ihres Pferdes an und bleiben Sie konzentriert.

Den Wechselpunkt (zum Beispiel M) verlassen Sie genau dann, wenn sich Ihr Knie neben dem Punkt befindet.

Am gegenüberliegenden Punkt (in ­diesem Fall K) soll das Pferd wieder auf dem Hufschlag sein, wenn Ihr anderes Knie neben dem Buchstaben ist.

Zur optischen Unterstützung können Sie sich vier Pylonen aufstellen, und zwar jeweils neben die Wechselpunkte M, K, H und F. Reiten Sie exakt zwischen den Pylonen und der Wand entlang und kommen Sie lieber etwas vor dem Wechselpunkt an der Bande an als zu spät.

Nun nehmen Sie den Galopp hinzu.

▷ Galopparbeit:

Traben Sie in einem kontrollierten Tempo. Wenn Sie ein gutes Gefühl ­haben, wenden Sie auf die Wechsellinie ab und galoppieren kurz vor Erreichen des Hufschlags an.

Galoppieren Sie weiter die kurze Seite entlang bis kurz vor den nächsten Wechselpunkt.

Dort parieren Sie wieder zum Trab durch und wenden auf die nächste Wechsellinie ab.

Halten Sie Ihr Pferd gerade und stellen Sie es erst zwischen X und dem nächsten Wechselpunkt um, um dort vor Erreichen der Bande erneut ­anzugaloppieren.

2. Volten kreativ genutzt

Durch die Länge der Bahn ist eine häufig viel zu selten gerittene Hufschlagfigur. In Kombination mit Volten und Galopparbeit kann diese Übung für Abwechslung und positive Trainingseffekte sorgen.

▷ Trainingseffekte:

Durch den Wechsel zwischen ­gebogenen und geraden Linien ­können Sie Ihre Hilfengebung ­trainieren und verfeinern.

Gleichzeitig wird auch das ­Wechselspiel zwischen ventraler und dorsaler Muskelkette des Pferdes ­gefordert, was eine ideale Vorbereitung für ein gutes, geschlossenes Angaloppieren darstellt.

Mit dieser Übung können Sie Ihr Pferd nach und nach (noch) besser schließen.

Das Zusammenspiel zwischen inneren und äußeren Hilfen wird verbessert.

Insgesamt ist die Übung eine Hilfe auf dem Weg zu einem guten Galopp.

▷ Vorbereitung:

Zunächst wechseln Sie immer wieder durch die Länge der Bahn im Schritt, dann im Trab.

Achten Sie darauf, das Sie und Ihr Pferd gerade auf der Linie zwischen A und C bleiben.

Wenden Sie am Ende der Mittellinie mal auf die linke und mal auf die rechte Hand ab.

Stellen Sie zwei Tore aus Pylonen auf die Verbindungslinie zwischen den beiden Zirkelpunkten.

Nehmen Sie die Volten hinzu, indem Sie zum Beispiel vom ersten Pylonentor eine Volte nach rechts zwischen Pylone und Zirkelpunkt reiten.

Dann geht es weiter geradeaus die Mittellinie entlang.

Eine zweite Volte reiten Sie am zweiten Pylonentor – diesmal nach links – und ebenfalls zwischen Pylone und ­Zirkelpunkt.

Anschließen reiten Sie weiter durch die Länge der Bahn.

▷ Galopparbeit:

Klappen die Volten im Trab, nehmen Sie den Galopp hinzu. Dazu galoppieren Sie nach dem Abwenden nach C im Handgalopp an. Dabei kommt es darauf an, ob Sie jeweils nach links oder rechts abwenden.

Dann galoppieren Sie die lange Seite entlang in Richtung A.

Vor der nächsten Ecke parieren Sie zum Trab durch und reiten tief in die Ecke.

Wenden Sie auf die Mittellinie ab und beginnen Sie mit den Volten, wie oben beschrieben.

Achten Sie darauf, wirklich runde Volten im Wechsel mit kerzengeraden Strecken auf der Mittellinie zu reiten.

Bei Erreichen der kurzen Seite wenden Sie dann in die andere Richtung ab und galoppieren in der Ecke an.

Der Trab bleibt zwar die Hauptgangart dieser Übung, aber durch die Über­gänge und die Handwechsel kommt das Galopptraining nicht zu kurz.

Als Variation können Sie auch zwei Volten reiten: Dazu müssen die einzelnen Volten zunächst gut sitzen. Dann reiten Sie bei den beiden Pylonentoren zwei Volten hintereinander, also eine Acht zwischen den beiden Zirkelpunkten.

 

3. Seitwärts macht stark

 

Bereits in der Grundausbildung des Pferdes kann die Kombination zwischen Schenkelweichen und Galopp helfen, den Galopp besser zu schließen und die weitere Dressurausbildung vorzubereiten.

▷ Trainingseffekte:

Diese Übung mobilisiert das Pferd und fördert die Konzentration.

Über die Bauchmuskeln (den musculus pectineus) sowie die Adduktoren werden wichtige Strukturen trainiert, die für die zukünftige Versammlung wichtig sind. Diese erfolgt schrittweise.

Das Schenkelweichen kann je nach Ausbildungsstand und Zweck steiler oder flacher ausfallen. Durch das Kreuzen wirkt es besonders mobilisierend, wenn Sie steiler, also vermehrt seitwärts, zur Bande reiten und den Hufschlag etwa an der Mitte der langen Seite erreichen.

Gerade bei jungen oder noch nicht so weit ausgebildeten Pferden könne Sie es flacher anlegen und so die Aufgabe leichter gestalten, was motivierend wirkt. Hierbei muss das Pferd ­weniger stark kreuzen. Daher fällt es ihm ­leichter, im Fluss zu und vor den Hilfen zu bleiben.

▷ Vorbereitung:

Reiten Sie die Übung zunächst im Schritt und dann im Trab, bis Sie sich mit ihr vertraut gemacht haben und sich sicher für den Galopp fühlen. Es ­ist nicht schlimm, wenn Sie dazu etwas Zeit brauchen.

Beginnen Sie von der Viertellinie aus, indem Sie nach A oder C auf diese ­abwenden und zunächst einfach ­geradeaus bis zum Erreichen des ­Hufschlags der gegenüberliegenden kurzen Seite reiten.

Damit Ihr Pferd nicht schwankt, müssen Sie es mit beiden Schenkeln und Zügeln seitlich entsprechend gut einrahmen.

Manchmal hilft es, etwas zuzulegen, um ein Schwanken zu vermeiden oder auszugleichen. Überfallen Sie Ihr Pferd dabei aber nicht mit Ihren Hilfen.

Als Nächstes gehen Sie auf die rechte Hand und wenden auf die Viertellinie ab. Dann lassen Sie den rechten Schenkel nach links in Richtung Bande weichen, und zwar bis zum Erreichen des Hufschlags.

Wenn Sie von der linken Hand ­kommen, lassen Sie entsprechend den linken Schenkel nach rechts zur Bande ­weichen.

Das Pferd sollte in sich selbst gerade bleiben, wobei jedoch eine leichte Stellung des Genicks entgegen der ­Bewegungsrichtung zum Schenkel­weichen dazugehört.

Der Halsansatz des Pferdes bleibt dabei in jedem Fall stabil mittig vor dem Rumpf.

Mit dem treibenden Schenkel wirken Sie rhythmisch im Takt vorwärts-seitwärts, ohne zu quetschen. Benutzen Sie dazu die flache Wade und nicht den Absatz.

▷ Galopparbeit:

Sie können den Galopp dazunehmen, wenn die Übung auf beiden Händen im Trab gut klappt.

Beginnen Sie auf der rechten Hand im Trab und reiten Sie das Schenkelweichen von der Viertellinie aus. Bei Erreichen des Hufschlags galoppieren Sie aus der Seitwärtsbewegung heraus nach vorne an.

Falls Sie den inneren Schenkel zum Schenkelweichen leicht zurückgenommen haben, achten Sie beim Angaloppieren darauf, ihn für die Galopphilfe nach vorne gleiten zu lassen.

Beim Angaloppieren geben Sie mit dem inneren Zügel weich nach.

An der folgenden langen Seite können Sie auch mal die Zügel aus der Hand kauen lassen und so eine andere ­Halslänge reiten.

Ebenso können Sie zwischen verschiedenen Sitzformen wechseln, zum Beispiel zwischen Leichttraben und Aussitzen im Trab oder leichtem Sitz und Aussitzen im Galopp.

Am Ende der nächsten langen Seite parieren Sie Ihr Pferd wieder durch zum Trab.

Die Übung können Sie so einige Male gleichmäßig auf beiden Händen ­wiederholen. Achten Sie darauf, dass Ihr Pferd immer flüssig und mit aktivem Hinterbein anspringt.

Als Steigerung reiten Sie das ­Schenkelweichen im Schritt und bauen Schritt-Galopp- und Galopp-Schritt-Übergänge ein.

Text und Bild: Aline Müller

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