„Die armen Pferde, die stehen doch nur in ihren teuren Boxen, kommen aber nie auf die Wiese.“ So denken viele beim Anblick exklusiver Reitanlagen. Doch das PRE-Gestüt Schloss Amerang im Chiemgau beweist das Gegenteil. Die Inhaberin des Gestüts, Giulia Baronin von Crailsheim Larisch zeigt, wie artgerechte Haltung funktioniert.

Mein Pferd: Über welche Besonderheiten verfügt die Gestütsanlage?

Giulia Baronin von Crailsheim Larisch: Das Gestüt hat sehr viele Nutzungsmöglichkeiten, von der Halle über den großen Platz, Longierzirkel, endlose eigene Geländewege mit Wasserdurchritten, Solarium, Warmwasserduschen, Memoschaumbetten und im Winter temperiertes Trinkwasser. Was uns besonders wichtig ist: Absolut jedes Pferd, und sei es noch so teuer, hat 24 Stunden das gesamte Jahr hindurch einen sehr großen Sandpaddock (mindestens 150 bis 600 Quadratmeter) mit Dach und Außentränken und frei zugänglicher Weide. Dass in der Stallgasse Perserteppiche liegen und Kristalllüster hängen, erfreut eher den Menschen; abgesehen davon, dass vielleicht die Pferde sich über die gedämpfte Ruhe, das warme Licht und die klassische Musik aus der Sonosanlage freuen.

Was unterscheidet Ihr Gestüt von anderen Luxusställen?

Das Pferd darf Pferd bleiben. Es darf, wenn es das möchte, im Sommer nachts im Sand unterm Sternenhimmel schlafen, es darf galoppieren, wie und wann es möchte. Die Weiden sind außer bei Starkregen niemals geschlossen. Wir gehen zum Wohle der Pferdeseele eben auch das Risiko einer Verletzung ein. Ein Pferd kann von Haus aus mit seinen Beinen umgehen, und wenn es hagelt und stürmt, stellt es sich unter. Wir sollten sie maßlos lieben, aber das bedeutet auch, sie selbst entscheiden zu lassen, was gut für sie ist. Diese Möglichkeit versuche ich Ihnen das ganze Leben hindurch zu geben.

Was war Ihnen bei der Planung und Ausstattung des Gestüts wichtig?

Mir war wichtig, dass alle Pferde am Tag zwischen Sonne und Schatten wählen können, dass die Stallungen lichtdurchflutet sind und viel Holz das Raumklima prägt. Das Wichtigste war und ist aber, dass jedes Pferd rund um die Uhr zwischen großer Box, Paddock und Weide wählen kann. Jedes Stallgebäude ist autark und kann, ohne dass der Mitarbeiter weite Wege hat oder ins Freie muss, bewirtschaftet werden. Dachziegel auf jedem der acht Gebäude und ein gedämmtes Dach waren uns auch enorm wichtig. So ist es im Sommer angenehm kühl, im Winter niemals klamm und bei Regen und Sturm deutlich leiser.

Wie wichtig ist Ihnen das Pferdewohl?

Für mich als Züchter und Pferdefrau von Kinderbeinen an war immer eines klar: Nur ein gesundes, entspanntes und glückliches Pferd kann Leistung bringen. Das ist bei den Tieren nicht anders als bei uns Menschen. All das gehört berücksichtigt. Ich kann es nicht nachvollziehen, wie man als Reiter Freude an einem Tier haben kann, das nicht glücklich und entspannt ist. Und das ist es, wenn man es hält wie einen Häftling im Käfig und eine Stunde herausholt, um Leistung zu erbringen. Ich frage mich oft, welches Brett viele Reiter vor dem Kopf haben. Sie kämen auch nie auf die Idee, ihren Hund den ganzen Tag in eine Transportkiste zu sperren, ihn dort zu zwingen, seine Notdurft zu verrichten und dann anzunehmen, er freue sich über sie, wenn er eine Stunde am Tag herausgeholt wird, um mit Maulkorb an der Leine Gassi zu gehen. Also, liebe Pferdefreunde: Mut zur echten Pferdeliebe!

Interview: Inga Dora Schwarzer     Foto: Gestüt Schloss Amerang

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