„Ich meine, dass, solange ein Pferd geritten wird, auch das Schulterherein erforderlich ist“, sagt Claus Penquitt, Gründer der Freizeitreit- Akademie. Anhand seiner Ausbildungsmethode und der praktischen Übungen lernt auch Ihr Pferd diesen wichtigen Seitengang

Das Schulterherein geht zurück auf den Reitmeister François Robichon de la Guérinière. Er beschäftigte sich eingehend mit der systematischen Schulung des Pferdes mittels gymnastischer Lektionen und stellte fest, dass die zu seiner Zeit bekannten Übungen nicht ausreichten, um die größtmögliche Beweglichkeit und Geschmeidigkeit der Schultern des Pferdes zu erreichen und zu erhalten. Die sogenannte „Schulterfreiheit“ ist aber notwendig, damit sich ein Pferd leicht, locker, schonend und in Harmonie reiten lässt. „Schulterherein bewirkt aber nicht nur die unglaublich wichtige Lösung und Lockerung der Schultern“, schreibt der Ausbilder Claus Penquitt in seinem Buch „Die Freizeitreiter-Akademie“. „Bei entsprechender Schrägstellung muss ferner das jeweils innere Hinterbein weiter als normal unter den Körper treten, um das äußere Hinterbein kreuzen zu können.“ Hierbei müsse das Pferd die jeweilige innere Hüfte senken und somit die Gelenke der Hinterbeine beugen (Hankenbeugung). „Das Schulterherein beeinflusst in kaum hoch genug einschätzbarem Maße die für das Pferd unabdingbar erforderliche Versammlung“, so Claus Penquitt. Durch das vermehrte Untertreten der Hinterbeine unter den Körper wird das Pferd hinten tiefer. „Die zu tragenden Lasten werden nicht mehr vermehrt den Vorderbeinen zugeschoben. Diese werden so entlastet.“ Darüber hinaus lerne das Pferd, schnell und präzise auf Ihren Schenkeleinsatz zu reagieren.

Ohne geht es nicht

Das Schulterherein schafft die Voraussetzungen für die anderen folgenden Seitengänge. Nicht nur dadurch, dass die Schultern gelöst werden, sondern auch, indem es die Sensibilität und den Gehorsam des Pferdes gegenüber den Schenkelhilfen erhöht. Ein Pferd, dass willig und den Lehrsätzen entsprechend im Schulterherein links geht, wird sich auch leicht in ein Travers rechtsherum führen lassen. Doch wie soll das Schulterherein aussehen? Nun, das Pferd wird mit dem Kopf Richtung Bahninneres mit entsprechender Schräge gestellt. „Dabei soll es leicht nach innen gebogen sein“, so Claus Penquitt, der nach Vorbild der barocken, altkalifornischen und iberischen Reitmeister ritt und lehrte. „Das Ungewöhnliche ist aber, dass das Pferd mit seiner voll gebogenen Seite in Bewegungsrichtung gehen soll.“ Unser Experte empfiehlt, bereits vor dem Einreiten mit der Bodenarbeit unter fachlicher Anleitung zu beginnen. Es sei optimal, dabei auch das Schulterherein einzuführen. In der Praxis bringen aber die wenigsten Pferde solche Erfahrungen mit. Zur Vorbereitung können Sie viele Volten, geschlängelte Linien, Wendungen und das Vergrößern der Volten üben.

Ein anderer wichtiger Aspekt ist die richtige Vorbereitung des Pferdes auf die jeweilige Einheit. Dazu gehört auch, dass Pferd und Reiter überhaupt mental wie auch körperlich in der Lage sind loszulassen, sich zu konzentrieren und zu lernen. Ein abgegrenzter Platz sollte zum Erlernen des Schulterhereins zur Verfügung stehen, dabei spielen die Längen- und Breitenverhältnisse eine untergeordnete Rolle. Wenn Pferd und Reiter das Schulterherein beherrschen, ist ein Reitplatz nicht mehr erforderlich. Dann können Sie die gymnastizierende Übung auch im Gelände auf verschiedenen Wegen und Untergründen reiten.

Am Anfang immer langsam

Für jedes Pferd ist das Schulterherein vorerst, abhängig von Kondition und Ausbildungsstand, für eine längere Zeit anstrengend. Anfangs kann eine lange Seite von 40 Metern schon zu viel sein, während das Pferd im Laufe des Trainings in der Lage sein sollte, ohne Weiteres eine Bahnrunde zu schaffen. Üben Sie nicht zu verbissen. Bauen Sie abwechslungsreiche Reprisen und vor allem Entspannungsphasen ein. Das kann auch eine Runde im Jog oder Trab sein.

Beginnen Sie im Schritt, auch wenn der Trab erst richtig Schwung ins Schulterherein bringt. „Zum Erlernen kommt nur der Schritt infrage“, betont Claus Penquitt. „Durch das langsamere Tempo lassen sich die Hilfen korrekter und für das Pferd besser begreifbar anwenden.“ Ebenso könnten die Fehler des Reiters in einem ruhigen Tempo besser korrigiert werden. Erst wenn das Pferd nach einiger Zeit korrekt und willig im Schritt links- und rechtsherum geht, kann mit der Lektion im Trab oder Jog begonnen werden. Im Galopp hingegen sollte das Schulterherein nach Empfehlung von Claus Penquitt erst geritten werden, wenn der Seitengang Travers in allen Gangarten vom Pferd beherrscht wird. Hierdurch werde Ihnen das Erlernen „der Mutter aller Seitengänge“ im Galopp leichter fallen.

Text: Aline Müller     Foto: Daniel Elke 

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