Die Ethik der Pferde
Grüne Brise
Ich strecke die Nase in den Wind und nehme einen tiefen Atemzug der warmen Sommerluft, während ich den Schotterweg in Richtung unserer „Einzelwiesen“ gehe. Rechts von mir ist der Wald, dessen Bäume nicht nur wunderschön grün und kräftig aussehen, sondern auch herrlich vertraut und beruhigend riechen. Die ätherischen Öle, die der Wald an seine Umgebung abgibt, tun mir gut. Mitverantwortlich für diesen so gewohnten Geruch sind die Terpene, die ätherischen Öle der Pflanzen. Doch zwischen diese Botenstoffe, über die die Bäume miteinander kommunizieren, mischt sich ein anderer wohlbekannter guter Geruch, der mir hier am Stall jedoch fremd ist. Kurz runzle ich die Stirn, bis ich verdutzt nach links auf die Wiesen schauend bemerke, was es ist. Die grünen Weiden sind alle gemäht und auf ihnen liegen Häufchen mit dem gemähtem Gras. Fein säuberlich hat das fahrbare Arbeitsgefährt das geschnittene Unheil auf jeder Wiese zurückgelassen. Mal wieder zweifle ich am Verstand desjenigen, der es wohl gut gemeint, aber ohne Pferdewissen gehandelt hat.
Was eigentlich jeder, der mit Pferden zu tun hat, wissen müsste, ist, dass gemähtes Gras äußerst gefährlich ist. Im Gegensatz zum Weidegang, wo Pferde sehr selektiv fressen und die Aufnahme von Giftpflanzen in der Regel instinktiv meiden, werden die Giftpflanzen in geschnittenem Gras von Stallpferden oft einfach mitgefressen. Außerdem kann sich Rasenschnitt, der beim Rasenmähen anfällt, im Verdauungsapparat des Pferdes „zusammenballen“ und schwere Koliken verursachen. Und neben diesen beiden Gefahren kommt es auch noch sehr schnell zu derartigen Oxidationsprozessen, die neben der ohnehin gesundheitsschädlichen Wirkung auf den Pferdekörper, auch schwere Koliken auslösen können. Aiaiaia… Das Zeug muss also schnell weg von den Wiesen. Mit vereinten Kräften können wir die Wiesen dann schnell von dem gefährlichen, wenn auch gut riechenden, Grün befreien.
Diesen Geruch möchte ich dann doch lieber für andere Orte positiv abspeichern und freue mich beim Gang mit den Hunden in meiner Nachbarschaft auch weiterhin über ihn. Aber bitte nicht mehr am Stall.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Restsommer!
Lara Wassermann
Leitende Redakteurin Mein Pferd
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