Pferde sind Experten im Deuten der Körpersprache des Menschen und spiegeln daher dessen Gefühlslage auf ganz besondere Art und Weise wieder. Claudia A. Friederich zeigt, wie sich durch pferde­gestütztes Coaching das eigene Potenzial  entdecken lässt.

 

Eine Entscheidung zu treffen, fällt vielen Menschen nicht leicht – sei es in Bezug auf den Beruf, persönliche Beziehungen oder andere Dinge. Im Laufe des Lebens bildet sich jeder Mensch eine Meinung von sich selbst als Person, von seinen Mitmenschen und der Welt. Dadurch ent- stehen Verhaltensmuster, Bewältigungsstrate-gien und Unsicherheiten, die der persönlichen Weiterentwicklung und dem Ausschöpfen der eigenen Potenziale im Weg stehen. Zudem verlieren viele Menschen im Laufe der Zeit den Zugang zu sich selbst und das Vertrauen in die eigene Person – möglicherweise aus Angst vor Fehlern oder dem Risiko, vor den Mitmenschen schlecht dazustehen. „Das Pferd kann dabei helfen, wieder einen Zugang zu sich selbst zu finden und das eigene Potenzial in vielen Bereichen zu entdecken und auszuleben“, so Coaching-Expertin Claudia A. Friederich. „Ich habe an mir und später an vielen meiner Coachingteilnehmer erlebt, wie das Pferd als Lehrmeister zu mehr Leichtigkeit und Selbstvertrauen führen kann, wie sich durch das Zusammensein mit dem Pferd neue Möglichkeiten eröffnen und so teilweise längst verdrängte Träume wahr werden können.“

Ein Blick in den Spiegel

Pferde sind wahre Meister im Deuten der Körpersprache ihres Gegenübers – sowohl von Artgenossen als auch von Menschen. Sie sind in der Lage, Stimmungen direkt zu erkennen und augenblicklich darauf zu reagieren – dies liegt in ihrer Charakteristik als Flucht- und Beutetier begründet. Das Erkennen der Körpersignale der anderen Herdenmitglieder – insbesondere der Leittiere – und die direkten, instinktiven Reaktionen sind für das einzelne Pferd in freier Wildbahn überlebenswichtig. „Pferde deuten nicht nur die Körpersprache ihrer Artgenossen, sondern spüren auch die Energien des Menschen und spiegeln diese augenblicklich“, so die Expertin. „Jeder, der vor einem Pferd steht, sieht in dessen Verhalten quasi das eigene Spiegelbild: Ist der Mensch angespannt und gestresst, so ist es das Pferd sicherlich auch. Je ruhiger und gelassener eine Person ist, desto entspannter ist auch das Pferd.“

Körpersprache ist ein wichtiger Bestandteil zwischenmenschlicher Kommunikation. Nur wenn das gesprochene Wort mit der Körpersprache übereinstimmt, wirkt eine Person authentisch. „Pferde geben dem Menschen durch ihr Verhalten ein sehr ehrliches und direktes Feedback zu dessen Auftreten,“ erklärt Claudia A. Friederich. „Einem Pferd können Sie nichts vormachen. Selbst wenn Sie Ihre Unsicherheit durch übertrieben forsches Auftreten verstecken wollen, so wird das Pferd Sie enttarnen. Auch zeigen Pferde deutlich, wenn ein Mensch nicht authentisch ist, und der innere und äußere Ausdruck nicht zusammenpassen. Dies kann beispielsweise durch Ignoranz oder Abweisung geschehen.“

Pferde können Schein von Sein klar trennen, daher erfreuen sich pferdegestützte Coachings insbesondere in Managerkreisen immer größerer Beliebtheit.

Gute Führung will gelernt sein

Führungskräfte tragen die Verantwortung für ihre Mitarbeiter, sie müssen ein Team leiten und dafür verschiedene Eigenschaften erfüllen – unter anderem müssen sie ebenso vertrauensvoll und wertschätzend wie authentisch und konsequent sein. Ähnliche Eigenschaften müssen die Leittiere in einer Pferdeherde besitzen: „Leittiere weisen eine besondere Souveränität und Führungsqualität auf, und haben sich ihre Position nicht durch Dominanz erkämpft“, erklärt die Expertin. Aus diesem Grund schließen sich Pferde lieber einer vertrauensvollen und authentischen Person an, als derjenigen, die große Dominanz und Macht ausstrahlt. Daher können insbesondere – aber nicht nur – Führungskräfte vom Kontakt mit Pferden profitieren: Unter anderem kann die Kommunikation, die Beziehungsfähigkeit, das Einfühlungsvermögen und eben auch die Führungsqualität sowie das Teamverhalten verbessert werden.

Generell würden sich viele Tiere als Co-Coaches eignen, erklärt Claudia A. Friederich: „Auch Hunde sind sehr sensible Tiere und lesen die Körpersprache des Menschen. Allerdings ist ihre Charakteristik deutlich mehr auf Gehorsam ausgelegt, weshalb das Feedback weniger direkt ausfällt.“ Ein großer Vorteil von Pferden als Coachingpartner ist, dass sie dem Menschen völlig wertfrei gegenüber treten. „Das Pferd interessiert es nicht, ob ihm gerade der Praktikant oder der Chef eines

Unternehmens gegenübersteht“, erklärt Coaching-Expertin Claudia A. Friederich. „Es reagiert ausschließlich auf die Persönlichkeit und das Verhalten des Menschen – unabhängig von äußerlichen, gesellschaftlichen oder sozialen Aspekten.“

Im Hier und Jetzt leben

„Pferde leben – wie alle anderen Tiere und auch Kinder bis zu einem gewissen Alter – im Hier und Jetzt“, so die Expertin. „Erwachsene Menschen hingegen befinden sich mit ihren Gedanken nur sehr selten in der Gegenwart – häufiger beschäftigen sie sich noch mit vergangenen oder schon mit zukünftigen Ereignissen. Pferde können es dem Menschen während eines Coachings ermöglichen, den Augenblick wieder mehr zu leben, sich bietende Chancen zu ergreifen und zu handeln.“ Aus diesem Grund stehen während eines Coachings im CAF Ausbildungszentrum von Claudia A. Friederich zunächst Atemübungen auf dem Programm, bevor es zum ersten Kontakt zwischen Pferd und Teilnehmer kommt: „Durch diese Übungen wird der Mensch bereits ins Hier und Jetzt geholt. Denn Pferde beschäftigen sich deutlich lieber mit einem Menschen, der sich mit den Gedanken in der Gegenwart befindet.“

Ein Coaching mit Pferden eignet sich für jeden – unabhängig von Alter und Pferde- erfahrung. Zudem verläuft kein Coaching wie das andere, so die Expertin: „Beim pferde- gestützten Coaching treffen die Charaktere von Mensch und Pferd aufeinander, wodurch jede Einheit zu etwas Individuellem wird. Meine Arbeitsweise ist sehr intuitiv, und ich versuche, den natürlichen Fluss eines Coachings geschehen zu lassen. Natürlich gibt es immer einen roten Faden, allerdings keine vorgefertigten Ablaufpläne: Freiarbeit eignet sich häufig dazu, aus einem Gedankenkarussell auszusteigen und etwas abzuschalten, während Führ-Übungen bei Entscheidungsfindungen eingesetzt werden können.“

Entscheidungen souverän treffen

Es mag zunächst etwas ungewöhnlich klingen, aber ein pferdegestütztes Coaching kann bei einer Entscheidung helfen. Häufig mischen sich bei Entscheidungen eine Vielzahl an Freunden und Familienmitgliedern – mit besten Absichten – ein, sodass am Ende nicht mehr klar ist, wessen Entscheidung es eigentlich war. Bei einem Coaching mit Pferden mit der Zielsetzung, eine Entscheidung zu treffen, ist dies etwas anders – die Pferde sind hierbei dafür da, den Teilnehmer

und dessen Wünsche und Bedürfnisse zu spiegeln, sodass diese für den Teilnehmer offensichtlich werden. Das Coaching lässt die Meinungen und Erwartungen der Mitmenschen verblassen, sodass man lernt, sich mehr auf sein eigenes Gefühl zu verlassen.

Im Vorfeld jedes Coachings werden Ziele definiert – beispielsweise die Verbesserung von Führungsqualität oder Unterstützung bei einer Entscheidung. Durch den Umgang mit den Pferden und deren Feedback werden den Coachingteilnehmern eigene – meist unbewusste – Blockaden aufgezeigt, an denen dann gearbeitet wird. Menschen schränken sich aus unterschiedlichsten Gründen be- wusst oder unbewusst in vielen Dingen ihres Lebens ein: Was wohl die Arbeitskollegen von mir denken, wenn ich den sicheren Job kündige und mir den Traum einer Welt- reise erfülle? Veränderungen bedeuten häufig Herausforderungen und erfordern Mut. Pferde können dazu beitragen, diesen Mut für eine Veränderung aufzubringen. „Durch ein Coaching erhalten die Teilnehmer häufig einen neuen Zugang zu sich selbst. Daraus resultiert in den meisten Fällen auch eine Steigerung des Selbstbewusstseins und des Selbstwertgefühls“, folgert die Expertin.

Zu Beginn eines jeden Coachings erzählt Claudia A. Friederich etwas zu ihren Co-Coaches, den Pferden – über ihre Persönlichkeit und ihr Leben. Anhand dessen sollen sich die Teilnehmer einen Partner fürs Coaching aussuchen und erklären, warum sie gerade diesen gewählt haben. „Daraus lassen sich bereits erste Schlüsse zum Charakter oder den Wünschen eines Teilnehmers ziehen. Zurückhaltende Menschen suchen sich häufig ebensolche Pferde aus, oder das Pferd wird anhand der Idealvorstellung des eigenen Ichs gewählt: Möchte man also eher selbstbewusst sein und seine Zurückhaltung ablegen, kann es passieren, dass man sich eines der selbstbewussten Tiere aussucht“, so die Expertin.

Der Therapeut im eigenen Stall

Die Pferde von Claudia A. Friederich wurden speziell als Coachingpferde ausgebildet. Aller- dings spiegeln Pferde immer – auch außerhalb eines Coachings – den Menschen und dessen Verhalten wider. Achten Sie doch einmal darauf, wie ihr Pferd reagiert, wenn Sie nach einem anstrengenden Arbeitstag direkt in den Stall gehen und Ihr Pferd aus der Box holen wollen. Höchstwahrscheinlich wird es nicht freudig mitgehen, da es den Stress spürt und deshalb in Alarmbereitschaft ist. Versuchen Sie stattdessen zunächst etwas Entspannung zu finden, bevor Sie auf Ihr Pferd zugehen. Dies kann beispielsweise die Zubereitung des Futters sein oder ein paar Minuten Auszeit im Reiterstübchen zum Durchatmen. Gehen Sie nun auf Ihr Pferd zu,  wird es Ihren ausgeglichen Gemütszustand realisieren und sich Ihrer Führung direkt viel freudiger anschließen. Pferde berühren Menschen auf unterschiedlichste Weise: Teilweise erfährt der Mensch durch den Kontakt mit dem Pferd mehr über sein eigenes Ich, seine Gefühlswelt und vieles mehr. Pferde spiegeln die Seele des Menschen wider – mit seinen Schwächen und seinen Stärken.

 

Text: Nicole Buchholz

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