Bei Ataxie können Pferde ihre Bewegungen nicht mehr in jeder Situation koordinieren. Die Ursachen dafür können vielfältig und schwer zu finden sein

Lange dachte Susanne, dass ihr Wallach Carlsson nur noch etwas schwach auf der Brust ist, als sie ihn im Alter von 2,5 Jahren erwarb. Im Freilaufen schien er seine Füße noch nicht richtig sortiert zu bekommen, hier und da stolperte er. Susanne begann, ihn an der Longe zu arbeiten und wollte mittels Bodenarbeit Vertrauen aufbauen. Carlsson zeigt sich gelehrig und kooperativ, doch Rückwärtsrichten? Nicht mit ihm! Denn wie sich einige Untersuchungen später herausstellen sollte, ist es Carlsson körperlich einfach nicht möglich, rückwärtszutreten. Er leidet unter Ataxie.

Ataxie beim Pferd ist eine Störung des Bewegungsablaufs, die sich in fünf Schweregrade unterteilen lässt. In der Literatur wird bei den Ausprägungen von Ataxie mitunter zwischen „echter“ (neurologische Erkrankung) und „unechter“ Ataxie (osteopathische oder stoffwechselbedingte Erkrankung) unterschieden.

Tierärztin Carolin Gerdes weiß aber: „In der internationalen Wissenschaft wird lediglich von ‚Ataxie‘ gesprochen.“ Denn wie der Begriff der Lahmheit, umfasst auch der Begriff der Ataxie einen Symptomkomplex, der ganz verschiedene Ursachen haben kann. Laut Gerdes ist die spinale Ataxie, also die Ataxie, die das Rückenmark des Pferdes betrifft, die häufigste Form.

Ataxie: Symptome

Zu dem bereits erwähnten unkoordinierten Gangbild, wie es sich auch bei Carlsson von Beginn an äußerte, kann bei Ataktikern häufig noch ein Schwanken und Stolpern als Begleiterscheinung hinzukommen. Pferde mit Ataxie bekommen von ihren Gliedmaßen ein reduziertes Feedback, wo diese sich befinden. Tierärzte sprechen von Defiziten in der Propriozeption. In schwacher Form ist eine Ataxie schwierig zu erkennen. „Bei einer nur leichten Ataxie haben Pferde oft ein scheinbar besonders ‚schlaksiges‘, sehr schwungvolles Gangbild“, erklärt Tierärztin Gerdes.

Unter anderem das macht eine abgesicherte Diagnose „Ataxie“ schwierig. Denn es kann sich auch einfach um ein unausbalanciertes, muskulär unterentwickeltes (Jung-) Pferd handeln. Susanne hatte also durchaus Grund zur Annahme, dass ihr Carlsson prinzipiell gesund ist. Die sogenannte Hypermetrie, also übertriebene Bewegungen, ist ein weiteres Symptom bei ataktischen Pferden, welches zu einem exaltierten oder spastischen Gangbild führen kann. Im Allgemeinen können nur die Vorhand, nur die Hinterhand oder alle vier Gliedmaßen von der Ataxie betroffen sein.

Die Symptome der Ataxie ähneln denen von Lahmheiten des Pferdes. Wenn ein Pferd zum Beispiel auf beiden Vorderbeinen lahm geht, dann neigt es auch zum Stolpern und abnormalen Bewegungsabläufen. Nicht zuletzt sind ungewöhnliche Gangbilder auch bei Pferden zu beobachten, die von den Erkrankungen Shivering oder Hahnentritt betroffen sind.

Ataxie: Ursachen

Veränderungen im zentralnervösen System, das aus dem Gehirn und dem Rückenmark besteht, liegen einer Ataxie zugrunde. Das erklärt die Tierärztin. Beide Komponenten arbeiten zusammen und leiten Reize innerhalb des Körpers weiter. Diese Veränderun- gen bzw. Beschädigungen des Zentralnervensystems können vielerlei Gründe haben:

● eine Infektion durch Viren, Bakterienoder Parasiten (z. B. durch eine Erkrankung an Borna, Borreliose oder Herpes)

● eine traumatische Erkrankung wie z.B. eine Fraktur

● eine degenerative Erkrankung (z.B. Arthrose der Facettengelenke der Halswirbelsäule)

● eine neoplastische Umfangsvermehrung bzw. ein Tumor im Gehirn oder Rückenmark

● eine entwicklungsbedingte Erkrankung wie das Wobbler-Syndrom (dort kommt es zu einer Missbildung und fehlerhaften Aufreihung der Halswirbel)

● ein gravierender, langanhaltender Nährstoffmangel (ein Defizit an Vitamin E kann zusammen mit anderen Faktoren zur sogenannten Equinen Degenerativen Myeloenzephalopathie, EDM, führen, die vor allem junge Tiere betrifft)

● eine Stoffwechselerkrankung (z.B. die Hepatische Enzephalopathie (HE), bei der aufgrund einer vorangeschrittenen Lebererkrankung die Verstoffwechselung von Abfallprodukten im Körper nicht mehr funktioniert und deren Anreicherung die Erkrankung auslöst)

● eine Vergiftung (durch bspw. eine Medikamenten-Überdosis des Entwurmungsmittels Ivermectin)

● eine erbliche Erkrankung (z.B. die Cerebelläre Abiotrophie (CA) beim Arabi- schen Vollblut).

Neben der spinalen Ataxie existiert auch die zerebelläre Ataxie (das Kleinhirn betreffend), wozu z.B. die zerebelläre Abiotrophie gezählt wird. Die dritte Art von Ataxie, die sogenannte zerebrale Ataxie (das Großhirn betreffend), kann durch Hirntumore, Schädelfrakturen (Traumata) oder Infektionen hervorgerufen werden.

Text. Redaktion     Foto: 

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