Text: Nora Dickmann Foto: imago images/ Thomas Zimmermann
Am Anfang war er nur das Ersatzpferd von Dr. Reiner Klimke. Am Ende war er Olympiasieger und eines der erfolgreichsten Pferde der deutschen Dressur-Equipe
Dr. Reiner Klimke zählte zu den erfolgreichsten und bedeutendsten Persönlichkeiten der deutschen Sportgeschichte. Insgesamt gewann er 31 Medaillen, darunter jeweils sechsmal Gold bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften sowie 13 goldene Europameisterschaftsplaketten. Eines seiner erfolgreichsten Pferde war Ahlerich.
Der sensible Wallach Ahlerich, der im Jahr 1975 von Dr. Reiner Klimke in Warendorf für stolze 42.000 Mark erworben worden war, erreichte damit eine Rekordsumme und war der Star der Auktion. Eigentlich suchte der Jurist aus Münster zu diesem Zeitpunkt kein weiteres Pferd, schließlich hatte er einen Stall voll mit Stars. Dass dieser Kauf aber zu einer schicksalhaften Wendung führen sollte, war ihm dort noch nicht klar. Denn auch wenn sich Ahlerich toll bewegen konnte, machte er es seinem neuen Besitzer und dessen Frau Ruth, die ebenfalls erfolgreiche Dreussurreiterin war, im Training nicht einfach. Er verzieh keine Fehler, war eine Diva und sehr temperamentvoll. Familie Klimke musste viel Ruhe und Geduld in die Ausbildung des Hannoveraner-Wallachs stecken.
Dieses Training zahlte sich aber schon bald aus: Bereits zwei Jahre, nachdem der Braune in den Stall der Dressurreiter gezogen war und ihnen „schlaflose Nächte“ bereitet hatte, wie Dr. Reiner Klimke in seinem Buch „Ahlerich. Von der Remonte zum Dressur-Weltmeister“ berichtete, gewann Ahlerich im Juli 1977 seine erste S-Dressur. Ein Jahr später nahm er bereits an seinem ersten Grand Prix teil – mit Erfolg.
1980 starteten Ahlerich und Klimke mit der deutschen Dressur-Equipe durch und gewannen einen internationalen Titel nach dem anderen. 1982 wurde das Paar Doppelweltmeister, ein Jahr später gewannen sie Gold mit der Mannschaft und Silber im Einzel bei der Europameisterschaft in Aachen. Bei der EM 1985 in Kopenhagen gewannen sie außerdem Gold mit der Mannschaft und auch im Einzel.
Bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles, Kalifornien, siegten sie ebenfalls, und Ahlerich konnte sich damit in die Liste der erfolgreichsten Dressurpferde der Welt einreihen. Dr. Reiner Klimke selbst empfand diesen Tag im sonnigen Kalifornien als einen seiner schönsten im Leben. Schließlich hatte er bereits vor dem Kauf von Ahlerich alles gewonnen, was es zu gewinnen gab – außer den Olympischen Spielen. Diesen Punkt konnte er mit dem Braunen dann ebenfalls abhaken.
Im Oktober 1988 verabschiedete Dr. Reiner Klimke sein Olympiapferd in Stuttgart in den Ruhestand. Vier Jahre konnte der Wallach noch im heimischen Stall in Münster seine Rente genießen, bevor er 1992 nach einer schweren Kolik eingeschläfert werden musste. Nur sieben Jahre später folgte ihm sein Reiter, der im Alter von 63 Jahren seinem zweiten Herzinfarkt erlag.
Die ganz besondere Beziehung zwischen Reiter und Pferd machte aus den beiden eine Einheit. Präzision und Eleganz im Sattel waren die entscheidenden Kriterien für den enormen Erfolg.