Text: Inga Dora Schwarzer Foto: www.Slawik.com
Im Training bedarf es Herausforderungen und Abwechslung für die Weiterentwicklung und Routinen, um die entstandene Beanspruchung auszugleichen. Oder anders gesagt: Energie verbrennen für Neues und auftanken bei Gewohnheiten. Wie der Mix gelingt, erklären Mirjam Eppinger und Svenja Braun
Stellen Sie sich vor, Sie müssten jeden Tag aufs Neue entscheiden, welchen Strumpf Sie zuerst anziehen, ob Sie die Zahnpastatube nach rechts oder links aufdrehen müssen, wie eine Schleife am Schuh zu binden ist oder wo sich beim Auto Gas- und Bremspedal befinden. Müsste unser Gehirn jeden Tag solche Denkleistungen vollführen, wäre es überfordert. Deshalb werden Handlungen durch mehrfaches Wiederholen zu Gewohnheiten, über die wir einfach nicht mehr nachdenken müssen. Tätigkeiten können sicher, schnell und mühelos ausgeführt werden. Im Gehirn werden sie nun als automatische Programme abgespeichert. Damit spart das Gehirn viel Energie ein, die es für Neues zwingend braucht.
Hilfreiche Routinen
Routinen unterstützen auch unsere Pferde im Training. „Sie können sich besser auf die Arbeit einlassen, ihre Aufmerksamkeit auf den Reiter fokussieren und äußere Faktoren ausblenden“, sagt Mirjam Eppinger, Dual-Aktivierungstrainerin und Betreiberin einer Trainings-, Reha- und Pensionsanlage im baden-württembergischen Hochdorf. Sie selbst hat gewisse Trainingsroutinen entwickelt. „Das Training mit einem jungen Pferd beginne ich zumeist mit einer geführten Runde auf jeder Hand. Hierbei frage ich Tempiwechsel ab, halte es an und richte es rückwärts. Das heißt: Ich frage zunächst nach Konzentration vom Pferd, aber auch von mir als Mensch. So möchte ich bereits gleich zu Anfang eine Kommunikation herstellen sowie gleichzeitig in Erfahrung bringen, wie es meinem Gegenüber heute geht“, erklärt sie.
Beim erwachsenen Pferd überprüft sie diese Aspekte bereits früher, in der Regel beim Führen auf dem Weg zur Reithalle oder zum Reitplatz. „Vor dem Aufsteigen checke ich außerdem die Beweglichkeit des Pferdes, u.a. durch Abkauübungen“, so die Ausbilderin. Hinzu kommt ein festes Aufsteigritual. Sie möchte, dass das Pferd an der Aufstiegshilfe „einparkt“, dort ruhig stehen bleibt und wartet. „Das ist für mich eine absolute Basisübung“, meint Eppinger. Mit erwachsenen Tieren beginnt sie dann die Schrittarbeit mit mehr Variationen als bei den jungen. Zur Routine tragen auch die Pausen bei. „Das Pferd muss Zeit haben, sich zu entspannen und das Gelernte zu verarbeiten. Wir sollten deshalb nicht nur Trainingspartner, sondern Ruheoase zugleich sein“, rät sie. Im Sattel selbst konzentriert sie sich dann voll und ganz auf das Pferd. „Wenn ich beim Pferd bin, bin ich beim Pferd“, sagt sie augenzwinkernd.
Sicherheit schafft Vertrauen
Svenja Braun, Pferdewirtschaftsmeisterin auf dem Islandpferdegestüt Lixhof in Wört (Baden-Württemberg), sieht das ähnlich: „Routineabläufe im Training bilden die Grundlage für eine entspannte Atmosphäre, in welcher die Pferde gerne mitarbeiten. Sie können sich auf etwas Gleichbleibendes verlassen und wissen, was auf sie zukommt. Ruhe und Gleichmaß werden aufgebaut, da ausreichend Zeit für Wiederholungen des Gelernten ist. So können die Pferde Vertrauen schöpfen.“ Insbesondere junge, hektische oder temperamentvolle Pferde, aber auch solche, die Schwierigkeiten mit der Losgelassenheit haben, hätten es dank fester Routinen leichter, sich zu entspannen. Bei Korrekturpferden wiederum steht für die Ausbilderin das Auflösen alter Muster im Vordergrund. So entstehen Sicherheit und Verlässlichkeit, die wiederum den Bindungsaufbau unterstützen.
Den kompletten Artikel finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.