Text: Aline Müller       Foto: imago images/ germanopoi

Depressionen oder Burnout betreffen nur uns Menschen? Von wegen. Auch bei Pferden häufen sich heutzutage psychische Erkrankungen. Die jedoch oft gar nicht, falsch oder einfach zu spät diagnostiziert werden. Mit teilweise fatalen Folgen

Früher schaute Diving Diva immer mit gespitzten Ohren aus der Box, wenn ihre Besitzerin Bea aus dem Auto stieg. Heute steht sie abgewandt mit dem Kopf in der Ecke und zeigt kaum eine Reaktion. „Als Pferdebesitzer schießt einem natürlich zuerst der Gedanke in den Kopf, das eigene Pferd sei krank“, erinnert sich Bea an die ersten Tage. Im Prinzip liegt sie mit der Vermutung auch richtig, doch ihre Stute hat nicht mit körperlichen, sondern mit psychischen Symptomen zu kämpfen. Es war ein langer Weg, das herauszufinden und richtig zu deuten. Nachdem zwei Tierärzte ratlos waren, fuhr Bea mit Diving Diva in die Pferdeklinik. Dort wurde das Tier auf gründlich untersucht. Doch es konnte nichts festgestellt werden. „Irgendwann sass ich in der Box und schaute Diva tief in die Augen, als sie den Kopf zu mir senkte. Da hatte ich plötzlich das Gefühl, in den Spiegel zu schauen“, sagt Bea mit leiser Stimme.

Während der Corona-Pandemie muss Bea ihre zwei jungen Töchter im Alter von sechs und acht als alleinerziehende Mutter zu Hause betreuen, dabei noch irgendwie ihren Job erledigen und ihr Pferd versorgen. Nach einer COVID-Infektion fühlt sie sich über Monate sehr erschöpft. Auch hier wissen die Ärzte keinen Rat.

Alles gerät aus den Fugen

Die Belastung und der Stress steigen, währen die Kraft mehr und mehr nachlässt. Bea schafft es morgens kaum noch aus dem Bett und möchte am liebsten einfach die ganze Welt um sich herum abstellen. Normale Alltagsaufgaben werden zur extremen Herausforderung. Hinzu kommen Angstzustände und Vorwürfe, nicht zu funktionieren und sowohl ihren Kindern als auch ihrem Pferd nicht gerecht zu werden. Einen Ausweg findet sie nicht, denn alles kommt ihr so schwer und unmöglich zu schaffen vor.

„Das ist eine Situation, in der ich mich nur noch hilflos und überfordert gefühlt habe und die ich keinem wünsche“, so die zweifache Mutter. „Ich war eigentlich immer ein sehr stressresistenter Mensch, und auf einmal gerät mein gesamtes Leben aus den Fugen.“ Wenige Wochen später wendet sich Bea an eine Psychologin, die ihr eine mittelschwere bis schwere Depression diagnostiziert. Nun hat die Schwere also einen Namen. „Ich weiß noch, als ich vor der Praxis saß, den Kopf in meine Hände gestützt und weinen wollte, aber einfach keine Tränen kamen“, erinnert sich Bea. „Es fing an zu regnen, und ich blieb einfach sitzen, bis ich klatschnass war“. Dann fuhr ich zum Stall, weil ich kurz einfach alles hinter mir lassen wollte. Doch irgendwie konnte ich mich auch nicht mehr richtig über Diva freuen.“

Erwartungen, die überfordern

Weitere Wochen vergehen. Diva wird immer häufiger von anderen Einstellern mitbewegt, bis sich irgendwann eine Freundin ehrlich an Bea wendet: „Du, ich glaube Diva leidet auch. Sie hat sich so sehr verändert“, berichtet sie. Was Bea da noch nicht wusste: Auch Pferde können unter Depressionen leiden. Die Verhaltensforschung bei Tieren schreitet immer mehr voran und arbeitet dabei auch enger mit Disziplinen wie der Humanpsychologie zusammen. Das führt zu differenzierteren und neuen Erkenntnissen rund um die seelische Gesundheit unserer Vierbeiner sowie um deren Gefühlsleben. Bereits im Jahr 2012 wurde an der Universität von Rennes sowie an der Universität von Guelph im Team von Carole Fureix eine interessante Studie zum Thema Depressionen beim Pferd als tierisches Modell für die Erforschung der Krankheit beim Menschen veröffentlicht. Unser Alltag ist geprägt von chronischem Stress und Leistungsdruck. Das sieht bei vielen Pferden nicht anders aus.

Den kompletten Artikel finden Sie in der neuen Mein Pferd-Ausgabe.

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