Text: Aline Müller Foto: www.Slawik.com
Sie ist Freund und nicht Gegner des Pferdes – über die Hand stellt der Reiter Kontakt zum Pferdemaul her. Voraussetzung für eine feine Einwirkung ist dabei nicht nur der korrekte Sitz, sondern auch gegenseitiges Vertrauen sowie eine bewusste Wahrnehmung der eigenen Bewegungen und Gefühle
Das Pferd gibt die Richtung vor
Eine zu hohe Hand ist genauso falsch, wie eine zu tiefe. Was „zu hoch“ und „zu tief“ ist, bestimmt immer das Pferd. Je nach Alter und Ausbildungsstand ist das Pferd in der Lage, sich zu tragen und aufzurichten. Dadurch verändert sich auch die Kopf-Hals- Position. Der Reiter sollte immer bemüht sein, die Position seiner Hand auf die des Pferdemaules abzustimmen. Die Linie zwischen Ellenbogen, Hand und Gebiss sollte also immer ungebrochen sein. Dann ist eine konstante, leichte Zügelverbindung möglich. Wenn das Pferd den Hals fallen lässt, tragen Sie die Hände also tiefer, als wenn es mehr in Aufrichtung geht.
Das ohne Hilfe vom Sattel aus zu erkennen, ist nicht unbedingt einfach. Regelmäßiger Unterricht und ein Feedback eines guten Trainers sind daher Gold wert. Ein weiterer Tipp ist, auf dem Pferd nicht in einer Haltung zu erstarren, sondern Bewegung zuzulassen. Es geht nicht darum, dass Sie eine äußerlich betrachtet korrekte Haltung einnehmen, dabei allerdings völlig verkrampfen. Reiten ist Bewegung und nicht starres Sitzen – machen Sie sich das immer wieder bewusst. Manchmal reicht es aus, einfach einmal tief in den Bauch zu atmen und den Körper zu lockern. Kreisen Sie mit den Schultern, bewegen Sie dabei, wenn möglich, die ganzen Arme und versuchen Sie möglichst wenig dieser Bewegungen an das Maul Ihres Pferdes weiter- zugeben. Nehmen Sie wahr, wie Ihr Pferd darauf reagiert. Vielleicht kaut es entspannt auf dem Gebiss oder lässt selbst auch etwas mehr los. Wenn Sie zügelunabhängiger sitzen und sowohl Handgelenk als auch Ellenbogen beweglich sind, sind Sie in der Lage, den Bewegungen des Pferdes mit weicher Hand zu folgen.
Mal folgend, mal führend
Überfallen Sie Ihr Pferd nicht, wenn Sie die Zügel aufnehmen, sondern tasten Sie sich langsam an das Maul heran. Bauen Sie nach und nach eine freundliche Verbindung auf. Eine sanfte und einfühlsame Hand ist nicht immer starr, sondern mal folgend und mal führend. Sie gibt dem Pferd einen Rahmen vor. Jeder Mensch und jedes Pferd ist etwas anders gebaut. Zwei Lebewesen mit einem unterschiedlichen Körperbau müssen sich also aufeinander einstimmen. Generell ist es wichtig, dass die Gelenke passend ausgerichtet sind. Das können Sie selbst ausprobieren: Setzen Sie sich zuerst korrekt hin. Jetzt drehen Sie das Handgelenk aus, so dass Ihre Handinnenflächen nach unten zeigen. Spüren Sie, wie Ihr gesamter Unterarm fester wird und Sie den Ellbogen automatisch etwas nach außen drehen? Sobald Sie an einer Stelle des Armes oder der Hand unnachgiebig werden, können Sie keine weiche Verbindung zum Pferdemaul aufbauen. Manchmal hilft es, für einen Moment solche falschen Positionen einzunehmen, um anschließend deutlicher zu spüren, wie sich eine korrekte Handhaltung anfühlt, und dieses Gefühl auch zu verinnerlichen. Probieren Sie es aus und denken Sie immer daran: Was Sie in der Hand fühlen, fühlt Ihr Pferd im Maul.
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