Die Basis einer artgerechten Pferdefütterung ist Raufutter in ausreichender Menge und hochwertiger Qualität. Neben Heu bieten Landwirte auch Heulage und Silage als Raufuttersorten an. Doch worin liegen die Unterschiede? Und welches Futtermittel ist das beste für mein Pferd?

 

Bedingt durch die Haltungsform oder aufgrund von Stoffwechselerkrankungen müssen sich viele Pferde mindestens sechs Monate oder das ganze Jahr durchgehend von Raufutter ernähren. Daher lohnt sich die Suche nach der optimalen Sorte. Welche die richtige ist, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen u. a. der Gesundheitszustand, die individuelle Verträglichkeit des Pferdes, das Fütterungsziel je nach Leistungspensum, die Qualität des Futtermittels und mögliche Lagermöglichkeiten.

Gesunde Verdauung durch Heu

Das Raufuttermittel, das am meisten für die Fütterung von Pferden Verwendung findet, ist Heu. Heu ist die Bezeichnung für Gräser und Kräuter, die im Sommer gemäht und mehrmals gewendet werden (erster Schnitt meist im Juni). Mithilfe der Sonne findet so von allen Seiten eine gleichmäßige Trocknung statt. Es handelt sich also um ein Grünfutter, das mittels Wasserentzug konserviert wird. Je nach Bodenfeuchte, Luftfeuchtigkeit, Wind und Lufttemperatur braucht das Gras hierfür etwa drei bis sechs Tage unter freiem Himmel. Ziel ist ein Trockensubstanzgehalt von circa 85 Prozent und eine Restfeuchte von etwa 15 Prozent. Ist dies erreicht, wird das Heu in kleine Ballen oder große Rund- bzw. Quaderballen gepresst, die von Bändern oder Netzen zusammengehalten werden, und vor Wind und Wetter geschützt trocken gelagert.

Dann erfolgt eine sogenannte Schwitzphase, die sechs bis acht Wochen dauert. Es tritt die Keimruhe ein, in der sich vorhandene Mikroorganismen verkapseln und absterben. Aufgrund der hohen mikrobiellen Aktivität darf das Heu in diesem Zeitraum nicht an die Tiere verfüttert werden. Nach der Fermentation steigt der Trockensubstanz­gehalt auf über 90 Prozent.

Das Raufuttermittel kommt aufgrund seines hohen Rohfasergehalts (ca. 28 bis 32 Prozent) einer artgerechten Fütterung am nächsten und fördert eine gesunde Verdauung. Es muss vom Vierbeiner intensiv zerkaut werden, wobei viel Speichel entsteht, der notwendig ist, um den Nahrungsbrei im Magen optimal mit Magensäure zu durchmischen. Die sperrige Struktur dient zudem einem geregelten Transport durch den Darm. Das im Allgemeinen kaliumreiche Heu führt ferner zu einem ausgeglichenen Säure-Basen-Haushalt, der ebenfalls vor Verdauungsproblemen schützt.

Der Bedarf an Calcium und Phosphor wird in der Regel durch das Raufuttermittel gedeckt. Nur die Versorgung mit Spurenelementen (u. a. Zink, Kupfer, Mangan) lässt zu wünschen übrig. Ihr Gehalt ist in den vergangenen Jahren gesunken, sodass eine zusätzliche Versorgung mit Mineralfutter wichtig ist, falls ein Pferd ausschließlich Heu erhält.

Fehler in der Produktion

Diese Vorteile der Heufütterung gelten nur für eine absolut einwandfreie Qualität, die maßgeblich von der Herstellung und Lagerung abhängig ist. Und genau hier liegt das Problem: Da die Trocknung einige Tage in Anspruch nimmt, sind die Landwirte auf sonniges Wetter angewiesen. Doch die klimatischen Bedingungen sind in Deutschland häufig unzureichend. Bei ungünstigen Wetterlagen (u. a. Nässe und Kälte) sind erhebliche Qualitätsmängel die Folge: Nicht vollständig getrocknetes Heu weist einen hohen Hefe-, Bakterien- und Schimmelpilzbefall auf. Einzelne Bakterienarten sorgen für leichte bis schwere Verdauungsstörungen (z. B. Durchfälle, Koliken). Pilzsporen siedeln sich häufig im Atmungstrakt an und belasten diesen teilweise erheblich. Gelegentlicher Hustenreiz, aber auch chronische Atemwegserkrankungen sind mögliche Konsequenzen.

Vorsicht: Ist die äußere Schicht eines Heuballens zu großen Teilen verdorben, können Pferdebesitzer ebenso im Inneren des ­Heuballens mit einer hohen Anzahl an Bakterien und Pilzen rechnen. Fütterungsexperten raten in diesem Fall von einer Ver­fütterung ab. Diese Warnung gilt übrigens für alle Raufuttersorten.

Ein Problem stellen zudem Verunreinigungen dar. Erde, Sand und tote Tiere gelangen vor allem dann ins Produkt, wenn das Mähwerk bei der Ernte zu tief eingestellt ist. Manche Produzenten hoffen so auf mehr Ertrag. Damit ist jedoch vor allem die Gefahr von Botulismus gegeben, der mit verwesenden Tierkadavern in verklumpten Heunestern in Verbindung gebracht wird. In ihnen kann das Bakterium Clostridium botulinum sein tödliches Nervengift ausbilden.

Gifte sind ferner im Gras selbst zu finden: Die Artenvielfalt auf den Weiden ist heute robusten und leistungsfähigen Zuchtgräsern (v. a. Weidelgras und Rohrschwingel) gewichen, die resistent gegenüber Trockenheit, Kälte und Nährstoffmangel sind. Das Problem? Diese Mischung lässt giftige Pilze gedeihen, die eine Symbiose mit dem Gras eingehen und bei Weidetieren zu Schäden führen können: beispielsweise Hufrehe, Hautentzündungen, Mauke, Koliken, Schwellungen.

Hoher Zuckergehalt

Zudem stammt das im Pferdebereich eingesetzte Heu immer noch zu einem großen Teil aus der Milchwirtschaft. Hier werden an das Raufutter aber gänzlich andere Ansprüche gestellt (z. B. ein hoher Energie- und Eiweißlevel), um eine optimale Milchleistung zu erzielen. Diese wird durch kleereiche Gräser mit einem hohen Anteil an leicht verdaulichen Kohlenhydraten erreicht. Die Folge? Der Gesamtzuckergehalt im Heu beträgt meist über zehn Prozent. Dies kann für rehe­gefährdete und am Equinen Metabolischen Syndrom erkrankte Pferde zu hoch sein.

Ein weiterer Nachteil ist die hohe Lagerkapazität. Heu benötigt eine große, überdachte und trockene, aber gut belüftete Fläche, um „Lagerschimmel“ zu verhindern. Deshalb stellen viele Landwirte auf die Produktion von Heulage um – eine Sonderform der Silage mit erhöhtem Trockensubstanzgehalt. Das Gras wird dabei in der Regel in einem gleichen oder ähnlichen Wachstumsstadium geerntet wie Heu. Der Rohfasergehalt liegt oft zwischen 25 und 30 Prozent. Es wird nicht so häufig gewendet wie Heu, sondern angewelkt und liegt – je nach Witterung – etwa zwei Tage auf dem Grünland. Nach dem Schnitt wird das „Gärheu“ mit einer Trockenmasse von ca. 50 bis 70 Prozent in Ballen gepresst. Durch den höheren Feuchtigkeitsgehalt beim Ernten ist das Gewicht von Heulage größer als von Heu. Heulage ist quasi ein „Zwischending“ von Heu und Silage.

Sie wird so fest in mehrere Schichten Folie gepresst, dass keine Lufträume entstehen. Hierdurch wird das Gras milchsauer vergoren und haltbar gemacht. Das gelingt durch eine Silierung. Den Gräsern wird durch die Tätigkeit verschiedener Mikroorganismen Sauerstoff entzogen. So entsteht ein anaerobes Milieu, in dem ein ca. 30- bis 50-tägiger Gärprozess ablaufen kann. Bakterien machen sich ans Werk und wandeln den Pflanzenzucker zu Säuren (v. a. Milchsäure) um. Dadurch senkt sich der pH-Wert auf 4 bis 4,5 ab. Dann tritt die sogenannte Keim­ruhe ein. Schimmelpilze, Bakterien, Clostridien und Co. werden jetzt an ihrem Stoffwechsel und somit an ihrem Wachstum gehindert. Selbst die Milchsäurebakterien sterben nach Absenkung des pH-Wertes ab. Das Futter wird sauer, stabilisiert sich und wird auf diese Weise konserviert – ähnlich wie bei der Herstellung von Sauerkraut.

Ideal für Allergiker

Der größte Vorteil von hochwertiger Heulage liegt darin, dass sich in dem Raufutter – im Gegensatz zu Heu – Schimmelpilze nicht oder nur geringfügig vermehren können. Der höhere Feuchtigkeitsgehalt trägt zudem zur Bindung feiner Partikel und Mikroorganismen bei, sodass diese vom Pferd nicht eingeatmet werden können. Es stellt damit besonders für allergische, atemwegskranke oder staubempfindliche Pferde eine Alternative zu Heu dar. Ferner weist das Raufuttermittel eine gute Schmackhaftigkeit auf. Es wird in der Regel sehr gern gefressen, was insbesondere bei Pferden mit einem schlechten Appetit von Vorteil ist.

Nicht zu vergessen ist die einfache ­Lagerung. In Folie gewickelte Heulageballen können im Freien untergebracht werden, vorausgesetzt, sie werden vor zu starker Sonnen­einstrahlung und Tieren (z. B. Vögeln, Nagern oder Katzen), welche die Folie beschädigen könnten, geschützt. In geschlossenem Zustand kann sie dann etwa ein Jahr gelagert werden. Hinsichtlich der hygienischen Anforderungen ist Heulage daher auch gutem Heu nach längerer Lagerung überlegen.

Bei der Fütterung ist jedoch darauf zu achten, dass die Menge für das Pferd erhöht wird. Der Grund liegt im niedrigeren Trockensubstanzgehalt der Heulage im Vergleich zum Heu. Ebenso wie beim Raufuttermittel Nummer eins benötigt das Pferd zusätzlich eine gute Mineralstoffversorgung. Schlechte Heulage basiert, wie auch minderwertiges Heu, zumeist auf Fehlern in der Produktion und Lagerung. Ist der Silierprozess unvollständig (z. B. durch Sauerstoff­eintritt, zu geringe Restfeuchte, zu langes Anwelken) oder die Folie beschädigt, sinkt der pH-Wert nicht tief genug, wodurch sich Hefen, Schimmelpilze und gesundheitsschädliche Keime entwickeln können. Das Futter wird sauer und verdirbt. Es stört den sensiblen Verdauungstrakt des Pferdes und bringt die Darmflora aus dem Gleichgewicht. Nicht selten kommt es in diesen Fällen zu Verdauungsstörungen. Kotwasser ist besonders verbreitet. Es wird vermutet, dass dies an einer geringeren Wasserbindung aufgrund des oft höheren Blattanteils im Vergleich zum Heu liegt. Diskutiert wird aber auch eine unterschiedliche Zerkleinerung der Faserpartikel im Verdauungsapparat, die wiederum eine veränderte Wasserbindung zur Folge haben könnte.

Problematisch sind ferner mögliche Nachgärungen nach dem Öffnen der Heulage (erkennbar an einer fühlbaren Erwärmung des Ballens), die Fehlfermentationen im Dickdarm hervorrufen können und nicht selten mit Koliken einhergehen.

Begrenzte Haltbarkeit

Wie auch beim Heu gibt es bei der Fütterung von Heulage ein Botulismus-Risiko. Das Bakterium Clostridium botulinum ­bildet sein hochgefährliches Toxin nämlich nicht nur in verwesenden Tierkadavern aus, sondern ebenso im Boden. Gelangt es mit der Erde in das Raufutterprodukt, erhöht der Luftabschluss im Heulageballen seine Produktivität.

Ein weiterer Nachteil ist die limitierte Haltbarkeit eines einmal geöffneten Heulageballens. Die geringe aerobe Stabilität zwingt Pferdebesitzer zu einem raschen Verbrauch. Insbesondere bei höheren Außentemperaturen sollte das Futter innerhalb von 24 Stunden verfüttert werden. Im Winter ist ein Verbrauch innerhalb von drei bis sechs Tagen sinnvoll. Für kleinere Betriebe ist es daher kaum möglich, siliertes Futter in der ­Fütterung einzusetzen.

Apropos siliertes Futter: Dazu zählt auch die Grassilage, die in der Regel vor der Blüte (junges Gras) oder als zweiter Schnitt geerntet und – abhängig vom Wetter – für einen halben bis einen Tag auf dem Feld belassen wird. Nach dem Mähen werden die Gräser nur einmal gewendet, geschwadet und anschließend gepresst sowie luftdicht verpackt. Die Nährstoffverluste können dadurch gering gehalten werden, weshalb Silage im Vergleich zu Heu und Heulage ein sehr nährstoff- und eiweißhaltiges Futtermittel ist. Ein weiterer Grund für den hohen Energiegehalt ist der geringe Rohfasergehalt (ca. 20 bis 25 Prozent). Die Restfeuchte ist mit ca. 60 bis 85 Prozent sehr hoch, die Trockenmasse mit 25 bis 50 Prozent dementsprechend gering.

Der Vorteil der grundsätzlich perfekten Konservierung der Silage mit geringen Nährstoffverlusten kann für das Pferd aber Nachteile mit sich bringen. Aufgrund des hohen Säuregehalts warnen Experten vor einer Übersäuerung des Pferdekörpers bei einer dauerhaften Silagefütterung. Pferde würden dann optisch rund und gut genährt wirken, seien aber oft nur lymphatisch aufgeschwemmt. Nicht verstoffwechselte Milchsäure wird nämlich zusammen mit der Lymphflüssigkeit im Bindegewebe abgelagert. Die konsequente Ansäuerung des Dünn- und Dickdarms birgt außerdem die Gefahr einer Stoffwechselentgleisung.

Zudem sind die ­Stoffwechselvorgänge, ähnlich wie bei reiner Grasfütterung, ­generell mit mehr Energieaufwand verbunden. Die Pferde schwitzen wesentlich schneller und stärker. Bei stärkerer Belastung können sie sogar an Leistungsfähigkeit einbüßen. Hält die Übersäuerung an, sind Mangelerscheinungen nicht selten, die in weiterer Folge Bewegungsunlust, Verspannungen und Muskelverkrampfungen nach sich ziehen können. Aus diesen Gründen ist eine Silagefütterung bei Pferden eher unüblich. Vor der Gefahr der Übersäuerung wird von einigen Experten auch bei der Heulagefütterung gewarnt, da die Konservierungsform dieselbe ist.

Top-Qualität gefragt

Fazit: Hochwertiges Pferdeheu ist und bleibt das Grundfutter erster Wahl. Sind gute Heuqualitäten aber nicht verfügbar, sind die Vor- und Nachteile der Heulage abzuwägen. Speziell für Allergiker und Pferde mit Atemwegserkrankungen kann sie eine gute Alternative bieten. Silage als sehr saures Futter ist hingegen weniger geeignet für die Fütterung, weil sie die meisten gesundheitlichen Risiken birgt.

Egal, für welche Raufuttersorte Sie sich letztendlich entscheiden, sie sollte immer eine Top-Qualität haben. Diese können Sie anhand einer Probe in einem Labor über­prüfen lassen. Mit den Futteranalysen gehen übrigens häufig auch Fütterungsempfeh­lungen einher.

 

Text: Inga Dora Schwarzer, Bild: Imago

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