Text: Nora Dickmann     Foto: www.Slawik.com

Menschen und auch die meisten Säugetiere nehmen Gerüche hauptsächlich über die Nase wahr. So auch Pferde. Diese haben aber noch ein zweites Sinnesorgan zur Geruchswahrnehmung: das Jacobson-Organ. Um Gerüche intensiv und detailliert zu analysieren, flehmen Pferde

Wieso flehmen Pferde?

Normalerweise atmen Pferde ausschließlich durch die Nase ein und aus. Beim Flehmen atmen die Tiere jedoch stoßartig und tief durch das Maul ein. Wenn sie flehmen, strecken Pferde den Kopf und den Hals mit hochgezogener Oberlippe nach vorn und leicht nach oben. Die Nüstern sind fast geschlossen, der Mund ist leicht geöffnet. Aufgrund der Lippenposition wird der Eingang zum zweiten Sinnesorgan zur Geruchswahrnehmung, dem Jacobson-Organs, freigelegt. Durch die Haltung des Kopfes erlaubt der Kehlkopf zudem, dass mehr Luft eingeatmet werden kann und auch durch das Jacobson-Organ „gezogen“ wird. Durch das Flehmen gelangen die Geruchspartikel an dieses Organ, dessen Eingang sich an der Kante zwischen Zahnfleisch und Oberlippe befindet. Das Organ selbst liegt zwischen dem weichen und harten Gaumen des Oberkiefers. Es ist mit sehr empfindlicher Riechschleimhaut ausgestattet, wodurch eine intensive Geruchsanalyse ermöglicht wird.

Flehmt ein Pferd, will es also Gerüche intensiver wahrnehmen. Auch dient es der Kommunikation mithilfe von Gerüchen. So können die Tiere mithilfe des Flehmens Herdenmitglieder erkennen oder auch das Geschlecht und den Hormonstatus des anderen Tieres. Vor allem im Zusammenhang mit der Fortpflanzung wurde das Verhalten beobachtet: Hengste können herausfinden, ob die Stute paarungsbereit ist.

Pferde flehmen außerdem, wenn ihnen eine Situation oder ein Gegenstand unbekannt ist, und analysieren diese auf diese Weise. Manche Pferde flehmen auch als Zeichen des Wohlbefindens, beispielsweise bei intensiven Streckbewegungen. Aber auch das Gegenteil, wie eine Kolik, kann durch das Flehmen ausgedrückt werden.

Welche Rolle spielt das Jacobson-Organ beim Flehmen?

Evolutionsbedingt ist die Geruchswahrnehmung der Pferde überlebenswichtig. Es ist also nicht verwunderlich, dass Pferde im Vergleich zu Menschen ungefähr die zehnfache Gehirnmasse für die Geruchswahrnehmung haben. Das Jacobson-Organ leitet die Informationen direkt an das Gehirn weiter. Dort werden sie verarbeitet. Dies ist besonders im Fall von unbekannten Gerüchen, die eine potenzielle Gefahr bedeuten könnten, für das Fluchttier Pferd überlebenswichtig.

Können nur Pferde flehmen?

Nein, auch alle anderen Säugetiere besitzen das Jacobson-Organ. Flehmen dient also auch ihnen zur intensiven Geruchswahrnehmung. Bei Haustieren wird dieses Verhalten öfter wahrgenommen als bei wilden Tieren. Dies liegt aber daran, dass diese nicht so nah mit uns Menschen in Kontakt stehen und wir das Verhalten somit seltener bemerken. Katzen, Hunde, Tiger und Nashörner zeigen also auch dieses Verhalten. Dem Menschen fehlt das Jacobson-Organ beinahe gänzlich. Bei ihm sind nur noch rudimentäre Anlagen vorhanden.

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