Keine Motorengeräusche, sondern Hufgetrappel und Pferde, so weit das Auge blickt – so sieht das Leben auf der ostfriesischen Insel Juist aus. Hier haben die Pferde das Sagen, denn die Insel ist autofrei. Sie ersetzenjeglichemotorisierten Straßenteilnehmer. Nur die Autos der zwei Ärzte, die Feuerwehrwagen sowie die Krankenwagen und DLRG-Rettungsfahrzeuge sind auf der Insel erlaubt. Güterverkehr, Personenverkehr, Müllabfuhr und alles anderewird hier mit dem Pferdefuhrwerk gemeistert

Juist, die 17 Kilometer lange ostfriesische Insel, zeichnet sich durch ihre extreme Ruhe aus. Sie liegt in der Nordsee zwischen Norderney und Borkum sowie bei der Vogelinsel Memmert. Nur 500 bis 1.200 Meter breit, tideabhängig, autofrei und vor allem mit dem schönsten Sandstrand der Ostfriesischen Inseln, kommen Urlauber hier voll auf ihre Kosten. Steht man auf höheren Dünen, beispielsweise beim Meerwasserbad, kann man den Blick vom Nordseestrand bis zur Wattseite schleifen lassen und somit die volle Breite der Insel sehen. Bei Ebbe kann man dann auch das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer entdecken und bestaunen. Besonders gerne wird die schmalste der Ostfriesischen Inseln mit dem Fahrrad oder eben mit der Kutsche erkundet. Denn hier haben die Pferde das Sagen. Sie befördern nicht nur Personen in den Kutschen, sondern auch Lebensmittel, Möbel und andere Güter, die auf der Insel von A nach B gebracht werden müssen. Auch die Müllabfuhr wird von einem Pferdefuhrwerk gezogen. Nur die beiden Inselärzte, die Feuerwehr, die DLRG und die Krankenwagen sind motorisierte Straßenteilnehmer. Selbst die Polizei ist hier auf dem Fahrrad unterwegs.

Der Sandstrand und auch das Wattenmeer sind von dem Ort Juist und seinem Ortsteil Loog schnell zu erreichen. Auf Juist ist eigentlich alles schnell zu Fuß zu erreichen, sodass hier auch gar keine Autos gebraucht werden. Darum ist das Hufgetrappel der Fuhrwerke auch allgegenwärtig. Mitten in den Dünen liegt ein Süßwassersee, der Hammersee. Durch eine kleine Naturkatastrophe, die Petriflut von 1651, wurde die Insel zunächst in zwei Teile getrennt. Nach und nach wurde der Durchbruch wieder zugeschüttet, ganz geschlossen wurde die Nordseite mit dem Sanddamm erst 1928. Vier Jahre später brach eine Sturmflut durch den Deich. Aus diesem überfluteten Gelände entstand der Hammersee, der heute ein Biotop für zahlreichen Tier- und Pflanzenarten bietet.

Juist: Anreise mit der Fähre oder mit dem Flugzeug

Wie reist man denn nun an, wenn die Insel autofrei ist? Die Autos bleiben nämlich am Hafen von Norddeich stehen. Am einfachsten geht dies mit der Reederei Frisia, einem Fährunternehmen, das bei Flut die Insel ansteuert. Das Gepäck wird in Gepäckwagen verstaut und ebenfalls mit der Fähre auf die Insel gebracht. Da Juist jedoch von den Gezeiten abhängig ist, ist dies manchmal gar nicht so einfach, und die Fähren können meist nur einmal am Tag übersetzen. Darum ist es auch verhältnismäßig ruhig auf der Insel. Unabhängig vom Meer sind jedoch die kleinen Flugzeuge, die am Ostende der Insel landen. Diese fliegen von Norddeich mehrmals täglich auf die Insel und können Passagiere innerhalb weniger Minuten auf dem Töwerland absetzen. Vom Flughafen aus werden die Gäste dann mit einem Pferdefuhrwerk in den Ort gebracht und sind so innerhalb von vierzig Minuten vor Ort. Mit der Fähre dauert die acht Kilometer lange Überfahrt rund 90 Minuten.

Die Geschichte der Pferde

Töwerland? Richtig, das Wort stammt aus dem Friesischen und bedeutet „Zauberland“. 1398 erstmals erwähnt, entwickelt sich Juist zu einem Gästeparadies. Zweimalig wird ein Seebad auf der Insel begründet, eine Inselbahn und später ein Hafen werden gebaut, um der steigenden Gästeanzahl gerecht zu werden. Aber auch die steigende Anzahl der Pferde ist urkundlich erwähnt. 1530 werden erstmals Wildpferde auf der Insel entdeckt, rund fünfzig Jahre später züchtet der Graf von Ostfriesland auf der Insel seine Tiere. Heute leben etwa 100 Pferde auf der kleinen Insel und beherrschen von dort aus den Alltag der Bewohner und auch der Gäste.

Text: Nora Dickmann     Foto: imago images

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