Ein gesunder Magen ist extrem wichtig für den allgemeinen Gesundheitszustand des Pferdes. Leidet das Pferd unter Würmern, führt das zu Schäden. Eine Wurmkur muss her. Doch welche? Viermal im Jahr eine chemische Wurmkur verabreichen oder regel­mäßige Kotproben – welches ist das richtige Konzept?

Das weitverbreitete Konzept der strategischen Entwurmung mit vier Wurmkurgaben im Jahr steht immer häufiger in der Kritik. Grund dafür ist die zunehmende Bildung von Resistenzen durch diese prophylaktische Entwurmung. Von einer Resistenz ist die Rede, wenn die Würmer sich dahingehend entwickelt haben, dass ihnen ein bestimmter Wirkstoff nichts mehr anhaben kann. Eine der möglichen Ursachen für eine Resistenzbildung sieht Dr. Anne Becher, Tierärztin und Expertin im Bereich der Parasitologie, in der zu häufigen Gabe von Wurmkuren ohne anschließende Wirksamkeitskontrolle. Auch der oft propagierte Wechsel der Wirkstoffe ist nur eingeschränkt hilfreich, da es aktuell nur vier Wirkstoffe auf dem Markt gibt.

Welches Konzept eignet sich?

Neben der strategischen Entwurmung gibt es noch die „Zeitgemäße (+Selektive) Entwurmung“. Bei dieser Variante wird die präventive Gabe eines Medikamentes – in diesem Fall der Wurmkur – abgelehnt und die Diagnose des tatsächlichen Wurmbefalls des Pferdes in den Vordergrund gerückt. Die prophylaktische Medikamentengabe, wie sie bei Wurmkuren teilweise noch üblich ist, gibt es ansonsten nirgendwo. Sowohl im human- als auch veterinärmedizinischen Bereich wird darauf geachtet, möglichst wenig Medikamente zu verabreichen. Eigentlich steht immer zuerst eine Diagnose (im Bereich der Würmer also die Kotprobe) vor der Therapie (in diesem Fall einer Wurmkur) an.

Das Vorgehen bei der Zeitgemäßen (+Selektiven) Entwurmung ist Folgendes: Zunächst schickt der Pferdebesitzer eine Kotprobe an ein Labor, dort wird mittels verschiedener Methoden die Eiausscheidung untersucht. „Die Selektive Entwurmung zielt auf die Kleinen Strongyliden ab, die am häufigsten verbreitete Wurmart bei Pferden. Bei ihr wird unter anderem mit dem McMaster-Verfahren gearbeitet“, erklärt Dr. Anne Becher. Bei dieser viel verwendeten Methode wird die genaue Eiausscheidung des Pferdes mittels einer quantitativen Zählung durch die Einheit „Eier pro Gramm Kot“ (EpG) dargestellt. Zu Beginn der Selektiven Entwurmung sollten von allen Pferden vier Kotproben im Laufe der Weidesaison untersucht werden, anschließend kann diese Anzahl gegebenenfalls verringert werden. Mittels des EpG- Wertes wird das Pferde in eine von drei Kategorien – niedriger (unter 200 EpG), schwankender oder hoher Eiausscheider (über 200 EpG) – eingeteilt. Generell gilt 200 EpG als Grenzwert, bei einer höheren Eiausscheidung wird eine Entwurmung empfohlen. Ein Großteil der Pferde gehört zu den niedrigen Eiausscheidern, sodass häufig keine Wurmkur notwendig ist. Das Ziel der Selektiven Entwurmung ist dabei nicht, einen wurmfreien Pferde- bestand zu erhalten. Vielmehr soll der Infektionsdruck verringert sowie die Entwicklung von Resistenzen verlangsamt und so die Effizienz der aktuellen Wirkstoffe länger erhalten werden.

Neben dem McMaster-Verfahren gibt es beispielsweise die Kombinierte Sedimentation-Flotation, die häufig zur Untersuchung eines Bandwurmbefalls eingesetzt wird, sowie den Klebestreifenabklatsch zum Nachweis der Pfriemenschwänze. Außerdem gibt es noch verschiedene Tests, um die Großen von den Kleinen Strongyliden zu differenzieren –unter anderem durch eine Larvenanzucht. Die Großen Strongyliden wurden durch die häufige Entwurmung in Deutschland in der Vergangenheit nahezu ausgerottet. Aufgrund der reduzierten Wurmkurgabe befürchten Kritiker der Zeitgemäßen (+Selektiven) Entwurmung nun eine Rückkehr dieser Wurmart. Da sie den Magen-Darm-Trakt verlassen und die Blutgefäße angreifen, sind die Großen Strongyliden fürs Pferd äußerst gefährlich.

Durch eine der beschriebenen Methoden wird der Wurmbefall analysiert. Anschließend werden die Kleinen Strongyliden selektiv und die weiteren Wurmarten gezielt nach Bedarf bekämpft. Bei der Zeitgemäßen Entwurmung herrscht der Grundsatz, jede Wurmart gezielt zu bekämpfen und nicht auf Verdacht ein „alles tötendes“ Kombi-Präparat zu verwenden. In regelmäßigen Abständen wird zwei Wochen nach der Entwurmung eine weitere Kotprobe untersucht, um die Effektivität des Wirkstoffes und somit den Erfolg der Behandlung zu überprüfen. Je nach Wirkstoff sollte eine Wurmkur die Eiausscheidung zwischen 90 und 95 Prozent reduzieren, ansonsten besteht möglicherweise eine Resistenz gegen den verwendeten Wirkstoff.

„Das Schlimmste, was man machen kann, ist eine gleichzeitige Entwurmung aller Pferde, um sie im Anschluss auf eine neue, unbeweidete Weide zu stellen“, erklärt Dr. Anne Becher. In einem solchen Fall überleben nämlich nur die resistenten Eier, sodass sich schnell eine Resistenz entwickelt. Bei der Zeitgemäßen (+Selektiven) Entwurmung werden nur die massiven Eiausscheider entwurmt, sodass die anderen Pferde nicht resistente Eier ausscheiden. Diese mischen sich dann mit den resistenten Eiern und verlangsamen die Entwicklung einer Resistenz.

Text: Nicole Audrit     Foto: www.Slawik.com

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