Bei Verletzungen oder einfach als entspanntes Programm nach einem anstrengenden Training steht der Spaziergang im dem Pferd hoch im Kurs. Aberder gemütliche Ausflug kann auch eine abwechslungsreiche Alternative im normalen Trainingsalltag sein

Abwechslung steht in jedem Trainingsplan hoch im Kurs. Kaum ein Reiter spult sieben Tage die Woche dasselbe Programm ab, denn das wird nicht nur uns, sondern auch dem Pferd langweilig. Neben Stangenarbeit und Longe kann aber auch der Spaziergang zur alternativen Trainingseinheit werden. Dazu muss nicht unbedingt mit dem Pferd gejoggt werden, denn das kann wirklich anstrengend werden. Auch im Schritt kann das Pferd gut gearbeitet und beschäftigt werden. Vor allem für nervöse Pferde oder solche, die sich leicht ablenken lassen, wird der Spaziergang so entspannter. Je mehr sie sich auf den Menschen konzentrieren müssen, desto eher verlieren die Umweltreize ihren Schrecken.

Der Schritt ist eine der am schwierigsten zu reitenden Gangarten, nicht umsonst wird er in den höheren Klassen sogar doppelt gewertet. Neigt das Pferd dazu, Pass zu gehen oder im Schritt kürzer zu treten, ermöglicht der Spaziergang es dem Tier, ohne hemmenden Einfluss durch Sattel oder Reiter flott und raumgreifend vorwärts zu schreiten. Nehmen Sie das Pferd nicht zu kurz, damit auch die Nickbewegung frei entfaltet werden kann. Je höher das individuelle Schritttempo des Pferdes ist, desto anstrengender wird es natürlich für den Menschen. Versuchen Sie, das Pferd nicht zu bremsen, sondern das Tempo anzunehmen – so wird der Spaziergang zur Trainingseinheit für beide.

Beobachten Sie Ihr Pferd während des Spaziergangs genau. Auf diese Weise schulen Sie Ihren Blick für den Mittelschritt. Hier soll die Schubkraft der Hinterhand die Tragkraft überwiegen und das Pferd Hals und Rücken strecken. Je weiter das Pferd dabei mit dem Hinterhuf über den Abdruck des Vorderhufes tritt, desto besser und raumgreifender ist der Schritt.

Schritt ist nicht genug

Gerade bei Pferden, die sich beim Schrittreiten im Rücken verspannen oder den Hals nicht fallen lassen, kann der Spaziergang, beziehungsweise die Arbeit an der Hand zur Entspannung führen. Natürlich ersetzt der Ausflug zu Fuß keine reelle Reiteinheit und auch kein Krafttraining. Auch wenn verschiedene Muskelpartien wie Hals, Rücken und Hinterhand angesprochen werden, kann ein Spaziergang, und sei er noch so intensiv, nicht zu Muskelaufbau führen. Daher darf auch und gerade bei älteren Pferden der Spaziergang im Schritt kein Ersatz für volle Bewegung in den drei Grundgangarten sein. Die Lunge des Pferdes wird im Schritt nicht komplett gelüftet, erst im Trab und Galopp beginnt es, schwerer zu atmen und die Lunge so komplett zu nutzen. Leichte Bewegung in allen Gangarten ist daher auch bei Husten und ähnlichen Erkrankungen sinnvoll, sie sollte aber natürlich mit dem Tierarzt abgesprochen werden.

Die richtigen Wege

Ganz gleich, ob sie ein junges oder älteres Pferd haben, Abwechslung ist wichtig. Laufen die Pferde ausschließlich auf top gepflegten Reitböden, verlieren sie an Körpergefühl. Dieses lässt sich gerade im Gelände wieder aufarbeiten. Wechseln Sie vom Sand- auf Waldboden, und weichen Sie, so es denn erlaubt ist, auch einmal von den bekannten Wegen ab. Dabei darf der Boden ruhig einmal uneben werden, denn so lernt das Pferd seinen Körper neu kennen und wird trittsicherer. Das sensomotorische Training spricht dann auch bestimmte Muskelgruppen an, die im Alltag möglicherweise vernachlässigt werden. Auch die Reaktion der Muskeln ändert sich, und das Pferd wird so auf eine abwechslungsreiche Art trainiert. Um Verletzungen zu vermeiden, sollte dabei natürlich auf entsprechenden Beinschutz geachtet werden. Je häufiger Sie mit Ihrem Pferd an seiner Motorik arbeiten, desto eher können Sie jedoch auch auf den Schutz verzichten. Unterschiedliche Böden stärken neben der Muskulatur auch Bänder und Sehnen. Ähnlich wie beim Reiten muss auch hier langsam mit dem Training begonnen werden. Hat das Pferd bereits Probleme mit den Bändern oder den Sehnen, empfiehlt es sich nicht, in tiefem Sandboden zu beginnen. Auch hier kann der Tierarzt beratend zur Seite stehen und den richtigen Weg aufzeigen. Bei gesunden Pferden kann die Belastung während des Spaziergangs nach und nach gesteigert werden, sodass der Trainingseffekt kontinuierlich wirkt.

Übungen an der Hand

Nicht immer sind unterschiedliche Böden greifbar, und auch wenn dem so ist, lässt die Abwechslung hier natürlich nach, je öfter der aktive Spaziergang in den Trainingsalltag eingebunden wird. Doch auch ohne die naturgegebene Abwechslung kann der Ausflug an der Hand für Übungen genutzt werden. Wer sich fit fühlt, kann Übergänge von Schritt zu Trab und umgekehrt einbauen. Diese fördern die Losgelassenheit und werden auch beim Reiten gerne angewendet – warum also nicht an der Hand? Die Reprisen sollten dabei wirklich sehr kurz sein, sodass das Pferd stets aufmerksam ist und den Körper aktiv einsetzt.

Beim Spaziergang lassen sich erlernte Mechanismen hervorragend aufbrechen. Wechseln Sie beim Führen doch einmal die Seite und laufen Sie auf der rechten Seite Ihres Pferdes. Für Linkshänder mag diese Position sogar noch angenehmer sein, da die stärkere Hand das Pferd begrenzen kann. Schon solche kleinen Umstellungen beschäftigen das Pferd im Kopf und sorgen auf diese Weise für eine gern angenommene Abwechslung. Sind Sie bereits dabei, die Seiten zu wechseln, können Sie auch Seitengänge einbauen. Gerade für schreckhafte Pferde sind Seitengänge oder das Weichenlassen der Vor- oder Rückhand besonders hilfreich, da sie sich so auf ihre Aufgabe konzentrieren müssen. Ein weiterer positiver Effekt der Seitengänge ist die gesteigerte Koordination des Pferdes. Schafft es die Lektion auf Waldboden, ist sie unter dem Reiter auf professionellem Reitboden sicher kein Problem mehr.

Bindung stärken

Um den Spaziergang abwechslungsreich zu gestalten, ist es hilfreich, sich für jede Einheit ein bestimmtes Ziel vorzunehmen. Geht es in der einen Woche über Stock und Stein bergauf und bergab, folgt möglicherweise eine flotte Einheit mit vielen Übergängen. Natürlich sind, wie bei jeder Reiteinheit auch, Pausen immer gerne willkommen. Zu Beginn reicht es schon, wenn immer wieder wenige Minuten trainiert wird, bevor es entspannt weitergeht. Im Laufe der Zeit können die Reprisen dann länger und intensiver werden.

Auch für die Arbeit im Sattel sind arbeitsreiche Spaziergänge von Vorteil. Das Vertrauen und die Bindung in den Menschen wachsen, wenn er sich auch vom Boden aus mit dem Pferd beschäftigt. Auf der anderen Seite lernt der Mensch, in welchen Situationen sich das Pferd fürchtet, und kann beim Ausreiten besser darauf achten und potenzielle Gefahren so besser einschätzen. Ein Spaziergang kann also mit wenig Aufwand zu einer aktiven Teambuilding-Erfahrung werden.

Text: Sophia Arnold    Foto: www.Slawik.com

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