Text: Inga Dora Schwarzer Foto: Daniel Elke
Wie oft und intensiv eine Übung oder Lektion trainiert wird, geschieht häufig aus dem Bauch heraus. Worauf es ankommt, damit Wiederholungen wirklich Erfolge im Training bringen, und wann auf unnötige Reitkilometer verzichtet werden sollte, erklären die Ausbilderinnen Jana Ebinger und Kristina Janssen
Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein Gericht exakt nach den Vorgaben in einem Rezept kochen. Sie wiegen die Zutaten sorgfältig ab und gehen wie beschrieben vor. Doch das Gericht schmeckt Ihnen nicht. Dann probieren Sie es erneut. Immer und immer wieder kochen Sie dasselbe und hoffen dabei, dass irgendwann etwas Wohlschmeckendes herauskommt. „Das ist doch Irrsinn“, denken Sie? Stimmt! „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert“, zitiert die Ausbilderin Jana Ebinger aus Welzheim (Baden-Württemberg) den Physiker Albert Einstein und bringt damit auf den Punkt, was in vielen Reiteinheiten gängige Praxis ist. „Übt man immer das Gleiche, ohne dass sich ein Lern- oder Trainingsfortschritt einstellt, ist das wenig zielführend“, erklärt die Expertin.
Das Falsche antrainieren
Einen Trugschluss nennt die Trainerin Kristina Janssen aus dem niedersächsischen Stelle das Vorgehen, ein Problem durch sich wiederholende, aber gleichbleibende Ausführungen verbessern zu wollen. Dadurch könnten sich Übungen (wie z.B. Wendungen und Übergänge) oder spezifische Lektionen sogar progressiv verschlechtern und zu Frust auf beiden Seiten führen. „Schlechte Wiederholungen sind auch solche, bei denen die Reprisen zu lange andauern und es nicht genügend Erfolgserlebnisse für das Pferd gibt, damit es motiviert bleibt“, meint die Expertin. Dann kommt es im schlimmsten Fall zu einer Verweigerung der Anforderung.
Ein Problem stellen vor allem Wiederholungen inkorrekter Bewegungsabläufe dar. Das Pferd erlernt hierbei nicht nur einen falschen Ablauf, sondern trainiert ihn auch noch. „Wiederholen wir etwas Falsches, ohne nach einer Lösungsstrategie zu suchen, verfestigen wir ein ungewolltes Verhalten. Das Pferd entwickelt zudem eine falsche Muskulatur, die es – im negativen Sinne – immer fitter für die fehlerhafte Ausführung der Lektion macht“, gibt die Ausbilderin zu bedenken. Wie viele Wiederholungen es dafür braucht, ist individuell sehr verschieden und hängt ebenfalls davon ab, wie leicht oder schwer dem Pferd die gewünschte Übung fällt.
Bevor sich ein bestimmter Bewegungsablauf jedoch automatisiert, kann der Reiter, wenn er frühzeitig genug reagiert, eingreifen. Ein Beispiel: Ihr Pferd wählt auf einer Hand immer den Außengalopp, obwohl Sie eigentlich nach Handgalopp gefragt haben. „Versuchen Sie herauszufinden, woher das Problem kommt, und nehmen Sie sich gezielt die Ursache vor. Eventuell beobachten Sie, dass es sich, kurz bevor es angaloppiert, nach außen stellt“, so Janssen. Schauen Sie nun, wo es dieses Verhalten noch zeigt. Ist das beim Antraben der Fall? „Oft besteht hier dasselbe Problem, nur etwas weniger deutlich. Ein Trab in Außenstellung ist außerdem weniger störend als ein Außengalopp“, meint die Trainerin und schlägt vor, Schritt-Trab-Übergänge zu reiten sowie beim Antraben auf eine korrekte Innenstellung zu achten. Das sei eine gute Gelegenheit, um frühzeitig in einen unerwünschten Bewegungsablauf einzugreifen. Jetzt wenden Sie sich der ursprünglichen Baustelle zu und nehmen Veränderungen in der Vorbereitung zum Angaloppieren vor. „Machen Sie es Ihrem Pferd vor der Lektion leicht, die richtige Bewegung zu finden, anstatt im Nachhinein die falsche zu korrigieren“, lautet ihr Rat. Manchmal müsse man dafür unterschiedliche Dinge ausprobieren.
Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie in der neuen Mein Pferd- Ausgabe.