Text: Jana Herrmann      Foto: von Korff

Der Hufschmied übernimmt eine große Verantwortung, daran besteht kein Zweifel. Inwieweit Beschlag und Hufbearbeitung jedoch tatsächlich Einfluss auf den gesamten Bewegungsapparat des Pferdes nehmen können, zeigen Studien von Dr. Jenny Hagen

Um zu erkennen, welche Rolle die Hufe in der Bewegung spielen, gilt es erst einmal die Grundlagen zu verstehen: Der Bewegungsapparat des Pferdes passt sich stetig den Belastungen an, denen er ausgesetzt ist. Langanhaltender Druck führt – gerade bei porösen Knochen wie dem Hufbein – zu Knochenabbau. Bei anhaltendem Zug entstehen hingegen Knochenzubildungen. Dieser funktionelle Knochenumbau läuft bei jungen Pferden übrigens etwa um ein Zehnfaches schneller ab als bei erwachsenen Tieren – ein Grund mehr, warum mit der Hufbearbeitung unbedingt schon im Fohlenalter begonnen werden sollte. Innerhalb der ersten zwei Lebensjahre des Pferdes reifen zudem die oberflächliche und tiefe Beugesehne, sie werden stabiler. Erst wenn später beim erwachsenen Pferd der Alterungsprozess einsetzt, verlieren sie wieder an Elastizität. Bei mechanischer Belastung bauen die Sehnen vermehrt Kollagen auf, wodurch sich der Sehnenquerschnitt, also der Umfang der Sehne, erhöht. „Jeder, der den Bewegungsapparat des Pferdes beeinflusst – Tierärzte, Chiropraktiker und insbesondere Hufschmiede – sollte sich bewusst machen, dass er Einfluss auf die Belastung der Gewebe nimmt und damit die strukturelle Beschaffenheit der Knochen, Gelenke, Sehnen und Bänder verändert“, betont Dr. Jenny Hagen von der Universität Leipzig.

Ganz individuell: Fußungsmuster beim Pferd

Wenn sich das Pferd bewegt, unterscheidet man zwischen Hangbeinphase und Stützbeinphase. Letztere bezeichnet die Phase, in der der Huf Bodenkontakt hat – beginnend mit dem Auffußen, gefolgt von dem Moment, in dem das maximale Gewicht auf der Gliedmaße lastet (Hauptstützphase) und dem Abrollen. Dabei sind gerade die unteren Strukturen der Gliedmaße, insbesondere der Huf, großen Belastungen ausgesetzt. Bildlich gesprochen läuft das Pferd dauerhaft auf den Zehenspitzen, also auf dem Hufbein. Auf dieses wirken demnach einerseits das Körpergewicht des Pferdes von oben, andererseits die Bodenreaktionskräfte von unten ein, was wiederum die angesprochenen Umbauprozesse am Knochen zur Folge haben kann. Es gilt: Je schwerer ein Pferd ist (= Masse) und umso schneller es sich bewegt (= Beschleunigung), desto größer sind diese Kräfte. Masse und Beschleunigung kann der Hufschmied nicht beeinflussen, wohl aber, auf wie viel Fläche des Hufes sich die einwirkenden Kräfte verteilen. Laut Dr. Hagen ist es für dessen Arbeit daher umso wichtiger, dass bei der Hufbearbeitung bzw. beim Beschlag „die optimale Verteilung der einwirkenden Kräfte angestrebt wird“. Auch Druckspitzen, also einzelne Punkte, an denen die einwirkenden Kräfte besonders hoch sind, seien zu vermeiden. Über das optimale Fußungsmuster des Pferdes, also die Art und Weise, wie der Huf auf den Boden aufgesetzt wird, streiten sich die Experten bis heute. Die Fußungstheorie geht davon aus, dass das Pferd möglichst plan auffußen sollte, also dass alle Teile des Tragrandes bzw. des Hufeisens den Boden gleichzeitig berühren müssen, damit die Gelenke gleichmäßig belastet werden und der Huf sich gleichmäßig abnutzt. Einen anderen Standpunkt vertritt die Theorie „Natural Hoof Care“: Sie geht davon aus, dass der hintere Teil des Hufes zuerst den Boden berühren sollte (Trachtenfußung), und begründet dies mit der Anatomie des Hufes. Fußt das Pferd mit den Zehen zuerst auf, ist in der Literatur häufig von einer Erkrankung (Hufrollenentzündung), Trachtenzwang oder Strahlfäule die Rede.

Dr. Hagen hat in einer Studie von 2017 das Fußungsmuster von 125 Pferden untersucht. Dabei konnte bei 15 Prozent der Pferde Zehenfußung, bei 35 Prozent ein planes Fußungsmuster und bei 40 Prozent ein Auffußen mit der lateralen (äußeren) Hufwand festgestellt werden. Die restlichen fünf Prozent zeigten eine Trachtenfußung oder ein Auffußen mit der medialen (nach innen zeigenden) Seitenwand.

Mehr Informationen zu der Studie finden Sie in der aktuellen Mein Pferd-Ausgabe.

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