Text: Alexandra Koch            Foto: www.Slawik.com

Sind Ausbinder, Dreieckszügel, Martingal und Co. eher vertretbare Hilfsmittel oder wertvolle Unterstützung beim Reiten? Wie sollte der Einsatz von Hilfszügeln tatsächlich betrachtet werden? Kann das Pferd durch den Einsatz von Hilfszügeln positive Erfahrungen machen? Wann, wo und warum sollten sie genutzt werden? Oder sollten sie doch gar als Entzug der freien Bewegungsmöglichkeiten des Pferdes abgelehnt werden?

Ingrid Klimke, Tochter von Dr. Reiner Klimke, Olympiasiegerin in der Vielseitigkeit sowie Ausbilderin von Rang und Namen und Trägerin des Titels „Reitmeister“, hat sich mit dem Thema ebenso beschäftigt wie unser Experte Daniel Weinrauch von der Landes-Reit- und Fahrschule Rheinland.

Zügel und Hilfszügel – warum gibt es sie überhaupt?

Die Ursprünge der Möglichkeit, das Pferd von seinem Rücken aus unter Kontrolle zu haben, liegen bereits in der Frühzeit der Menschheit. Nach seiner Domestikation wurde nach Möglichkeiten gesucht, es „beherrschen“ und lenken zu können. Erste Spuren von Zäumungen reichen bis 2.000 Jahre vor Christus zurück. Zunächst fanden Knochen Verwendung, bald aber nutzte man härtere Metalle. Die Nutzung entsprang aus der Beobachtung, dass die Kieferlade des Pferdes sehr druckempfindlich ist. So wurden Halfter aus Leder oder Hanf um das Gebissstück ergänzt.

Dieses bot die Möglichkeit, das Pferd innerhalb kürzester Zeit zu stoppen und zu manövrieren, was vor allem im Kriegsgetümmel wichtig war. Die Römer erfanden um die Zeitenwende die Kandare, welche durch die Kinnkette besser am Pferd saß und so die Signale des Menschen noch besser übermittelte.

Hilfszügel wurden sicheren Quellen zufolge ab der frühen Neuzeit eingesetzt. So verwendete etwa Newcastle im 17. Jahrhundert Hilfszügel, die vom Sattelgurt zum Kappzaum und von dort zum Sattelknauf führten. Durch ihre Nutzung sollte verhindert werden, dass das Pferd sich der Hand des Reiters entziehen konnte. Doch gleichzeitig wurden sie auch zur Schonung des Pferdemauls eingesetzt. So sollten Schlaufzügel verhindern, dass die Einwirkung auf das Maul des Pferdes zu hart wurde.

Jedes Pferd ist anders

Ingrid Klimke rät zuallererst, dass der Reiter unbedingt für jedes Pferd individuell entscheiden sollte: „Es geht nur mit Ausprobieren. Jedes Pferd ist anders; was für das eine gut ist, wird dem anderen schaden. Es gibt keine Pauschalregeln. Bei jedem Pferd einen Hilfszügel zu nutzen ist ebenso falsch, wie ihn pauschal abzulehnen.“ Der Einsatzzweck und der Grund für den Einsatz von Hilfszügeln sollten genau durchdacht werden. „Natürlich sollte sich jeder Reiter auch eine zweite Meinung einholen, was das Thema anbelangt. Doch dies sollte im Grunde bei allen Ausrüstungs- und Ausbildungsfragen der Fall sein. Viele Dinge bemerkt man beim Ausprobieren nicht sofort, weshalb ein erfahrener Trainer oder Ausbilder immer eine gute und notwendige Unterstützung ist.“

Daniel Weinrauch betont, dass Hilfszügel vor allem für das Erreichen einer korrekten Anlehnung nach den Kriterien der Skala der Ausbildung unterstützend wirken können. „Die Gründe für Anlehnungsfehler können ja vielfältig sein“, erklärt er. „Dabei können Gebäudemängel hineinspielen, aber auch fehlerhafte reiterliche Einwirkung. Wenn ein Pferd gegen oder über dem Zügel geht, ist das für die Tiere langfristig gesundheitsschädlich. Wir haben als Reiter die Aufgabe unsere Pferde langfristig gesund zu erhalten. Und insbesondere in dieser Hinsicht können die geeigneten Hilfszügel ganz viel Positives bewirken und dem Pferd letztendlich ein besseres Gefühl geben.“

Er ergänzt, dass sich daher kein Reiter „zu fein“ sein sollte, Hilfszügel zu gebrauchen. „Wenn das Zusammenspiel der reiterlichen Hilfen nicht korrekt ist, dann hilft es enorm, wenn das Pferd praktisch durch die Hilfszügel eingerahmt wird und damit nicht in einer schädlichen Haltung geht. Auch fortgeschrittene Reiter sollten lieber einmal einen Hilfszügel in Anspruch nehmen, als das Pferd langfristig in einer fehlerhaften Haltung zu reiten.“

Mehr Informationen zu weiteren Hilfszügeln finden Sie in der Oktober- Ausgabe der Mein Pferd.

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