Text: Inga Dora Schwarzer Foto: Adobe Stock
Ist ein Pferd chronisch krank oder schulmedizinisch austherapiert, stellt sich die bange Frage: Was nun? Häufig wird die Homöopathie als letzter Ausweg gesehen. Doch was kann sie leisten? Und lässt sich das Naturheilverfahren mit der Schulmedizin vereinbaren? Antworten darauf gibt Fachtierärztin für Pferde Dr. med. vet. Ina Luz
Die Homöopathie soll auf Basis natürlicher Substanzen mit pflanzlichen, mineralischen oder tierischen Bestandteilen die Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren und unterstützen. Ziel ist es, eine gesundheitliche Störung möglichst vollständig zu beheben und nicht nur Symptome zu beseitigen. Das Naturheilverfahren beruht auf den ab 1796 veröffentlichten Vorstellungen des deutschen Arztes Samuel Hahnemann, dessen Grundannahme war, Ähnliches durch Ähnliches zu heilen. Er fand heraus, dass die Einnahme kleiner Mengen bestimmter Stoffe bei Gesunden Krankheitssymptome erzeugen, die denen bekannter Leiden entsprachen. So verursacht Chinarinde beispielsweise Malariasymptome. Bei an Malaria Erkrankten hilft sie hingegen, das Sumpffieber zu bekämpfen. Eine kleinere Dosis solcher Stoffe, schlussfolgerte er, sollte in der Lage sein, Krankheiten zu heilen (Gleichheitsprinzip).
Daraufhin entwickelte Hahnemann eine spezielle Verdünnungs- und Schüttelmethode. Die jeweilige Potenz beschreibt dabei den Grad der Verdünnung und die Häufigkeit des Schüttelns. Es gibt u.a. Zehner- (D) und Hunderterpotenzen (C). So bedeutet D20, dass der Wirkstoff zwanzig Mal um das Zehnfache verdünnt ist. C100 dagegen: Der Stoff wurde 100 Mal um den Faktor 100 verdünnt. Die homöopathischen Arzneien werden in Form von alkoholischen Lösungen, Tabletten und Globuli verabreicht.
Placebo-Effekt?
Je höher die Potenz und somit die Verdünnung, desto tiefer und länger anhaltend fällt die Heilungsreaktion bei den Patienten aus, lautete seine Annahme. Höhere Potenzen gelten deshalb als die stärkeren Arzneien, obwohl sie – so die Hauptkritik an dem Naturheilverfahren – wenig bis gar keinen ursprünglichen Wirkstoff mehr enthalten. Auch der Wirkungsmechanismus der Homöopathie konnte bisher nicht belegt werden. Deshalb stellt die Wissenschaft die alternative Methode nach heutigen Erkenntnissen infrage.
„Da ist nichts drin, und wo nichts drin ist, kann auch nichts wirken. Alle, die sagen, ab einer bestimmten Potenz ist rein rechnerisch kein Wirkstoff mehr drin, haben recht. Umgekehrt müsste man aber fragen: Wo ist der Wirkstoff denn? Ist er komplett weg? Nur weil die Wissenschaft den Wirkungsmechanismus noch nicht kennt, heißt das nicht, dass keine Wirksamkeit vorhanden ist“, sagt Dr. med. vet. Ina Luz, Fachtierärztin für Pferde mit der Zusatzbezeichnung Homöopathie, die in München eine eigene Praxis betreibt. Wissenschaft befinde sich immer im Wandel. Sie sei nie abgeschlossen. „In der Medizin gibt es Fortschritte, die man sich früher gar nicht hätte vorstellen können. Wir können heute nicht wissen, was in den nächsten Jahren Stand der Wissenschaft ist. Dass es im Moment keinen Beweis für einen Wirkungsmechanismus gibt, reicht für mich als Argument nicht aus“, sagt sie. Die meisten Mediziner gehen jedoch davon aus, dass die Wirkung der Homöopathie auf einem Placebo-Effekt beruht, der bei der Heilung von Krankheiten tatsächlich eine große Rolle spielt. Ein Placebo-Effekt besteht dann, wenn nach der Verabreichung eines Medikaments eine erwünschte psychische oder körperliche Reaktion erfolgt, die nicht auf die im Medikament enthaltenen Wirkstoffe zurückzuführen ist. Die treibende Kraft ist stattdessen die positive Erwartung des Patienten. So lösen beispielsweise Placebo-Schmerzmittel eine Endorphin-Ausschüttung aus, die wiederum die Schmerzwahrnehmung hemmt. Der Körper hilft sich quasi selbst gegen die Schmerzen – ein natürlicher, biologischer Vorgang.
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