Nass, kalt und dunkel – so zeigt sich der Winter an manchen Tagen. Hat man dann noch einen klassischen 9-to-5- Job, wird es schwierig mit romantischen Ausritten in der Abendsonne. Wir zeigen Ihnen, wie Sie das Training trotzdem ab- wechslungsreich gestalten können und Sie Heißsporne unter dem Sattel vermeiden
In den Wintermonaten verwandeln sich einige Pferde in Energiebündel, die sowohl unter dem Sattel als auch an der Hand schwer zu handeln sind. Und das kann gefährlich werden. Das liegt mitunter an den kalten Temperaturen – aber nicht etwa, weil Pferde dadurch mehr Energie bekommen, sondern weil sie einfach weniger rauskommen und sich dadurch weniger bewegen. So kann der gemütliche Schritt-Ausritt schnell zum Rodeo werden. Natürlich spielt auch die Fütterung eine wichtige Rolle. Werden Pferde weniger bewegt – egal ob es am reduzierten Weidegang oder am mangelnden Training liegt –, benötigen sie einfach weniger Kraftfutter. Auch Rasse, Alter und der individuelle Bewegungsbedarf des Tieres fließen in das Winter-Verhalten ein. Damit es nicht zu gefährlich für Reiter und Pferd wird, muss das Tier zwingend aufgewärmt werden, bevor es bewegt wird. Dabei ist es egal, ob es auf die Weide, zum Training oder zum Spaziergang ausgeführt wird.
Gefahren im Winter
Damit es nicht zu Verletzungen kommt, muss das Pferd vor allem in den kalten Monaten sorgfältig aufgewärmt werden. Besonders zu dieser Zeit kommen Sehnen- und Bänderverletzungen oft vor. Die Ursache ist meist die zu kurze Aufwärmphase oder das unkontrollierte Bewegen des Tieres, beispielsweise beim Laufenlassen in der Halle. Matschige Paddocks oder nasse Böden tun ihr übriges, vor allem, wenn diese im Winter frieren. Wer also bei Bodenfrost auf Nummer sicher gehen möchte, zieht den Paddockboden am besten noch vor dem angekündigten Frost gerade. So friert der Boden gleichmäßiger und schont die Pferdebeine.
Richtig aufwärmen
Aufwärmen schützt das Pferd vor Verletzungen. Vor allem, wenn die Tiere mehr Zeit in der Box verbringen, sind die Bänder und Sehnen steifer als in der Zeit, in der die Pferde den ganzen Tag auf der Weide verbringen. Für die Aufwärmphase gibt es viele Möglichkeiten. Während Laufbänder und Führmaschinen nur das Pferd aufwärmen, können Warmführen und Bodenarbeit den Reiter gleichzeitig lockern. Für den Sitz, die Muskulatur und das eigene Verletzungsrisiko ist diese Variante ebenfalls präventiv. So kann auch der Reiter seine Bewegungen besser wahrnehmen, und die Bewegungen werden geschmeidiger.
Beim Aufwärmen muss die Quantität der ruhigen Bewegungen stimmen. So sollten sich Tiere am Tag mindestens anderthalb bis zwei Stunden im Schritt bewegen. Ausgenommen sind Pferde, die im Aktiv- oder Laufstall leben. Aber Offenstallpferde, Boxenpferde und Tiere, die in Paddockboxen leben, sollten circa so viel bewegt werden. 15 Minuten Schritt vor dem Reiten sollte aber jedes Pferd aufgewärmt werden. Auch vor dem Weide- oder Paddockgang sollte das Pferd aufgewärmt werden.
Training im Winter
In einigen Ställen ist es gang und gäbe, das Pferd vor dem Training im Winter abzulongieren, damit es dort den Dampf ablassen und sich ausbuckeln kann. Langfristig gesehen ist das aber keine gute Idee, denn auch dann sind Bänder und Sehnen nicht aufgewärmt. Auch kann das Pferd so lernen, dass unkontrolliertes Losstürmen und buckeln nicht nur auf der Weide möglich ist, sondern auch vom Reiter vom Boden aus toleriert wird. Bei gezielten Übungen steigt die Atemfrequenz, die dann wiederum den steigenden Stoffwechselbedarf deckt. Auch der Puls erhöht sich, und das Blut zirkuliert schneller. Die Folge: Die Muskeln werden mit mehr Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, und die Abfallprodukte des Stoffwechsels werden schneller abgebaut. Erst nach dem Aufwärmen kann der Pferdekörper die sportliche Belastung abfedern und Leistung erbringen. Neben all den positiven Änderungen für den Körper wird auch die Mentalität des Pferdes gepusht. So werden durch das Zusammenspiel von Nerven und Muskeln nervöse Spannungszustände abgebaut, und die Leistungsbereitschaft steigt. Die Pferde konzentrieren sich besser, und der Reiter kann im Training die einzelnen Lektionen leichter abrufen.
Kilometerlanges Geradeausreiten vermeiden
Im Winter benötigen Pferde mehr Zeit, um ihren Körper hochzufahren. Das bedeutet konkret: mindestens zehn Minuten, besser noch 20 Minuten am hingegebenen Zügel im fleißigen Schritt reiten. Und dabei bitte nicht nur geradeaus, das langweilt das Tier zunehmend. Verschiedene Hufschlagfiguren, wie durch die Bahn wechseln oder Zirkel, sollten eingebaut werden. Am Ende dieser ersten Schrittphase können erste Lektionen (Unterschiede im Schritttempo oder das Aufnehmen und Aus-der-Hand-kauen-Lassen) durchgeführt werden. Zu solchen Übungen zählen auch Schenkelweichen, Viereck verkleinern oder Seitengänge. Auch sie fördern die Losgelassenheit des Pferdes.
Alternatives Aufwärmen
Eine gute Alternative zum klassischen Warmreiten kann die Handarbeit sein. So lernen (junge) Pferde, sich auf den Menschen zu konzentrieren, auch wenn dieser nicht auf ihrem Rücken sitzt. Hier bietet es sich an, das Pferd aus der langsamen Bewegung heraus in die Seitengänge zu schicken. Auch Halten oder Rückwärtsrichten sind geeignete Übungen. Der Rücken des Tieres wird so ohne Reitergewicht aufgewärmt und für das Training vorbereitet.
Ist das Pferd aufgewärmt, folgen die anderen Gangarten: Leichttraben im ruhigen Arbeitstempo, viele Handwechsel und Übergänge. Der Galopp darf etwas frischer sein und auf großen, gebogenen Linien stattfinden. Diese Lösungsphase muss unbedingt beachtet werden, erst dann sollte mit dem eigentlichen Training begonnen werden. Diese Phase dauert meist noch mal zehn bis 15 Minuten und hängt von einigen Faktoren ab. Junge und untrainierte Pferde sind nach der Aufwärm- und der folgenden Lösungsphase meist bereits fertig mit dem Training, ältere Pferde benötigen meist eine längere Aufwärmphase. Bei ihnen darf die Arbeitsphase aber dann deutlich kürzer ausfallen. Egal welches Pferd bewegt wird, das Reiten sollte immer auf die Koordination und das Können des Pferdes angepasst werden. Auch die Tagesform ist entscheidend.
Leichter abschwitzen
Ist die Arbeitsphase beendet, darf das Cool-down in keinem Fall fehlen. Mindestens 15 Minuten sollte dies dauern, damit sich Atmung, Pulsfrequenz und Blutdruck beruhigen können. Außerdem ist diese Phase dazu da, die Stoffwechselsituation der Muskulatur zu verbessern und Muskelkater vorzubeugen. Lassen Sie das Pferd in Dehnungshaltung locker austraben und reiten Sie schließlich am hingegebenen Zügel Schritt. Natürlich kann das Abwärmen auch ohne reiten, dafür mit führen ersetzt werden. Einfach den Gurt lockern oder den Sattel ganz abnehmen und eine Abschwitzdecke auflegen.
Text: Redaktion Foto: imago images