Text: Andreas Ackenheil, Rechtsanwalt Foto: Adobe Stock
Der Spezialist für Pferderecht, Rechtsanwalt Andreas Ackenheil, gibt auch in dieser Ausgabe die besten rechtlichen Tipps rund ums Thema Pferd
Das Internet bietet aber auch einen großen Raum für die Verbreitung von Hetze und diffamierenden Äußerungen, da die Hemmschwelle für Konfrontationen und Angriffe immer weiter sinkt und Hetzer schwer verfolgt werden können. Möchte man einer Person bewusst schaden, kann man mit nur wenigen Klicks und geringem Aufwand schnell das gesamte Ansehen einer Person zerstören. Gerade emotionale Themen wie der Tierschutz, vermeintliche Tierquälerei und Vorwürfe gegen Trainer und Berufsreiter stehen in Foren auf der Tagesordnung. Doch hierbei ergibt sich ein Problem: Foren und Plattformen dienen auch dem Austausch von Gruppen oder Personen, in der gleichen Situation und mit dem gleichen Anliegen. Berechtigte Kritik kann anderen Menschen helfen, Erfahrungen in bestimmten Ställen auszutauschen und sich beispielsweise eine Meinung zu einem Trainer einzuholen. Schwierigkeiten ergeben sich hierbei, wenn keine berechtigte Kritik vorliegt und wenn sich die betroffenen Ställe oder Personen bewusst gegen wahrheitswidrige Äußerungen zur Wehr setzen wollen. Es stellt sich folglich die Frage, wann Äußerungen im Internet einen Straftatbestand erfüllen und wann eine einstweilige Unterlassungsverfügung gegen diese Äußerung erwirkt werden kann. Dies ist grundsätzlich immer nur dann der Fall, wenn die Äußerungen sich in rufschädigender Weise gegen eine Person bzw. den Betrieb richten, beleidigen oder ihr öffentliches Ansehen zerstören. Die Urheber der herablassenden Beiträge verbreiten Gerüchte und Lügen über bestimmte Personen oder Organisationen, um deren öffentliches Ansehen bewusst zu schädigen oder zu zerstören. So kam es bereits vor, dass Tierzüchter mit dem Vorwurf der tierschutzwidrigen Haltung oder sogar Tierquälerei beschuldigt wurden, wenngleich keinerlei Beweise hierfür ersichtlich waren.
Schlechter Zustand der Pferde
Über einen ähnlichen Fall entschied jüngst das Amtsgericht Diez. Die Betreiberin eines Gestütes veröffentlichte Beiträge in den sozialen Medien über den Zustand eines Pensionspferdes und ihres Fohlens, welches zuvor in einem Pensionsstallbetrieb untergebracht war. Die Stute und ihr Fohlen standen in dem Stall, da sich der Betrieb auf Stutenmanagement und Fohlenaufzucht spezialisiert hatte. Später erfolgte der Umzug der Stute samt deren Fohlen in das Gestüt. Die Betreiberin des Gestütes veröffentlichte Bilder und einen Text in einem Internetportal, die die Stute samt Fohlen in einem schlechten Futterzustand zeigten, und fügte in einem Text bei, dass sie glücklich sei, dass sich die Pferde nun erholen und das Fohlen Fortschritte mache. Folglich stellte die Gestütsbetreiberin die Situation so dar, als kämen Stute und Fohlen aus sehr schlechter Haltung und würden nun aufgepäppelt werden. Gegen diese Äußerungen im Internet stellte der Pferdepensionsbetrieb, bei dem die Stute mit Fohlen zuerst untergebracht waren, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Amtsgericht Diez, um eine Unterlassung derartiger Äußerungen zu erwirken.
Ist ein Schaden entstanden?
In dem Antrag hieß es, dass die Äußerungen im Internet den Betrieb diffamieren, dessen Ruf nachhaltig schädigen und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzen, da das Gestüt suggeriert, dass in dem Pensionsstallbetrieb Missstände herrschen. Dies beantragte die Gestütsleiterin abzulehnen und erläuterte, dass es sich um wahre Tatsachen handele, die von der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Diese Auffassung vertrat auch das Amtsgericht. Das Gericht führte in seiner Entscheidung aus, dass es sich entgegen der Ansicht der Betreiberin des Pferdepensionsbetriebes bei den Äußerungen im Internet lediglich um wahre Tatsachenbehauptungen handele, die in Zusammenhang mit den originalen Bildern keine diffamierenden Äußerungen seien. Der Antrag auf Unterlassung bzw. Löschung der Beiträge wurde somit abgelehnt. Anhand des Urteils wird deutlich, dass genau unterschieden werden muss, wann es sich in der konkreten Konstellation um wahre Tatsachenbehauptungen handelt und wann die Äußerungen unwahr sind und die Personen oder einen Betrieb öffentlich demontieren (sogenannte Prangerwirkung).
Wann sind öffentliche Äußerungen strafbar?
Oft ist es Personen im Internet nicht bewusst, dass ihr Benehmen nicht nur verletzend und unangenehm für die angegriffenen Personen, sondern auch strafbar ist. Das Veröffentlichen von Bildern im Netz oder das heimliche Fotografieren, Filmen und Veröffentlichen im Internet ist nicht ohne Weiteres erlaubt. Es kam insbesondere im Turniersport vor, dass Reiter auf Turnieren fotografiert wurden, während sie ihre Pferde für die Prüfung abgeritten, und Bilder entstanden sind, die das Pferd in „Rollkur-ähnlichen Momenten“ zeigten. Die Reiter wurden als Tierquäler betitelt, und es wurden regelrechte Hasskampagnen gegen die Personen oder Reitställe geführt. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass es sich bei vielen dieser Bilder regelrecht um Momentaufnahmen handelt ohne eine Beschreibung über die Situation oder den Ausbildungszustand des Pferdes. So hat man teilweise zu eng gestellte Pferde gesehen, die jedoch Jungpferde waren, die eine reelle Aufrichtung nicht durchgehend halten konnten und sich während der Prüfung zeitweise hinter dem Zügel versteckten. Pferde, die durchgehen und ihren Kopf hochreißen, wirken in Momenten ebenfalls wie gequälte Tiere, deren Reiter sie schlecht behandeln und denen sie sich entziehen wollen.
Auch Tierschützer oder Tierheime wurden bereits Opfer solch schwerwiegender Anschuldigungen. Auch hier kam es wiederholt vor, dass vermeintliche Tierliebhaber Zwinger oder Stallungen fotografiert haben, um auf Missstände aufmerksam zu machen und um die Organisation in ein schlechtes Licht zu rücken, obwohl die Fotos kurz vor dem Misten oder Saubermachen entstanden sind. Hierbei stellt sich die Frage, ob es erlaubt ist, ungefragt Personen zu fotografieren, vermeintliche Missstände zu dokumentieren und im Internet zu veröffentlichen. Es stellt sich die Frage, ob Verfasser dieser Postings oder Fotografen dieser Beiträge rechtliche Konsequenzen fürchten müssen? Wer andere Menschen im Internet beleidigt und diffamiert, erfüllt den Straftatbestand der üblen Nachrede oder möglicherweise den Straftatbestand der Verleumdung. Eine Person macht sich strafbar, wenn sie „in Beziehung auf einen andere eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist“. Demnach macht sich derjenige strafbar, der in aggressiver und diffamierender Weise Gerüchte über eine Person verbreitet, die für das Opfer negative Konsequenzen nach sich ziehen. Das können für Pensionsbetriebe und Trainer Kündigungen sein, finanzielle Einbußen und Imageschäden. Werden unwahre Tatsachen über eine Person von jemandem verbreitet, der diese Informationen von einem Dritten erfahren hat, ohne den Wahrheitsgehalt zu kennen, sondern hat sich die ehrenrührigen Aussagen vielmehr ausgedacht, um den Betroffenen bewusst öffentlich niederzumachen, muss diese Person mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe rechnen. Für Postings und sonstige schriftlichen Hassbeiträge ergibt sich ein Strafmaß von zwei Jahren Freiheitsstrafe.
Wie können sich betroffene Personen wehren?
Die Beiträge müssen gespeichert werden, damit sie im Falle einer Anzeige als Beweis dienen können. Betroffene Personen können den Beitrag auch melden und die Plattform zum Löschen auffordern, wenn der Urheber dies nicht tut. Die betroffenen Personen können sich mit den Äußerungen auch direkt an die Polizei wenden und die Aussagen zur Anzeige bringen. Einige Bundesländer bieten eine sogenannte „Internetwache/Onlinewache“ an, bei der die Betroffenen ganz einfach Anzeige erstatten können. Es besteht auch die Möglichkeit eine einstweilige Verfügung gegen die Verfasser der Hass-Posts zu erwirken. So kann das Gericht die Unterlassung zukünftiger Aussagen gegen die Betroffenen erwirken und zur sofortigen Löschung bzw. Gegendarstellung auffordern. Soziale Medien haben auch die Möglichkeit derartige Konten abzumahnen und auf die Folgen ihrer Äußerungen hinzuweisen. Ändern die Personen ihr Verhalten nicht, kann das Konto deaktiviert oder sogar dauerhaft gelöscht werden.
Dürfen Personen beim Umgang mit ihrem Pferd fotografiert werden?
Wie bereits erwähnt, kann so mancher Schnappschuss einen Reiter oder Tierhalter in ein sehr schlechtes Licht rücken, insbesondere wenn das Bild aus dem Zusammenhang gerissen wird und ohne Hintergrundinformationen verbreitet wird. Doch dürfen Menschen ungefragt fotografiert und dann in diffamierender Weise gepostet werden?
Die Veröffentlichung von Bildern und Videos ist in Deutschland nur unter Beachtung verschiedener Vorschriften gestattet. Insbesondere das Recht am eigenen Bild oder das Urheberrecht sind zu beachten, sie schützen die abgebildeten Personen in ihren Grundrechten. Das Recht am eigenen Bild ist ein sogenanntes Persönlichkeitsrecht, was seinen Grundsatz im Grundgesetz (Art.2 GG) findet. Demnach sollen die Entfaltung der Persönlichkeit sowie der Schutz vor Eingriffen in die Lebens- und Freiheitsbereiche eines jeden Einzelnen sichergestellt werden. Diese Gesetze gelten auch für die sozialen Medien. Demnach ist eine Verbreitung von Fotos ohne das entsprechende Einverständnis des Abgebildeten nicht erlaubt. Wird ein Bild oder Video veröffentlicht, in dem Personen vermeintlich schlecht mit einem Tier umgehen, kann die betroffene Person gegen die Person, die das Bild gegen ihren Willen veröffentlicht hat, strafrechtlich vorgehen.
Unser Experte
Andreas Ackenheil veröffentlicht als Spezialist für Pferderecht regelmäßig in zahlreichen Fachzeitschriften und Online-Portalen juristische Fachbeiträge sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen und hält Vorträge und Seminare. Zudem veröffentlichte der Rechtsanwalt einen großen Ratgeber für Tierrecht mit einem umfangreichen Kapitel über Pferderecht.