Sie möchten mit Ihrem Pferd auf vertrauensvoller Ebene kommunizieren und es ebenso reiten? Dann brauchen Sie positive, aber auch klare innere Bilder. Warum jeder Gedanke so kraftvoll ist und wie innere Bilder entstehen, erklärt die klassische Ausbilderin Nicole Künzel

Vorstellungskraft ist die Vorschau auf die kommenden Attraktionen des Lebens“, sagte Albert Einstein. Sie haben es in der Hand, wie Sie Ihr Leben und Ihre Beziehungen gestalten. Starke innere Bilder und positives Denken entstehen nicht aus einem positiven Gedanken am Tag oder hin und wieder mal bewusst wahrgenommenen Wünschen. „Ein inneres Bild ist wie ein Mosaik, es setzt sich im Laufe des Lebens aus vielen kleinen und größeren Steinen zusammen“, sagt Nicole Künzel, die ein eigenes Ausbildungszentrum in Hannover leitet. „Jedes Mosaikbild ist von Mensch zu Mensch verschieden, immer individuell und facettenreich.“ Dabei beinhaltet es sowohl alle prägenden positiven als auch negativen Erfahrungen, die Sie bisher gesammelt haben. Es enthält Träume, Wünsche, Ziele und Hoffnungen, aber auch Ängste. Zudem prägen Ihre Sinneswahrnehmungen das innere Bild.

Wie wir die Welt sehen

„Unsere inneren Bilder sind entscheidend dafür, wie wir sowohl die innere als auch die äußere Welt wahrnehmen, uns persönlich und unsere Umwelt“, erklärt unsere Expertin. „Sie bestimmen unser Denken sowie unser Fühlen und sind ausschlaggebend dafür, wie wir handeln.“ Jeder erfährt seine eigene Sozialisation. Wir werden geprägt durch Eltern, Lehrer, andere wichtige Bezugspersonen und die Gesellschaft mit den jeweiligen Werten und Normen. All das beeinflusst die inneren Bilder. Die Prägung beginnt nicht erst mit der Geburt. „Es wurde nachgewiesen, dass in unserem Gehirn bereits bei der Geburt unendlich viele vorgegebene Nervenzellverschaltungen – aus denen auch innere Bilder bestehen –  ausgebildet vorhanden sind“, betont Nicole Künzel. Auch die Schwangerschaft und die Geburt spielen eine Rolle, doch der richtige Start ins Leben auf dieser Welt ist unsere Kindheit. Hier kann sich entscheiden, ob ein Mensch voller Selbstzweifel, Angst und Wut heranwächst oder jemand freudig, mutig, selbstsicher und stark seinen eigenen Weg geht. Doch wir sind unseren inneren Bildern niemals völlig ausgeliefert. Wir können lernen, negative Gedankenmuster zu durchbrechen und durch positive zu ersetzen.

Prägende Pferdemomente

Erinnern Sie sich an den ersten Kontakt mit Pferden? An Ihre erste Reitstunde, einen bestimmten Trainer oder Vierbeiner, die Ihren Weg begleitet haben? „Auch im Pferdeleben des Menschen gibt es prägende Momente, die aus ihm einen positiven, fairen Reiter oder einen unzufriedenen Reitkauz werden lassen, der all seinen Frust an dem ‚Sportgerät‘ Pferd auslässt oder gar sein mangelndes Ego aufzubauen versucht“, gibt Nicole Künzel zu bedenken und fügt hinzu, dass sich zudem das tägliche reiterliche Umfeld auf die Persönlichkeit auswirke. Es sei wichtig, sich Trainer und Gleichgesinnte zu suchen, die die eigenen Ziele und Ideale hinsichtlich eines pferdefreundlichen Umgangs und Reitens sowohl teilten als auch vermittelten. Nicht zu unterschätzen sind die Sinneswahrnehmungen: Sehen, Hören, Tasten beziehungsweise Fühlen und Riechen oder Schmecken formen die innere Vorstellungskraft. Ein gewisses theoretisches Grundverständnis ist beim Reiten unerlässlich, doch genauso wichtig ist es, beispielsweise eine Lektion wie das Schulterherein korrekt zu erfühlen, einen korrekt durchgesprungenen Dreitakt im Galopp zu hören oder eine leicht und korrekt gerittene Piaffe zu sehen. Vielleicht erinnern Sie sich auch noch an den Geruch Ihres ersten Ponys oder den intensiven Duft nach Heu in einem bestimmten Stall. „Haben wir einmal gelernt, all unsere Sinne und positiven Sinneserfahrungen im Umgang mit dem Pferd einzusetzen, entwickeln wir ein viel intensiveres Gefühl für unseren Körper sowie für unseren Geist“, sagt unsere Expertin.

Das eigene innere Bild finden

Zunächst müssen Sie sich damit beschäftigen, was für Sie selbst und für Ihr Pferd wirklich essenziell ist. Das ist unter Umständen gar nicht so einfach, denn viele Verhaltensmuster und Denkweisen sind seit langer Zeit als Dogmen in Ihrer Reiterei verankert. Am besten nehmen Sie sich ein Blatt Papier und schreiben Ihr Wünsche erst einmal ganz unstrukturiert auf. Anschließend ordnen Sie diese nach Prioritäten. „Hinterfragen Sie, welche Ihnen in diesem Augenblick am allerwichtigsten für sich und Ihr Pferd sind“, rät Nicole Künzel. „Dann folgt die zweite Priorität und so fort.“ Mit dem Aufschreiben und Strukturieren Ihrer Wünsche haben Sie bereits den ersten Schritt hin zu einem positiv denkenden und handelnden Menschen beziehungsweise Reiter getan. Möglicherweise haben Sie dabei auch den ein oder anderen irrelevanten Gedanken verworfen. In jedem Fall erhalten Sie einen besseren Fokus auf das, was Sie wirklich wollen. Wenn Sie nun Ihre Kraft, Aufmerksamkeit und Ihre Emotionen fokussiert auf Ihre Idee lenken können, kann aus Ihrem Wunsch ein inneres Bild werden, mit dem Sie Ihr Ziel erreichen. „Was auch immer Sie notiert haben, Sie können gemeinsam mit Ihrem Pferd erreichen, woran Sie fest glauben, was Sie sich intensiv wünschen und was Sie sich ganz konkret vorstellen“, erklärt die Ausbilderin.

Die eigenen Wünsche erfüllen

Durch die Prioritätenliste haben Sie Ihre Wünsche visualisiert und klar definiert. Nun greifen Sie den ersten Gedanken auf und überlegen, wie der Weg dorthin aussehen könnte. Nehmen wir folgendes Beispiel: Ein Reiter möchte mit seinem Pferd eine schöne, leichte Piaffe reiten. Dabei steht das Pferd leicht an der Hand und bewegt sich tänzerisch. Betrachten wir die Gegebenheiten: Das Pferd ist sechs Jahre alt und es geht ausbalanciert auf beiden Händen im Schritt, Trab und Galopp. Um das Ziel zu erreichen, das heißt, ohne dem Pferd physischen oder psychischen Schaden zuzufügen, muss ein Plan her. Abgestimmt mit dem Ausbilder enthält der Reiter den Weg hin zur erträumten Piaffe. „Er sollte den Körper des Pferdes so aufbauen, dass es wirklich in der Lage ist, diese Lektion in Leichtigkeit auszuführen“, sagt Nicole Künzel. Dabei müsse auch der derzeitige Ausbildungsstand des Reiters beachtet werden. In jedem Fall sei es nicht nur wichtig, das Ziel im Auge zu behalten, sondern auch den Weg dorthin. „All die großen oder winzigen Erlebnisse mit Ihrem Pferd, das Entgegenwiehern, wenn es Sie sieht, die schöne Dehnungshaltung in einer weichen, harmonischen Anlehnung, die es Ihnen anbietet, ein entspannter Ausritt am hingegebenen Zügel und so weiter. Das sind die Schönheiten des Weges“, betont unsere Expertin. Das sind die kleinen Meilensteine, die sich aus dem liebevollen Umgang mit dem Pferd ergeben.

Den Bildern Leben einhauchen

Wenn Sie sich Ihren Wunsch ganz intensiv visualisieren und ihn sich innerlich im wahrsten Sinne des Wortes ausmalen, dann kann er sich zu einem inneren Bild manifestieren. „Hauchen Sie Ihren Bildern Leben ein, indem Sie sie mit Emotionen wie freudiger Erwartung, Liebe und Hingabe füllen“, sagt Nicole Künzel. Das kann die Vorfreude auf einen neuen Trainer sein, der Ihnen bei einer bestimmten Aufgabe weiterhilft, oder die Freude und das Vertrauen darauf, dass es Ihnen gelingt, den gewünschten Weg zu gehen. Wenn all Ihre Sinne offen für neue Erfahrungen sind und Sie nicht durch negative Gedankenmuster blockiert werden, dann sind Sie in der Lage, Gelegenheiten wahrzunehmen und daraus zu lernen. Stellen Sie sich vor, wie ein Magnet zu wirken, der alles anzieht, was Sie sich vorstellen. Ein inneres Bild kann sich nur durch häufiges Wiederholen umformen. Das Stichwort ist Vertrauen, denn je öfter Sie üben, den Fokus auf positive Gedanken zu richten, desto mehr Vertrauen gewinnen Sie in diese Art des Denkens.

Text: Aline Müller    Foto: www.Slawik.com

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