Sobald die Tage kürzer, das Wetter kühler und die Pferde plüschiger werden, dauert es nicht mehr lange, bis der Winter den Herbst ablösen wird. In dieser Zeit leistet der Organismus des Tieres enorm viel

Pferde sind Individuen, das ist uns allen bewusst. So ist es aber auch mit ihrem Fellwechsel. Je nach Witterungsbedingungen, Haltungsform und Alter des Tieres kann sich der Kleiderwechsel über Wochen oder Monate hinziehen. Es ist eine wahre Belastungsprobe, vor allem im Herbst und Frühjahr, wenn die Abwehrkräfte des Pferdes meist eh schon geschwächt sind. Während dieser Zeit arbeitet der Organismus des Tieres mit Hochdruck daran, neues Haar zu schaffen. Diese neue Haarschicht besteht aus bestimmten Aminosäuren, Proteinen und Liquiden. Die Temperatur, der das Pferd ausgesetzt ist, spielt beim Fellwechsel selbst eine eher untergeordnete Rolle. Sie beeinflusst allerdings die Dichte und Länge des Fells. Darum verwundert es auch nicht, dass Offenstallpferde oder Tiere, die viel und lange draußen stehen, ein dichteres Winterfell bekommen als Pferde, die überwiegend im Stall gehalten werden.

Viel mehr Einfluss auf den Fellwechsel hat hingegen das Tageslicht. Die Zirbeldrüse des Pferdes registriert die Veränderungen des Lichtes und produziert entsprechend Melatonin. Dieses Hormon ist unter anderem für den Biorhythmus verantwortlich. Um das Tier zu schützen, muss das Immunsystem in Takt sein. Dieses besteht aus verschiedenen Molekülen, Organen und Zelltypen, die zusammenwirken. Da die Haut das größte Organ des Tieres ist und den Körper vor äußeren Einflüssen schützt, ist es auch kein Wunder, dass sie für die Wärmeregulation und die Immunabwehr zuständig ist. Auch Leber, Niere und Darm spielen eine Rolle beim Ablauf des Fellwechsels: Sie entlasten bei guter Funktionalität die Haut als Entgiftungsorgan.

Fellwechsel: Unterstützend füttern

Im Herbst ist es wichtig, die Tiere bestmöglich zu unterstützen. Gerade wenn im Herbst der Nährstoffgehalt im Gras sinkt, wird das Pferd auf der Koppel nicht mehr ausreichend versorgt. Vor allem der erhöhte Bedarf an Mineralstoffen, Vitaminen und Spurenelementen sollte gedeckt werden. Vitamin A und B, Kupfer, Zink und Selen sowie ungesättigte Fettsäuren und Aminosäuren spielen hier eine entscheidende Rolle. Wird Heu lange gelagert, enthält es meist nicht mehr ausreichende Nährstoffe, um den Bedarf von Beta-Karotin, Proteinen und Energie zu decken. Dies kann jedoch mit Heu- oder Luzerne-Cobs aufgefangen werden. Hier sind weitere Futtermittel, die das Immunsystem zu dieser Jahreszeit besonders gut unterstützen, aufgelistet:

● Bierhefe versorgt das Pferd mit Lysin, Vitamin B, Mineralstoffen und regt zusätzlich den Stoffwechsel an. Hefe wirkt sich dazu wachstumsfördernd auf Haare aus und unterstützt die Zellneubildung.

● Hagebutten eignen sich ebenfalls. Der hohe Vitamin-C- und Biotin-Gehalt machen sie zu einem tollen Begleiter in der Zeit des Fellwechsels.

● Etwa zehn Prozent mehr Energie benötigen Pferde während des Fellwechsels. Um ihnen mehr Energie liefern zu können, bieten sich Pflanzenöle an. Jedoch sollte das Tier erst an die erhöhte Zugabe von Öl gewöhnt werden. Die Dosierung sollte deshalb langsam angepasst werden.

● Mash eignet sich vor allem dann als Ergänzungsfutter, wenn es mit Kräutern wie Quecke, Klebekraut, Brennnessel, Klette und Löwenzahn, versehen ist.

● Unterschiedliche Kräuter können den Leberstoffwechsel unterstützen und den Darm entlasten. Dadurch wird ein vitales Immunsystem gefördert. Aber bitte beachten Sie: Sie dürfen nicht einfach wahllos zufüttern! Kommt es während des Fellwechsels zu Problemen, sollte zuerst die Ursache gefunden werden. Liegt es vielleicht am Alter? Oft verlangsamt sich der Stoffwechsel mit zunehmendem Alter. Aber auch Jungpferde, Zuchtstuten oder chronisch kranke Pferde zeigen eine Unterversorgung mit Nährstoffen oder eine stoffwechselbedingte Überlastung während des Fellwechsels.

Äußere Einflüsse

Impfungen, Wurmkuren oder Antibiotika haben es in sich: Sie gelten oft als Nährstoffräuber und belasten die Entgiftungsorgane wie Leber oder Haut. Einige Tierärzte raten dazu, Wurmkuren oder Impfungen während des Fellwechsels zu vermeiden, um nicht zusätzlich noch das Immunsystem zu schwächen. Aber wie kann man als Pferdehalter akut helfen? Putzen und massieren genießen die Pferde zu dieser Zeit ganz besonders. Denn während des Fellwechsels fängt der Juckreiz an. Neben der Putzroutine können auch Besen oder Bürsten als Kratzstellen installiert werden und versorgen das Pferd immer mit juckreizlindernden Gelegenheiten.

Pferd scheren?

Wenn gar nichts mehr geht und das Pferd während des Trainings dauernd schwitzt, kommen Pferdebesitzer oft nicht darum herum, ihr Pferd zu scheren. Vor allem durch die riesige Auswahl an Decken, die jedes Jahr den Fachhandel ziert, wird das Thema immer akuter. Auch am Stall bekommt man manchmal ein schlechtes Gefühl, wenn drum herum alle Pferde eingedeckt sind, nur das eigene nicht. Wie immer gibt es im Reitsport zwei Meinungen: Die einen beharren darauf, dass ein Pferd ohne eine Decke auskommt, da es Kälte gut verträgt. Die anderen sind fest davon überzeugt, dass kein Winter ohne die passende Pferdedecke verstreichen darf. Aber welcher Weg ist nun der Richtige?

Blickt man auf die Evolution der Tiere zurück, wird klar, dass die Wildpferde natürlich nie eingedeckt waren und dies auch nicht brauchten. Die Lebensbedingungen und körperlichen Eigenschaften waren aber natürlich ganz anders als bei den heute domestizierten Pferden. Unter natürlichen Umständen können die Pferde sich gut gegen Kälte selbst schützen. Diese Bedingungen sind aber bei der heutigen Haltung meist nicht gegeben. Grundsätzlich fällt es nämlich allen Pferden leichter, sich aufzuwärmen als sich herunterzukühlen. Aber durch die Zucht haben die heutigen Pferde nicht mehr das dicke, lange Fell, wie es einst das Wildpferd hatte. Heute haben Hauspferde dünneres, feineres Haar, das nicht so gut isoliert. Normalerweise nutzt das Pferd die sogenannte Pilorektion, also das Aufstellen oder Drehen der Haare, um sich zu wärmen. Dies geschieht durch die Haarbalgmuskeln. Wird das Tier aber in Boxen gehalten oder eingedeckt, ist dieser Muskel deutlich weniger trainiert, und das Pferd kann sich schlechter selbst wärmen. Zu den genannten Haltungsformen kommt noch hinzu, dass Sportpferde dünneres Haar haben als nordische Pferde, wie beispielsweise Norweger. Würden diese Sportpferde so gehalten werden wie die nordischen Verwandten, kann man davon ausgehen, dass aufgrund der züchterischen Einflüssen die Tiere frieren würden. In der freien Wildbahn fahren Pferde ihre Bewegungsaktivität im Winter herunter, um nicht so viel Wärme produzieren zu müssen. Durch die Belastung, der unsere Pferde auch im Winter ausgesetzt sind, müssen sie dann jedoch mehr Wärme produzieren. Wird das Pferd extrem robust gehalten, muss es nicht eingedeckt werden. Ein älteres, kränkliches Pferd oder Tiere, die regelmäßig trainiert werden, werden eher nicht um die Decke herumkommen, wenn auch nur an sehr kalten Tagen.

Text: Nora Dickmann     Foto: Adobe Stock

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