Text: Inga Dora Schwarzer Foto: www.Slawik.com
Ein Hallenspiegel hilft dem Reiter, sich und sein Pferd durch einen kurzen Blick selbst zu kontrollieren. So können Fehler im Training schnell erkannt und korrigiert werden – vorausgesetzt, das Gefühl bleibt dabei nicht auf der Strecke. Was dem Menschen nützt, irritiert hingegen viele Pferde, denn sie nehmen den Spiegel völlig anders wahr als wir
Spieglein, Spieglein an der Wand, wer sitzt am schönsten im ganzen Land? In jeder gut ausgestatteten Reithalle sind mehrere Spiegel angebracht, in denen der Reiter sein eigenes Spiegelbild und das des Pferdes für einen kurzen Moment sehen kann. Aber wie lassen sich die reflektierenden Glasflächen eigentlich für das Training mit dem Pferd nutzen? „Ein Blick hinein kann hilfreich sein, um ein besseres Gefühl für unterschiedliche Situationen im Sattel zu bekommen, denn häufig fühlt sich etwas, auf dem Pferderücken sitzend, anders an, als es in Wirklichkeit aussieht, und umgekehrt. Wie schnell knickt der Reiter in der Taille ein oder sitzt schief? Mithilfe eines Spiegels lässt sich der eigene Sitz prima zur Selbstkontrolle nutzen“, sagt FN-Trainerin B und Sitzexpertin Nadine Krause aus Stormarn (Schleswig-Holstein). Auch eine Erklärung des Reitlehrers könne so besser verstanden werden. „Der lernende Reiter setzt eine Korrektur oft leichter um und speichert sie im Gehirn als korrekt ab, wenn er die Möglichkeit hat, sie zu visualisieren. Das Ziel ist hierbei aber nicht der Blick in den Spiegel, sondern die Schulung des reiterlichen Gefühls“, erläutert die Ausbilderin.
Gute Selbstkontrolle
Wer das Spiegelbild zur Selbstkontrolle nutzt, sollte darauf achten, seinen Sitz während des Blicks zur Seite mittig und stabil zu halten. „Eine Veränderung der Sitzposition ist besonders in den Seitengängen und den Übergängen nicht zu unterschätzen. Durch ein zu starkes Mitdrehen oder sogar Verwringen im Oberkörper kann die Gewichtshilfe nicht mehr korrekt eingesetzt werden, die Balance geht verloren, gleichzeitig leidet die ruhige Zügelführung darunter. Wer zu einem dauerhaften Spiegelgucker wird, verliert außerdem seinen Fokus, der beim Reiten auf ein besseres Gefühl für das Zusammenspiel der Hilfen und die Bewegungen des Pferdes gerichtet werden sollte“, gibt Nadine Krause zu bedenken. Außerdem könne das Hilfsmittel lediglich einen kurzen Augenblick des Reitgeschehens darstellen, nie aber ein dauerhaftes Gesamtbild.
Die Pferdewirtin und Pferdeverhaltenstrainerin Lea Dietrich aus dem niedersächsischen Bovenden ist ähnlicher Meinung. „Ziehe ich mein Bein hoch? Sind meine Hände auf gleicher Höhe? Passt mein Gefühl zum Außenbild? Diese Fragen kann das Spiegelbild schnell beantworten“, so die Expertin. Doch rät auch sie davon ab, den Spiegelblick zur Gewohnheit werden zu lassen. „Wendet der Reiter den Kopf zur Seite, dreht sich der Oberkörper immer ein bisschen mit. Viele Reiter sitzen schief im Sattel, weil sie ihren Blick zu oft darauf richten, und wundern sich, dass irgendwann auch ihr Pferd schief läuft. So kommt das eine zum anderen – und am Ende schleichen sich eventuell mehr Fehler ein als ohne die reflektierende Unterstützung. Die Möglichkeit der Selbstkontrolle sollte nicht dazu führen, dass Reiter ihr Gefühl und das Pferd unter ihnen vergessen“, betont sie. Wichtig sei ferner, sich vorab zu überlegen, was genau kontrolliert werden soll, um gezielt auf beispielsweise die Lage der Schenkel oder das Genick des Pferdes zu achten. Der Grund? Auch wenn sich unsere Augen gut an die Geschwindigkeit der Bewegung anpassen, schaffen wir es im Sattel nicht, alle Details auf einmal wahrzunehmen.
Den kompletten Text finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.