Frische Luft, sich nach Belieben bewegen können und viele Sozialkontakte in der Herde – das brauchen Pferde. Diese natürlichen Bedürfnisse können sie bei der ganzjährigen Freilandhaltung am ehesten ausleben. Doch der Weidegang in den kalten Monaten stellt Pferdehalter vor besondere Herausforderungen. Wie er dennoch gelingen kann, erklärt Haltungs-Expertin Alexandra Jurr.
Eine Weide kommt dem einstigen natürlichen Lebensraum unserer Pferde in vielen Punkten recht nahe. Hier können sie ihre natürlichen Bedürfnisse optimal befriedigen. Die Draußenhaltung stellt jedoch, insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten, viele Anforderungen an den Pferdehalter, um das Wohlbefinden der Tiere zu gewährleisten und zugleich die Flächen in einem ordnungsgemäßen Zustand zu halten.
Dazu zählt zunächst die Wahl des richtigen Standortes. „Für eine Herbst- und Winterbeweidung eignen sich unter Beachtung der Vorgaben aus dem Wasser- und Bodenschutzrecht wenn überhaupt nur Sandböden mit entsprechender Mächtigkeit“, sagt Alexandra Jurr, Unternehmensberaterin für Pferdehaltung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Hier kann das Regenwasser gegebenenfalls abfließen und der Untergrund rascher abtrocknen. „Unter bestimmten Umständen können auch trockene Höhenlagen genutzt werden. Die meisten Böden sind aufgrund der Bodenbeschaffenheit (zum Beispiel hoher Lehmanteil) aber wenig bis gar nicht geeignet“, so die Expertin. Letzteres gilt ebenso für Moore und Marschböden, die eine mangelnde Trittfestigkeit mit oft tiefgründigem Morast aufweisen. Nasse Böden mit großen Löchern werden vor allem nach frostigen Nächten gefährlich, weil sie verletzungsträchtige Kraterlandschaften bilden.
Haben Sie einen der wenigen geeigneten Standorte gefunden, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass – trotz vielleicht idealer Flächenbedingungen – der Boden so stark strapaziert wird, dass die Weide für die nächste Sommersaison teilweise oder sogar komplett ausfällt. „Verhindern lassen sich Narbenschädigungen auf der Pferdeweide in der Regel nicht, was zu Bodenverdichtungen, verringertem Ertrag und Ausbreitung unerwünschter Pflanzen führen kann. Sie können aber unter Umständen durch einen sehr geringen Pferdebesatz auf sehr großer Fläche, regelmäßiges Versetzen von Tränke und Futterraufen sowie regelmäßige Verlagerung des Weideeingangs verringert werden“, erklärt Jurr. Wichtig ist in jedem Fall eine ausreichende Koppellänge. Denn die größten Narbenschäden entstehen beim abrupten Bremsen und Wenden der Tiere, vor allem beim Spielen und Toben.
Winterweide: Die Schäden am Boden sind groß
„Durch eine intensive Pflege sowie ausreichende Samennachsaat in Verbindung mit einer den Pflanzenaufwuchs unterstützenden Düngung und regelmäßiger Kalkung im Frühjahr kann eventuell für einen ausreichenden Zustand und Ertrag der Weidefläche im folgenden Sommer gesorgt werden. An die Qualität und den Ertrag von im Herbst und Winter geschonten Flächen reicht diese jedoch nicht heran. Zudem ist der zeitliche und finanzielle Aufwand enorm hoch. Die Selbstbegrünung à la ‚Das wird schon wieder grün!‘ sollte vermieden werden. Denn darunter leidet unter anderem die qualitative Zusammensetzung der Pflanzengesellschaft“, weiß die Haltungs-Expertin.
Gezielt mit Raufutter zufüttern
In den kälteren Monaten sind zudem die Wiesen bis auf die überständigen Geilstellen meist sehr kurz abgefressen, und dem restlichen Gras fehlt es an Nährstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen. Was die Pferde einen Großteil des Tages fressen, dient ihnen vorwiegend zur Beschäftigung und Befriedigung des Knabberbedürfnisses. Ihren Energiebedarf, der durch den Fellwechsel und die niedrigen Temperaturen stark ansteigt, decken sie mit den kurzen Grashalmen nicht mehr. Auch länger andauerndes schlechtes Wetter zehrt an ihren Reserven. Bei nachlassender Menge und Qualität des Weidegrases laufen die Tiere deshalb Gefahr, unterversorgt zu sein. Je nach Bodenart und Management der Weide wird eine gezielte Zufütterung mit Raufutter also früher oder später notwendig.
„Um die Flächen, aber auch das Raufutter nicht zu sehr zu verunreinigen, sollte das Raufutter in Raufen und nicht auf dem Boden vorgelegt werden. Zur Schonung der Fläche ist, wie bereits zuvor erwähnt, ein regelmäßiger Versatz der Futterstellen notwendig. Das Zufüttern von Raufutter verhindert zudem die Aufnahme von möglicherweise gesundheitsgefährdenden Pflanzen(teilen) in großen Mengen, welche nicht gefressen würden, wenn ausreichend geeignetes Futter vorhanden ist“, so die Unternehmensberaterin. Sollen die Vierbeiner nur stundenweise auf die Koppel, ist es ratsam, sie langsam an den winterlichen Weidegang zu gewöhnen und davor ausreichend Raufutter in der Box zu füttern. Nach einem ausgiebigen Frühstück ist der erste Hunger meist gestillt, Verdauungsstörungen, Hufrehe und anderen Gefahren wird so am ehesten vorgebeugt.
Text: Inga Dora Schwarzer Foto: www.Slawik.com