Text: Laura Becker, Jana Herrmann, Kerstin Wackermann Foto: www.arnd.nl
Rechtshänder haben auf linkshändigen Pferden mehr Probleme – warum das so ist und wie man die Händigkeit eines Pferdes erkennt, zeigt eine aktuelle Studie. Spezielle Koordinationsübungen für den Reiter wie auch fürs Pferd helfen, dass auch diese Pferd-Reiter-Kombinationen erfolgreich durchstarten
Links ist Trumpf
Hätten Sie gedacht, dass Pferde, die nach links schief sind, bessere Leistungen erzielen? Und dass die Rechtshänder unter den Reitern im Nachteil sind? Eine Studie der Universität Gießen hat die Asymmetrie des Pferdes genauer beleuchtet – mit spannenden Ergebnissen!
Rechts herum ist die Anlehnung super, auch das Abwenden auf den Zirkel gelingt ohne Probleme. Links herum ein anderes Bild: Außen zu viel Druck auf dem Zügel, innen zu wenig, das Pferd weicht über die äußere Schulter aus. Alles fühlt sich irgendwie schief an für den Reiter. Eine neue Studie liefert erstaunliche Fakten über die Asymmetrie des Pferdes und deren Auswirkungen. Dr. Sandra Kuhnke hat ihre Doktorarbeit über die Lateralität von Pferden geschrieben: „Ziel der Studie war es, die Übereinstimmung verschiedener etablierter und neu entwickelter Methoden zur Erfassung der Lateralität von Pferden vom Boden aus mit ihrer Lateralität während des Reitens zu untersuchen. Es sollten die häufigste Lateralitätsrichtung in den Populationen der Warmblüter, Reitponys, Vollblüter und Quarter Horses ermittelt und genetische Parameter für geeignete Lateralitätsparameter geschätzt werden. Der Einfluss der Händigkeit des Reiters und der Lateralität des Pferdes auf die Zügelspannung wurde untersucht mit dem Ziel, mögliche Einflüsse auf den Muskelzustand, die Sportleistung und die Verletzungshäufigkeit zu identifizieren.“
Die natürliche Schiefe erkennen
Die Studie wurde umfassend angelegt: 686 Reiter und 1.286 Pferde nahmen an einer Umfrage teil, hinzu kamen weitere Untersuchungen mit 6.513 Pferden, um herauszufinden, zu welcher Seite die Pferde schief sind – bei 88 von ihnen wurde zusätzlich die Zügelspannung unter dem Reiter gemessen. Auch die Händigkeit der Reiter floss in die Bewertung ein. Bei 110 Ritten (51 klassische Reitweise, 59 Westernreiten) wurden in allen Gangarten auf geraden und gebogenen Linien die Zügelspannung gemessen.
In der Reitlehre heißt es häufig, die Mähne des Pferdes sei ein Indiz für seine Händigkeit. Sie weise auf die hohle Seite. Ist das wirklich so? „Bei der Untersuchung des bevorzugt vorgestellten Vorderbeins, der Richtung der Mähne und des Stirnwirbels, des bevorzugten Auges und des Winkels der seitlichen Abweichung der Hinterhand konnte kein Zusammenhang mit der Lateralität während des Reitens oder mit den Ergebnissen anderer Testmethoden festgestellt werden“, sagt Dr. Sandra Kuhnke. Einzig aus den Einschätzungen der Reiter konnte man schlussfolgern, zu welcher Seite das Pferd schief ist. Bevorzugte Seite und Schiefe stimmten überein. Die beiden Faktoren „Einschätzung des Reiters“ und „Schiefe der Hinterhand, von hinten betrachtet“ waren in der Studie die verlässlichsten, wenn es um die Schiefe unter dem Sattel geht. Eine zu extreme Schiefe kann sich negativ auf den Körper auswirken. Diese Zusammenhänge sollten Reiter und Pferdebesitzer beachten, um ihr Pferd gesund zu halten.
Die in vielen Populationen häufigere Ausprägung der Rechts-Schiefe scheint besonders auch von der Nutzung der Pferde abzuhängen. Viele Reiter sind Rechtshänder und erreichen mit rechts schiefen Pferden eine harmonischere Anlehnung, so die Vermutung von Dr. Sandra Kuhnke.
Außerdem würde die Schiefe der Hinterhand teilweise auch vererbt, zumindest bei den Warmblütern. Bei den Vollblütern hingegen zeige sich weniger eine Erblichkeit, was allerdings gar nicht so schlecht sei, wie die Ergebnisse der Studie zeigten. Denn zwischen der Händigkeit und den Rennerfolgen gab es einen starken Zusammenhang: Die rechtslateralen und beidseitig veranlagten Rennpferde waren die erfolgreicheren.
Mehr Informationen zum Thema „Händigkeit“ finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.