Text: Jana Herrmann Foto: www.Slawik.com
So ein Turnierstart ist schon eine aufregende Sache: Nicht nur für den Reiter, sondern auch für das Pferd. Daher ist es umso wichtiger, die ungewohnte Situation so stressfrei und angenehm wie möglich für das Pferd zu gestalten. Motto: Eigentlich alles so wie immer. Wie das klappt, haben wir hier zusammengetragen
Meistens dauert der große Auftritt nur fünf Minuten, im Parcours sogar noch weniger. Auf dem Turnier müssen Pferd und Reiter genau im richtigen Moment in der Prüfung „abliefern“. Das klappt nur, wenn beide möglichst konzentriert und optimal vorbereitet an den Start gehen. Und dafür ist wiederum nicht nur die eigene reiterliche Leistung im Sattel entscheidend, sondern mindestens genauso sehr das ganze Drumherum. Wer selbst Turnierreiter ist, weiß nur zu gut: Oft verbringt man den ganzen Tag auf einer Veranstaltung, weil zwischen den Prüfungen einige Stunden Pause sind. Dann kann es schon mal passieren – da sind sich Zwei- und Vierbeiner gar nicht so unähnlich –, dass dem Pferd vor lauter Aufregung der Durst vergeht oder es dermaßen unter Spannung steht, dass später unter dem Sattel nichts mehr gelingen will. Ruhe und gute Organisation sind gefragt, damit sich das Pferd auch auf dem Turnier wirklich wohlfühlen kann.
1995 hat die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) ihre „Ethischen Grundsätze für Pferdefreunde“ veröffentlicht. Nummer eins lautet: „Wer auch immer sich mit dem Pferd beschäftigt, übernimmt die Verantwortung für das ihm anvertraute Lebewesen.“ Dieser Grundsatz gewinnt auf dem Turnier noch einmal deutlich an Bedeutung. Anders als bei allen anderen Sportarten ist das Pferd kein Sportgerät, sondern ein Partner. Es hat Bedürfnisse und Empfindungen, die es auf dem Turnier ebenso zu berücksichtigen gilt wie im Alltag – genau hierin liegt die Verantwortung des Menschen. Das wird auch im dritten ethischen Grundsatz noch einmal deutlich: „Der physischen wie psychischen Gesundheit des Pferdes ist unabhängig von seiner Nutzung oberste Bedeutung einzuräumen.“ Sprich: Bei allem Ehrgeiz – vor dem Traum von der goldenen Schleife muss immer das Wohlbefinden des Pferdes an erster Stelle kommen. Auch die Tierärztin und Vielseitigkeitsreiterin Dr. Annette Wyrwoll betont: „Für mich ist es eine Unsitte, mein Pferd nach der Prüfung einfach verschwitzt und dreckig wieder auf den Hänger zu stellen – und dann am besten erst einmal selbst zur Pommesbude zu gehen.“ Das Prinzip lautet: Erst das Pferd, dann der Reiter. Das steht zwar nicht in den „Ethischen Grundsätzen“, sollte aber selbstverständlich sein.
Das leibliche Wohl
Je länger ein Turniertag dauert, umso besser muss die Versorgung des Pferdes geplant werden. „Wenn ich nur für eine kurze Prüfung zum Turnier fahre, muss ich mein Pferd nicht unbedingt dort füttern“, so Dr. Wyrwoll. Anders sieht es aus, wenn man schon früh den Hof verlässt und erst im Dunkeln wieder nach Hause kommt. Die wichtigste Regel in diesem Fall lautet: Die Routine beibehalten! „Wenn es möglich ist, sollte man die Fütterung am Turniertag nicht viel verändern“, rät Dr. Wyrwoll. Das gilt sowohl für die Auswahl der Futtermittel als auch für die Futterzeiten. Wenn das Pferd also normalerweise um sieben Uhr morgens sein Heu bekommt und eine Stunde später Kraftfutter, sollten diese Gewohnheiten nicht verändert werden. Natürlich richtet sich der Zeitplan des Veranstalters nicht unbedingt nach den eigenen Futterzeiten. Wenn also schon um acht Uhr die erste Prüfung ansteht, muss das Pferd vorher zu Hause sein Heu bekommen haben. Bei ganz frühen Starts empfiehlt es sich deswegen, schon am Abend zuvor eine extra große Portion Heu zu geben, damit eine ausreichende Versorgung mit Raufutter gewährleistet ist. „Im Zweifelsfall kommt das Pferd in der ersten Prüfung auch einmal nur mit Heu aus“, sagt Dr. Wyrwoll.
Denn auch für die Kraftfuttergabe sollte man so wenig wie möglich vom Alltag abweichen. Leichte Anpassungen der Uhrzeiten, je nach Prüfungsbeginn, sind aber unproblematisch. Beim Kraftfutter kommt es außerdem darauf an, genügend Zeit zum Fressen und Verdauen einzuplanen.
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